»Hören Sie, ich weiß, daß Sie Angst haben. Ich habe auch Angst. Ich habe genauso Angst wie Sie. Aber wir werden nicht überleben... wenn wir nicht etwas tun, um uns selbst zu helfen. Ich werde diese Türen und Fenster verrammeln. Aber Sie müssen mit anpacken. Wir müssen uns selbst helfen, weil niemand in der Nähe ist, der uns helfen könnte... aber dann wird alles in Ordnung kommen. Okay? Also, ich möchte, daß Sie jetzt dort hinübergehen und nachsehen, ob in dem Kamin irgendwelches Holz ist... «

Dann hörte er auf zu sprechen. Er atmete immer noch heftig. Barbara starrte ihn nur an. Nach mehreren Sekunden setzte sie sich schließlich ganz langsam in Bewegung und stieß sich von der Wand ab.

»Okay?« fragte Ben und blickte ihr in die Augen.

Einen Augenblick lang war sie ganz still, dann nickte sie kläglich.

»Okay«, wiederholte Ben halblaut. Offensichtlich mußte er sich noch einmal vergewissern. Er blickte dem Mädchen kurz hinterher, als es die Küche verließ - und setzte gleich darauf seine Suche fort.

Sie trat in das Wohnzimmer, wo die Dunkelheit sie langsamer werden ließ, bis sie sogar kurz stehenblieb. Aus der Küche drangen immer noch die Geräusche von Bens Durchsuchungsaktion zu ihr herüber. Sie schaute starr nach vorne und klammerte sich am Griff ihres Messers fest, denn die weißen Vorhänge an den Fenstern schienen zu leuchten, und jeder Schatten war ihr verdächtig. In diesem Zimmer, hinter den Möbeln und in den Schränken konnte alles mögliche lauern.

Barbara erschauderte.

Auf dem Eßzimmertisch in der entgegengesetzten Ecke des Raumes konnte sie den Umriß einer Vase mit großen Blumen erkennen - die sich unvermittelt durch den Wind, der durch ein offenes Fenster strömte, bewegten. Wieder reagierte Barbara voller Panik. Sie stürmte zu dem Fenster, knallte es voller Wucht zu und verriegelte es. Dann stand sie keuchend da und stellte fest, daß sie ein Stück Vorhang im Rahmen eingeklemmt hatte, als sie es geschlossen hatte. Aber sie würde es um keinen Preis wieder aufmachen. Ein Zittern lief durch ihren Körper, und sie wandte sich zu Ben um, der im Türrahmen erschien, weil er wissen wollte, was es mit dem Lärm auf sich hatte. Das Mädchen hoffte insgeheim, daß er bleiben würde, aber er machte auf dem Absatz kehrt und kümmerte sich wieder um seine Angelegenheiten in der Küche.

Jetzt, wo Barbara wieder allein in dem Raum war, streckte sie die Hand nach einer Lampe auf dem Beistelltisch aus und schaltete sie an. Die nähere Umgebung war schwach beleuchtet. Das Zimmer war offenbar leer. Bedächtig marschierte sie zum

Kamin. Dort waren Holzscheite aufgestapelt, von denen einige groß genug waren, daß sie sie vor die Fenster nageln konnten. Immer noch das Messer umklammernd, beugte sie sich über den Stapel und suchte einige Planken zusammen - aber eine Spinne huschte über ihre Hand. Barbara schrie auf, und das Holz fiel laut polternd zu Boden.

Sie wartete und hoffte dabei, daß Ben nicht wieder auftauchen würde, und wahrlich, diesmal kam er nicht gleich, um zu sehen, was los war. Der laute, unablässige Krach, den er in der Küche produzierte, erklärte schnell, warum er das Poltern des Feuerholzes nicht gehört hatte. Sie kniete sich hin, nahm die Planken wieder auf und wehrte sich innerlich gegen ihre Angst vor Spinnen. Unbeholfen stolperte sie hastig mit ihrem Holz in Richtung Küche, und als sie durch die Tür trat, sah sie, daß Ben mit dem Tischlerhammer auf die Scharniere einer hohen Besenschranktür klopfte. Ein letzter Schlag, dann löste ein kräftiges Zerren die Tür, und man konnte hören, wie die Schrauben aus dem Holz gerissen wurden. Zufrieden stellte Ben die Tür neben dem Besenschrank an die Wand. Im Innern des Schrankes entdeckte er ein paar nützliche Gegenstände, die er sofort herausholte - ein Bügelbrett, drei Einlegeplatten zu einem ausziehbaren Eßtisch und ein paar alte Bohlen Abfallholz.

