«Und noch keine hat genützt! Und die falsche Sandale?»
«Ist wirklich ein Votivopfer. Aber für Diebstahl; er hat mir, noch ehe du kamst, alles gebeichtet. Er hat, bei der Begleitung der Königin sich langweilend, in einem Gewölbe der Kirche herumgestöbert und da unten allerlei Priestergewänder und vergrabnen Schmuck gefunden und behalten. Aber später, den Zorn des Apostels fürchtend, wollt' er ihn beschwichtigen und opferte, in seinem Heidentum, diese Goldsandale aus seiner Beute. Er beschrieb sie mir ganz genau: mit goldnen Seitenstreifen und einem Achatknopf, oben mit einem C -. Du siehst, es trifft alles zu. Er kannte sie also: sie kann nicht von einem Flüchtenden verloren sein. Und er versprach, als Beweis die dazugehörige Sandale des rechten Fußes zu bringen. Aber vor allem: er hat mir einen neuen Plan verraten, der all unsrer Not ein Ende machen und Belisarius selbst in unsre Hände liefern soll.»
Zehntes Kapitel
Während der Gotenkönig diesen Plan seinem Freunde mitteilte, stand Cethegus, in frühester Stunde nach dem belisarischen Tor beschieden, vor Belisar und Johannes.
«Präfekt von Rom», herrschte ihn der Feldherr beim Eintreten an, «wo warst du heute nacht?»
«Auf meinem Posten. Wohin ich gehöre. Am Tor Sankt Pauls.»
«Weißt du, daß in dieser Nacht einer der besten meiner Anführer, Perseus der Archon, des Johannes Bruder, die Stadt verlassen hat und seitdem verschwunden ist?»
«Tut mir leid. Aber du weißt: es ist verboten, ohne Erlaubnis die Mauer zu überschreiten.»
«Ich habe aber Grund zu glauben», fuhr Johannes auf, «daß du recht gut weißt, was aus meinem Bruder geworden, daß sein Blut an deinen Händen klebt.» - «Und beim Schlummer Justinians!» brauste Belisar auf, «das sollst du büßen. Nicht länger sollst du herrschen über des Kaisers Heer und Feldherrn.
Die Stunde der Abrechnung ist gekommen. Die Barbaren sind so gut wie vernichtet. Und laß sehn, ob nicht mit deinem Haupt auch das Kapitol fällt.»
«Steht es so?» dachte Cethegus, «jetzt sieh dich vor, Belisarius.» Doch er schwieg.
«Rede!» rief Johannes. «Wo hast du meinen Bruder ermordet?» Ehe Cethegus antworten konnte, trat Artasines, ein persischer Leibwächter Belisars, herein. «Herr», sagte er, «draußen stehn sechs gotische Krieger. Sie bringen die Leiche Perseus', des Archonten. König Witichis läßt dir sagen: er sei heut' nacht vor den Mauern durch Graf Tejas Beil gefallen. Er sendet ihn zur ehrenden Bestattung.»
«Der Himmel selbst», sprach Cethegus, stolz hinausschreitend, «straft eure Bosheit Lügen.» Aber langsam und nachdenklich ging der Präfekt über den Quirinal und das Forum Trajans nach seinem Wohnhaus. «Du drohst, Belisarius? Dank für den Wink! Laß sehn, ob wir dich nicht entbehren
können.»
*
In seiner Wohnung fand er Syphax, der ihn ungeduldig erwartet hatte und ihm raschen Bericht ablegte. «Vor allem, Herr», schloß er nun, «laß also deinen Sandalenbinder peitschen. Du siehst, wie schlecht du bedient bist, ist Syphax fern: und gib mir gütigst deinen rechten Schuh.»
«Ich sollte dir ihn nicht geben und dich zappeln lassen für dein freches Lügen», lachte der Präfekt. «Dieses Stück Leder ist jetzt dein Leben wert, mein Panther. Womit willst du's lösen?»
