antiseptischer Flüssigkeit. Und einen Revolver und eine Schachtel mit Munition. Aufgeregt nahm er die Waffe in die Hand, stellte fest, daß sie geladen war, und steckte sie sich in den Gürtel. An einem Haken entdeckte er eine Cordjacke, probierte sie an, stellte fest, daß sie ihm paßte, und leerte die Munition aus der Schachtel in die Jackentaschen. Dann riß er eines der Laken in Streifen, um sie als Verband benutzen zu können. Als er damit fertig war, brachte er die Stoffstreifen und die Flasche mit antiseptischer Flüssigkeit ins Wohnzimmer und schaute Carl Martinelli an, der sich aufrichtete und sein zerrissenes, blutdurchtränktes Hemd auszuziehen begann. »Ich werde deine Wunde versorgen und verbinden«, erklärte Dave, »und dann wirst du mir helfen, ein Baby zur Welt zu holen.« »Mach keine Witze«, erwiderte Carl und zuckte stöhnend zusammen, als Dave das Desinfektionsmittel über die Wunde goß.
»Nein, im Ernst. Das Mädchen da oben liegt in den Wehen. Das Baby ist unterwegs.«
Draußen begannen die Flammen, die von dem Leichenstapel aufstiegen, kleiner zu werden.
Auf der Wiese vor dem Farmhaus brannten die Leichen noch immer. In der unheimlichen, vom Feuer aufgehellten Finsternis rückten die Leichenfresser langsam näher an das Haus, auf den Seiteneingang zu. Die Humanoiden hielten sich so weit wie möglich von dem Feuer fern und konzentrierten ihren Überfall auf die mit Brettern vernagelte Küchentür. Immer wieder blinzelte eine der Kreaturen zu dem Licht aus dem Schlafzimmer im Obergeschoß. Karens Schreie drangen über die Wiese zu den grotesken Fratzen der lebendigen Toten. Einige der Leichenfresser hatten sich mit Steinen bewaffnet, andere mit Ästen, die sie schwerfällig als Schläger benutzten. Es dauerte nicht lange, bis die Lampe über dem Eingang zerschlagen und die Fensterscheiben zersplittert waren. Tote Hände langten durch die Scherben und schlugen und trommelten gegen die Bretter, die Bert Miller dort angebracht hatte. Wenn die Glassplitter das tote Fleisch der Angreifer ritzten, blutete es nicht, und sie schienen sich aus diesen neuen Wunden nichts zu machen, auch wenn Nervenbahnen und Blutgefäße verletzt und zerschnitten wurden. Unter dem massiven Angriff begann die Verbarrikadierung nachzugeben.
Dave und Carl waren ebenso verängstigt wie das Mädchen, und sie arbeiteten fieberhaft, um ihr in einer ihnen völlig unvertrauten Situation Hilfe zu leisten. Sie wischten ihr das Gesicht mit kühlen Tüchern ab, ließen sie sich in ihrem Schmerz mit aller Kraft in ihre Arme krallen und hofften, daß Mutter Natur ihnen keinen Streich spielen und das Ganze so ablaufen würde, wie es sollte. Immer wieder wandten die beiden Männer den Blick von dem Mädchen und schauten einander an, weil sie hören konnten, wie die Küchentür allmählich zerschmettert wurde, und es doch noch nicht wagen durften, das Schlafzimmer zu verlassen. Als es so aussah, als könne Karen den Schmerz nicht länger ertragen, stieß sie einen gewaltigen Schrei aus, und ihr Sohn wurde in eine Welt von Alpträumen geboren.
Wie in Trance, so erschien es Carl, trennte Dave die Nabelschnur durch, trocknete den winzigen, schreienden Jungen mit einem sauberen Handtuch ab, und dann wickelten die beiden Männer ihn liebevoll ein. Soweit sie es beurteilen konnten, war das Baby gesund. Doch als sie sich zu Karen wandten, die nach der Geburt schwer, aber regelmäßig geatmet hatte, starrten ihre glasigen Augen an die Decke, und ihr Mund stand wie vor Überraschung halb offen.
Dave legte das Baby ans Fußende des Bettes und strich der jungen Mutter mit der Hand übers Gesicht, so daß sie aussah, als schliefe sie. »Armes Ding, ich hatte wirklich gehofft, sie würde es schaffen«, flüsterte er.