Als er aufschaute, lächelte er Barbara an. Sein Blick fiel auf das Holz, das sie in einer Ecke an die Wand gestellt hatte. Der junge Mann gab ihr ein Zeichen, daß sie ihm folgen sollte, schnappte sich die ausgehängte Schranktür und schleppte sie durch die Küche zu der Hintertür des Hauses, deren Riegel kaputt war. Er hielt die Besenschranktür gegen den Rahmen der Küchentür und stellte erfreut fest, daß er mit dieser Holzplatte auch noch das Küchenfenster verrammeln konnte, das nicht allzu groß und dicht daneben war. Dann lehnte er sich gegen die Tür und suchte in seiner Brusttasche nach den Nägeln. Die Tür verrutschte leicht. Sie würde das Küchenfenster nicht ganz abdecken, unten und oben würden noch Schlitze übrigbleiben, doch er konnte damit den gläsernen Teil der Eingangstür abdecken, so daß die Tür gesichert war. Wieder verrutschte die schwere Tür, und er hievte sie an Ort und Stelle zurück, bevor er wieder nach den Nägeln fischte. Überraschenderweise kam Barbara zu Hilfe, legte Hand an die Holzplatte und hielt sie in der richtigen Stellung. Ben akzeptierte ihre Unterstützung, ohne nachzudenken, ja ohne sie wirklich zu bemerken, denn er war damit beschäftigt, die Tür sorgfältig zu inspizieren, um die Stellen auszuwählen, wo er die Nägel reinhauen wollte. Dann nahm er einige lange Nägel aus seiner Brusttasche, hielt sie an die Platte und klopfte sie mit kurzen, nachdrücklichen Schlägen fest. Die ersten beiden schlug er auf seiner Seite in die Tür und den Rahmen, dann lief er schnell zu Barbara hinüber und klopfte zwei weitere hinein. Jetzt, da die Platte fürs erste vorläufig befestigt war, trieb er die Nägel so tief in das Holz, daß sie kaum mehr zu sehen waren, und noch weitere dazu. Einen Moment lang trat er von seiner Arbeit zurück. Er wollte die Nägel sparsam, aber klug einsetzen, dort, wo sie am wirkungsvollsten waren. Sein Vorrat war leider nicht unerschöpflich.

Zur Kontrolle zog er an der Küchentür, die jetzt sicher genug zu sein schien. Nun, wo die ersten Verteidigungsmaßnahmen angegangen und ausgeführt worden waren, wurde Ben zusehends ruhiger und zuversichtlicher. Natürlich hatte er immer noch Angst und arbeitete deshalb zügig weiter. Seine Hoffnung wuchs angesichts der Tatsache, daß er Werkzeug hatte, mit dem er arbeiten konnte, und einen Plan, den er in die Tat umsetzen konnte. Vielleicht würden sie überleben. All das gab ihm das Gefühl, daß er nicht vollkommen hilflos war und daß es Möglichkeiten gab, sein Schicksal und das des Mädchens in den Griff zu kriegen.

»Hier! Bei Gott!« stieß er schließlich in einer Anwandlung von großem Sicherheitsgefühl hervor. »Das sollte diese verdammten Kreaturen zurückhalten und sie daran hindern, hier einzudringen. So stark sind sie nun auch wieder nicht - da!«

Und er trieb zwei weitere Nägel in den Rahmen des Küchenfensters. Als er an der Verbarrikadierung zerrte, schien sie zu halten.

»Da kommen sie nicht durch«, sagte Ben und schlug ein letztes Mal auf die Nägel ein, bis die Köpfe im Holz verschwanden.

Sein skeptischer Blick wanderte über die Glasflächen, die unbedeckt geblieben waren, aber sie waren nicht breit genug, als daß sich ein menschlicher Körper dort durchzwängen konnte. »Ich hab' nicht gerade viel Nägel«, erklärte er. »Deshalb werde ich es dabei belassen. Es ist wichtiger, noch ein paar andere Stellen abzusichern, wo sie auch reinkommen könnten.«

Barbara reagierte auf keine seiner Erklärungen. Weder ermunterte sie ihn, noch gab sie ihm Ratschläge, und er drehte sich nervös zu ihr um, bevor er zurücktrat und den Raum noch mal kontrollierte. Abgesehen von der Tür, die ins Wohnzimmer führte, gab es keine weiteren Türen oder Fenster.

»Tja... dieser Raum ist ziemlich sicher«, sagte Ben zögernd und blickte zu Barbara hinüber, in der Hoffnung, daß sie seine Arbeit anerkannte. Doch da sie immer noch schwieg, machte Ben einen zweiten Versuch, das, was er zu sagen hatte, deutlich zu machen. Lauter als zuvor fuhr er fort. »Nun... falls wir...«

Das Mädchen stand einfach nur da und beobachtete ihn.

»Falls wir... rennen wir einfach hier herein - und jetzt nur keine Einwände, sonst werde ich Sie draußen zurücklassen, und dann können Sie sich allein verteidigen. Wenn

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