«Mit wichtiger Kunde. Ich weiß nun alles ganz genau von dem Plan gegen Belisars Leben: Ort und Zeit: und die Namen der Eidbrüder. Es sind: Teja, Totila und Hildebad.»
«Jeder allein genug für den Magister Militum», murmelte Cethegus vergnüglich.
«Ich denke, o Herr, du hast den Barbaren wohl wieder eine schöne Falle gestellt! Ich habe ihnen, auf deinen Befehl, entdeckt, daß Belisar selbst morgen zum tiburtinischen Tor hinausziehen will, um Vorräte aufzutreiben.»
«Ja, er selbst geht mit, weil sich die oft aufgefangenen Hunnen nicht mehr allein hinauswagen; er führt nur vierhundert Mann.»
«Es werden nun die drei Eidbrüder am Grab der Fulvier einen Hinterhalt von tausend Mann gegen Belisar legen.» - «Das verdient wirklich den Schuh!» sagte Cethegus und warf ihm denselben zu.
«König Witichis wird indessen nur einen Scheinangriff machen lassen auf das Tor Sankt Pauls, die Gedanken der Unsern von Belisar abzulenken. Ich eile nun also zu Belisar, ihm zu sagen, wie du mir aufgetragen, daß er dreitausend mit sich nimmt und jene gegen ihn Verschwornen vernichtet.»
«Halt!» sagte Cethegus ruhig, «nicht so eilfertig! Du meldest nichts.»
«Wie?» fragte Syphax erstaunt. «Ungewarnt ist er verloren!»
«Man muß dem Schutzgeist des Feldherrn nicht schon wieder, nicht immer ins Amt greifen. Belisar mag morgen seinen Stern erproben.»
«Ei» sagte Syphax mit pfiffigem Lächeln, «solches gefällt dir? Dann bin ich lieber Syphax, der Sklave, als Belisarius, der Magister Militum. Arme Witwe Antonina!»
Cethegus wollte sich auf das Lager strecken, da meldete Fidus, der Ostiarius: «Kallistratos von Korinth.»
«Immer willkommen.»
Der junge Grieche mit dem sanften Antlitz trat ein.
Ein Hauch anmutiger Röte von Scham oder Freude färbte seine Wangen: es war ersichtlich, daß ihn ein besonderer Anlaß herführte.
«Was bringst du des Schönen noch außer dich selbst?» so fragte Cethegus in griechischer Sprache.
Der Jüngling schlug die leuchtenden Augen auf: «Ein Herz voll Bewunderung für dich: und den Wunsch, dir diese zu bewähren. Ich bitte um die Gunst, wie die beiden Licinier und Piso, für dich und Rom fechten zu dürfen.»
«Mein Kallistratos! Was kümmern dich, unsern Friedensgast, den liebenswürdigsten der Hellenen, unsre blutigen Händel mit den Barbaren? Bleibe du von diesem schweren Ernst und pflege deines heitern Erbes: der Schönheit.»
«Ich weiß wohl, die Tage von Salamis sind ferne wie ein Mythos: und ihr eisernen Römer habt uns niemals Kraft zugetraut. Das ist hart aber doch leichter zu tragen, weil ihr es seid, die unsre Welt, die Kunst und edle Sitte verteidigt gegen die dumpfen Barbaren. Ihr, das heißt Rom, und Rom heißt mir Cethegus. So fass' ich diesen Kampf, und so gefaßt, siehst du, so geht er wohl auch den Hellenen an.»
Erfreut lächelte der Präfekt. «Nun, wenn dir Rom Cethegus ist, so nimmt Rom gern die Hilfe des Hellenen an: du bist fortan Tribun der Milites Romani wie Licinius.»
«In Taten will ich dir danken! Aber eins noch muß ich dir gestehn - denn ich weiß: du liebst nicht überrascht zu sein. Oft hab' ich gesehen, wie teuer dir das Grabmal Hadrians und seine Zier von Götterstatuen ist. Neulich hab' ich diese marmornen Wächter gezählt und zweihundertachtundneunzig gefunden. Da macht' ich denn das dritte Hundert voll und habe meine beiden Letoiden,
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