konnte ich sie richtig gut sehen, zum ersten Mal hatte ich sie voll im Scheinwerferlicht meines Wagens - und dann... fahre ich einfach auf sie zu - und ich trete das Gaspedal bis zum Anschlag durch - und fahre ein paar von ihnen um. Die gehen gute fünfzehn Meter in die Luft. Aber ich wollte sie eigentlich nur zerquetschen - diese ekelhaften Dinger umnieten. Und die stehen einfach nur da. Es kommt ihnen gar nicht in den Sinn, daß sie weglaufen könnten. Oder es interessiert sie nicht. Sie gehen nicht mal von der Straße runter. Ein paar von ihnen streckten die Arme aus, als ob sie mich erwischen könnten. Aber ansonsten standen sie einfach nur da... und der Transporter überrollte sie... als ob... als ob sie ein Haufen Wanzen wären...«
Als er Barbaras verängstigten Blick wahrnahm, hörte Ben auf zu sprechen. Sie stand mit weit aufgerissenen Augen da und starrte angeekelt vor sich hin. Ihre Hände ruhten immer noch auf der Tischplatte.
Daraufhin wandte der junge Mann seine Aufmerksamkeit wieder der Platte zu und hob sie an. Barbara war wie versteinert. Als er an dem Tisch zog, fielen ihre Hände herunter, und sie ließ die Arme einfach herunterhängen. Daher schleppte er den Tisch ohne ihre Hilfe zu dein Fenster hinüber, das er verbarrikadieren wollte.
Er stierte Barbara an. Sie starrte fast ausdruckslos zurück.
»Ich habe... ich... ich habe Kinder«, erzählte Ben und fuhr mit dem Hemdsärmel über seine verschwitzte Stirn. »Und... ich denke, daß es ihnen wohl gutgehen wird. Sie können auf sich selbst aufpassen... aber es sind halt trotzdem nur Kinder... und ich... ich bin nicht da... und...«
Er brach ab, da Barbara offensichtlich nichts zu sagen hatte und er nicht wußte, was er sonst noch erzählen sollte. Wieder zog er an dem Tisch und lehnte ihn schließlich vorsichtig gegen die Wand.
»Tja, ich werde jetzt alles tun, was in meiner Macht steht«, sagte er und bemühte sich, optimistisch zu klingen.
»Ich werde tun, was ich kann, und dann werde ich nach Hause zurückkehren... und meine Familie wiedersehen. Und alles wird wieder in Ordnung kommen... und... und ich werde wieder nach Hause zurückkehren.«
Seine Worte wiederholten sich jetzt, und er stellte fest, daß er angefangen hatte, zu stottern. Dann bemerkte er, daß das Mädchen ihn aufmerksam beobachtete, und er hielt inne. Er bemühte sich, sich zusammenzureißen, und fing wieder an zu sprechen, doch diesmal etwas langsamer. Seine Stimme klang monoton, und seine Ruhe wirkte erzwungen, aber trotz seiner Verärgerung und seiner Wut war Ben ein tapferer Mann, und er hatte es sich in den Kopf gesetzt, war entschlossen, nicht den Mut zu verlieren. Er wußte, daß das Mädchen Aufmunterung dringend nötig hatte, wenn sie mit der Situation fertigwerden wollte. Und ob es ihm gefiel oder nicht, bis zu einem bestimmten Grad war er von ihr abhängig und auf sie angewiesen. Entscheidend war, daß er sie dazu bringen konnte, mit ihm zusammenzuarbeiten und ihre Furcht zu überwinden.
»Nun, Sie und ich, wir werden schon durchkommen«, sagte er zu ihr. »Wir können diese Zombies aufhalten. Ich meine... man kann sie einfach... niederschlagen. Man muß nur einen kühlen Kopf bewahren und darf nicht allzu große Angst haben. Wir können uns schneller als sie bewegen, und im Vergleich zu einem ausgewachsenen Mann sind sie gräßlich schwach... und wenn man nicht vor ihnen wegläuft, sondern einfach auf sie einschlägt, dann... kann man sie fertigmachen. Wir sind klüger, als sie es sind. Und wir sind auf jeden Fall stärker als sie. Wir werden sie aufhalten. Okay?«
Das Mädchen blickte starr vor sich hin.
»Das einzige, was wir tun müssen, ist, einen kühlen Kopf zu bewahren«, fügte Ben hinzu.