»Wir haben unser Bestes getan«, stellte Carl fest. »Aber was machen wir nun ? « Er schaute erst das Baby an und dann Karen. Sie wirkte eigentlich recht friedlich in ihrem Tod, als habe das Geben von Leben das Sterben süßer gemacht. Das Hämmern der Leichenfresser an der Küchentür wurde immer heftiger und immer beängstigender. Das Röcheln und Trommeln der Kreaturen schallte durch das ganze Haus. »Wir müssen sehen, daß wir hier rauskommen.« sagte Dave. »Diese Dinger brechen die Tür auf.«
Carl blickte zu Karen hinüber. »Müssen wir uns nicht um sie kümmern?«
Dave gab ihm das Baby in den Arm. »Ich mach' das«, erklärte er sich bereit. »Aber nimm das Baby mit nach unten.« Carl verließ das Zimmer und Dave beugte sich mit einem Eisenbolzen und dem Hammer über die tote Mutter. Mit verzerrtem Gesicht hob er den Hammer. Das Geräusch von Metall auf Metall schallte durch den Raum. Der Eisenbolzen krachte durch Karens Schädel und wurde tiefer hineingetrie -ben. Dann fiel Dave der Hammer aus der Hand, und er ließ sich mit weichen Knien gegen die Wand fallen. Sobald er sich einigermaßen gefaßt hatte, rannte er hinaus. Er fiel fast die Treppe hinunter, fing sich aber wieder und blieb auf dem Treppenabsatz wie angewurzelt stehen. Mit lautem Splittern brach die Küchentür auf und die Leichenfresser drängten herein.
Dave feuerte einmal, zweimal den Revolver ab. Einer ging zu Boden, der zweite schwankte an der Brust getroffen, stolperte und stürzte über den ersten. Der Geruch von Schießpulver mischte sich mit dem Gestank fauligen Fleisches, als der angeschossene Leichenfresser strampelte und versuchte, wieder auf die Füße zu kommen. Dave bückte sich nach der Werkzeugkiste und fand eine Taschenlampe. Carl nahm die Balken von der Wohnzimmertür und stand da mit einem Metzgerbeil in der Hand und dem Baby unter dem Arm. Dave nahm ihm das Neugeborene ab und gab ihm die Taschenlampe. »Schaffst du's?« fragte Dave, als die beiden Männer die Flucht aus dem belagerten Haus wagten, trotz der Last des Neugeborenen und trotz der Ungewißheit über Carls Verwundung. Carl biß die Zähne zusammen und nickte Dave zu, er sei bereit, es zu versuchen.
Vorsichtig öffneten sie die Tür. Der Vorgarten wirkte leer. Dave und Carl stürzten hinaus auf die Wiese. Im Schein der Taschenlampe hasteten sie an den Überresten gefallener und verbrannter Leichen vorbei durch den Garten zu der Schotterstraße. Sie entschieden sich für eine Richtung und rannten weiter, da die Leichenfresser sich im Augenblick alle für den Angriff auf das Haus zusammengerottet hatten. Carl leuchtete die Straße entlang und entdeckte einen Haufen von Kabeln und Maschinenteilen. Keuchend und unter Schmerzen von seiner Schußwunde blieb er stehen und richtete das Licht seiner Lampe auf seine Entdeckung. »Ein Stromgenerator!« rief Dave. »Muß von dem Laster gefallen sein!« »Ich glaube, ich kann an einem Ende mit anfassen«, sagte Carl. »Da oben die Baumgruppe - laß uns versuchen, ihn da raufzuschaffen!«
Sie schleppten den Generator und die Kabel gleichzeitig mit dem Neugeborenen und den Waffen. Carl fiel es schwer; seine Wunde schmerzte höllisch, doch er nahm alle seine Kraft zusammen, und die Furcht vor dem, was ihnen zustoßen könnte, machte ihn stärker.
Im schwankenden Strahl der Taschenlampe tauchten plötzlich zwei Leichenfresser auf. Dave ließ den Generator los und ging auf die Leichenfresser zu, während Carl die Taschenlampe auf sie gerichtet hielt. Die lebendigen Toten kamen näher, doch das Licht verwirrte und blendete sie und machte ihre bleichen Gesichter, gefangen in dem Lichtstrahl, zu leichten Zielscheiben. Dave traf einen nach dem anderen mit präzise gezielten Schüssen und sah zu, wie sie zu Boden gingen. Die beiden Männer setzten stolpernd und mühsam ihren Aufstieg durch hohes Gras und Gestrüpp den steilen Hang hinauf fort. Carl hielt durch, doch als sie oben angekommen waren, brach er zusammen. Sie hatten Zuflucht unter einer Baumgruppe ungefähr siebzig Meter von der Straße entfernt gefunden. Carl lag erschöpft und schwer atmend gegen einen Baumstamm gelehnt zu Boden. Dave legte das Baby ins weiche Gras daneben und reichte Carl den Revolver. Während Carl mit der Taschenlampe leuchtete, machte Dave sich ans Werk. Er führte die Kabel des Generators durch das Gestrüpp und befestigte sie an niedrig hängenden Baumästen, so daß sie einen Bereich von ungefähr hundert Quadratmetern umschlossen. Sobald der Generator lief, würden die Kabel elektrisch geladen sein und innerhalb des Areals wären Carl, Dave und das Baby einigermaßen sicher. Dave arbeitete in wilder Hast weiter. Carl kam langsam wieder zu Atem und die Schmerzen in seiner Wunde ließen ein wenig nach. Er nahm das Baby auf den Arm, sorgte dafür, daß es schön warm in seine Handtücher gewickelt war, und wiegte es ein bißchen.
Carl fuhr fort, den Strahl der Taschenlampe durch das Blätterwerk tanzen zu
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