nicht stimmen zu dieser Verehrung, was Griechen, Goten, Römer von dir flüstern.»

«Was flüstern sie?» fragte Cethegus stolz.

«Ich mag's nicht denken, aber alles, was in diesen Zeiten Furchtbares geschehen: Athalarichs, Kamillas, Amalaswinthens Untergang, der Byzantiner Landung, du wirst dabei genannt, wie der Dämon, der alles Böse schafft. Sage mir, schlicht und treu, daß du frei bist von dunkeln -»

«Knabe!» fuhr Cethegus auf, «willst du mir zur Beichte sitzen und zu Gericht? Lerne erst das Ziel begreifen, eh du die Mittel schiltst.

Meinst du, man baut die Weltgeschichte aus Rosen und Lilien? Wer das Große will, muß das Große tun, nennen's die Kleinen gut oder schlecht.» - «Nein und dreimal nein! ruft dir mein ganzes Herz entgegen. Fluch dem Ziel, zu dem nur Frevel führen. Hier scheiden sich unsere Pfade.»

«Julius, geh nicht! Du verschmähst, was noch nie einem Sterblichen geboten ward. Laß mich einen Sohn haben, für den ich ringe, dem ich die Erbschaft meines Lebens hinterlassen kann. »

«Fluch und Lüge und Blut kleben daran. Und sollt' ich sie schon jetzt antreten:- ich will sie nie! Ich gehe, daß sich dein Bild nicht noch mehr vor mir verdunkle. Aber ich flehe dich um eins: wann der Tag kommt (und er wird kommen), da dich ekelt all des Blutes und des frevlen Trachtens und des Zieles selbst, das solche Taten fordert, - - dann rufe mich: ich will herbeieilen, wo immer ich sei, und will dich losringen und loskaufen von den dämonischen Mächten und sei's um den Preis meines Lebens.»

Leichter Spott zuckte zuerst um des Präfekten Lippe, aber er dachte: «Er liebt mich noch immer. Gut, ich werde ihn rufen, wenn das Werk vollendet: laß sehen, ob er ihm dann widerstehen kann, ob er den Thron des Erdkreises ausschlägt.» -«Wohl», sagte er, «ich werde dich rufen, wenn ich dein bedarf. Leb' wohl.» Und mit kalter Handbewegung entließ er den Heißbewegten.

Aber als die Türe hinter ihm zugefallen, nahm der eisige Präfekt ein kleines Relief von getriebenem Erz aus einer Kapsel und betrachtete es lang. Dann wollte er es küssen. Aber plötzlich flog der höhnische Zug wieder um seine Lippen. «Schäme dich vor Cäsar, Cethegus», sagte er, und legte das Medaillon wieder in die Kapsel. Es war ein Frauenkopf und Julius sehr ähnlich.

Achtes Kapitel

Inzwischen war es dunkler Abend geworden. Der Sklave brachte die zierliche Bronzelampe, korinthische Arbeit: ein Adler, der im Schnabel den Sonnenball trägt, gefüllt mit persischem Duftöl. «Ein gotischer Krieger steht draußen, Herr, er will dich allein sprechen. Er sieht sehr unscheinbar aus. Soll er die Waffen ablegen?» - «Nein», sagte Cethegus, «wir fürchten die Barbaren nicht. Laß ihn kommen.» Der Sklave ging, und Cethegus legte die Rechte an den Dolch im Busen seiner Tunika.

Ein stattlicher Gote trat ein, die Mantelkapuze über den Kopf geschlagen: er warf sie jetzt zurück.

Cethegus trat erstaunt einen Schritt näher. «Was führt den König der Goten zu mir?»

«Leise!» sprach Witichis. «Es braucht niemand zu wissen, was wir beide verhandeln. Du weißt: seit gestern und heute ist mein Heer von Regeta in Rom eingezogen. Du weißt noch nicht, daß wir Rom morgen wieder räumen werden.

Cethegus horchte hoch auf.

«Das befremdet dich?» - «Die Stadt ist fest», sagte Cethegus ruhig. «Ja, aber nicht die Treue der Römer. Benevent ist schon abgefallen zu Belisar. Ich habe nicht Lust, mich zwischen Belisar und euch erdrücken zu lassen.»