Dann schauten sie sich einen Augenblick lang an, bis Ben sich abwandte und die Tischplatte wieder hochhob. Als er sie gegen das Fenster drückte, begann das Mädchen leise mit kläglicher Stimme zu sprechen.
»Wer sind Sie?«
Ben hielt abrupt inne, preßte sich gegen die schwere Tischplatte und blickte voller Überraschung in Barbaras verschrecktes Gesicht. Ganz langsam dämmerte ihm, daß dem Mädchen noch gar nicht richtig bewußt war, was hier geschah. Weder hatte sie eine Vorstellung vom Ausmaß der Gefahr, noch kannte sie die Ursache. Die Radiodurchsagen, die Bulletins hatte sie nicht gehört. Sie war ganz einfach in einem Schockzustand.
Fassungslos rief Ben: »Sie haben gar nichts gehört?«
Sie warf ihm einen ihrer leeren, stummen Blicke zu. Ihre Augen klebten an seinen. Sie konnte nur mit einem Schweigen antworten.
»Sie wollen sagen, daß Sie keine Ahnung von dem haben, was hier abläuft?«
Barbara wollte gerade nicken, aber dann fing sie so stark zu zittern an, daß es ihr nicht mehr möglich war. »Ich... ich...«
Das Zittern wurde zusehends stärker, bis es sie richtiggehend schüttelte, und plötzlich riß sie die Arme hoch, schlang sie um sich und fing an, heftig zu schluchzen. Dann lief sie in Panik wild und ziellos in Kreisen durch das Zimmer.
»Nein... nein... nein... ich... kann... nicht... was läuft hier ab... was geschieht mit uns... warum... passiert das... sagen Sie es mir... sagen Sie... es mir...«
Ihre Hysterie trieb auch ihn fast in den Wahnsinn, und so packte er sie und schüttelte sie durch, damit sie wieder normal wurde. Ihr Schluchzen brach unvermittelt ab, aber sie starrte ihn nur an, als ob er Luft sei - scheinbar fixierte sie einen fernen Punkt hinter ihm. Doch ihre Worte, die immer noch distanziert und unzusammenhängend wirkten, bekamen langsam einen Sinn.
»Wir waren auf dem Friedhof... ich... und Johnny... mein Bruder Johnny... wir brachten Blumen für... Dieser... Mann... kam mir hinterhergelaufen... und Johnny... er... er kämpfte... und jetzt ist er... er ist...«
»In Ordnung! In Ordnung!« brüllte Ben dem Mädchen ins Gesicht. Er hatte das Gefühl, daß sie vollkommen durchdrehen würde, falls es ihm nicht gelang, sie aus ihrem jetzigen Zustand zu reißen. Vielleicht würde sie sich sogar umbringen oder sonst etwas anstellen, das für sie beide auf Zerstörung hinauslaufen konnte. Er umklammerte ihre Handgelenke noch fester, aber sie versuchte, sich ihm zu entwinden.
»Nehmen Sie Ihre Hände von mir!«
Sie riß sich von ihm weg und schlug auf seine Brust ein. Er war vollkommen überrascht. Aufgeregt, wie sie war, stolperte sie über eines der Tischbeine, konnte aber gerade noch das Gleichgewicht wiederfinden. Schließlich warf sie sich gegen die Eingangstür. Dort blieb sie wie versteinert stehen, und Ben hatte den Eindruck, als wollte sie in die Nacht hinaus fliehen.
Dann stammelte sie vor sich hin, doch ihre Worte schienen ohne jeden Sinn zu sein.
»Wir müssen ihm helfen... müssen Johnny holen... wir müssen nach draußen gehen und ihn suchen... ihn hierherbringen... «
Sie kam auf Ben zu, flehte ihn unter Tränen an, mit den verzweifelten Tränen eines verängstigten Kindes.
»Ihn hierherbringen... Wir werden in Sicherheit sein... wir können ihm helfen... wir...«
Der Mann machte einen Schritt auf sie zu. Sie wich vor ihm zurück, als fürchtete sie sich plötzlich, wehrte ihn mit einer Hand ab, während sie mit der anderen ihren Mund bedeckte.
»Nein... nein... bitte... bitte... wir müssen... wir...«
Bedächtig trat er einen Schritt näher. »Beruhigen... Sie sich jetzt«, sagte er mit sanfter Stimme. »Hier sind Sie sicher. Wir können kein Risiko eingehen...«
Sie verzog den Mund. Tränen rollten ihre Wangen hinunter.
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