Vorsichtig schwieg Cethegus, er wußte nicht, wo das hinaus sollte. «Weshalb bist du gekommen, König der Goten?» -«Nicht um dich zu fragen, wie weit man den Römern trauen kann. Auch nicht, um zu klagen, daß wir ihnen so wenig trauen können, die doch Theoderich und seine Tochter mit Wohltaten überhäuft; sondern um grad und ehrlich ein paar Dinge mit dir zu schlichten, zu euren wie zu unserem Frommen.»

Cethegus staunte. In der stolzen Offenheit dieses Mannes lag etwas, das er beneidete. Er hätte es gern verachtet. «Wir werden

Rom verlassen; und alsbald werden die Römer Belisar aufnehmen. Das wird so kommen. Ich kann's nicht hindern. Man hat mir geraten, die Häupter des Adels als Geiseln mit hinwegzuführen.»

Cethegus erschrak und hatte Mühe, das zu verbergen.

«Dich vor allen, den Princeps Senatus.» - «Mich!» lächelte Cethegus. - «Ich werde dich hier lassen. Ich weiß es wohl: du bist die Seele von Rom.»

Cethegus schlug die Augen nieder. «Ich nehme das Orakel an», dachte er.

«Aber eben deshalb lass' ich dich hier. Hunderte, die sich Römer nennen, wollen die Byzantiner zu ihren Herren - du, du willst das nicht.» Cethegus sah ihn fragend an.

«Täusche mich nicht! Wolle mich nicht täuschen. Ich bin der Mann verschlagner Künste nicht. Aber mein Auge sieht der Menschen Art. Du bist zu stolz, um Justinian zu dienen. Ich weiß, du hassest uns. Aber du liebst auch diese Griechen nicht und wirst sie nicht länger hier dulden als du mußt. Deshalb lass' ich dich hier. Vertritt du Rom gegen die Tyrannen: ich weiß, du liebst die Stadt.»

Es war etwas an diesem Mann, das Cethegus zum Staunen zwang. «König der Goten», sagte er, «du sprichst klar und groß wie ein König, ich danke dir. Man soll nicht sagen von Cethegus, daß er die Sprache der Größe nicht versteht. Es ist, wie du sagst: ich werde mein Rom nach Kräften römisch erhalten.»

«Gut», sagte Witichis, «sieh, man hat mich gewarnt vor deiner Tücke. Ich weiß viel von deinen schlauen Plänen, ich ahne noch mehr, und ich weiß, daß ich gegen Falschheit keine Waffe habe. Aber du bist kein Lügner. Ich wußte, ein männlich Wort ist unwiderstehlich bei dir: und Vertrauen entwaffnet einen Feind, der ein Mann.»

«Du ehrst mich, König der Goten.»

«Ich will dich warnen; weißt du, wer die wärmsten Freunde Belisars?» - «Ich weiß es: Silverius und die Priester.» - «Richtig. Und weißt du, daß Silverius, sowie der alte Papst Agapetus gestorben, den Bischofsstuhl von Rom besteigen wird?»

«So hör' ich.»

«Man riet mir, auch ihn als Geisel fortzuführen. Ich werd' es nicht tun. Die Italier hassen uns genug. Ich will nicht noch in das Wespennest der Pfaffen stoßen. Ich fürchte die Märtyrer.»

Aber Cethegus wäre den Priester gern los geworden. «Er wird gefährlich auf dem Stuhl Petri», meinte er.

«Laß ihn nur! Der Besitz dieses Landes wird nicht durch Priesterkunst entschieden.»

«Wohlan», sprach Cethegus, die Papyrusrolle vorzeigend, «ich habe hier die Namen seiner wärmsten Freunde zufällig beisammen. Es sind wichtige Männer.»

Er wollte ihm die Liste aufdringen und hoffte, die Goten sollten so seine gefährlichsten Feinde als Geiseln mitführen.

Aber Witichis wies ihn ab. «Laß das! Ich werde gar keine Geiseln nehmen.

Вы читаете Ein Kampf um Rom
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату