die du so hoch gelobt, den Apollon und die Artemis, dort aufgestellt, dir und Rom zu einem Weihgeschenk.»

«Junger lieber Verschwender», sprach Cethegus, «was hast du da getan!»

«Das Gute und Schöne», antwortete Kallistratos einfach.

«Aber bedenke - das Grabmal ist jetzt eine Schanze» -

«Wenn die Goten stürmen -» - «Die Letoiden stehen auf der zweiten, der innern Mauer. Und soll ich fürchten, daß je Barbaren wieder den Lieblingsplatz des Cethegus erreichen? Wo sind die schönen Götter sichrer als in deiner Burg? Deine Schanze ist mir ihr bester, weil ihr sicherster Tempel. Mein Weihgeschenk sei zugleich ein glücklich Omen.»

«Das soll es sein», rief Cethegus lebhaft, «und ich glaube selber: dein Geschenk ist gut geborgen. Aber gestatte mir dagegen -»

«Du hast mir schon dafür erlaubt, für dich zu kämpfen. Chaire!» lachte der Grieche und war hinaus.

«Der Knabe hat mich sehr lieb», sagte Cethegus, ihm nachsehend. «Und mir geht's wie andern Menschentoren: - mir tut das wohl. Und nicht bloß, weil ich ihn dadurch beherrsche.»

Da hallten feste Schritte auf dem Marmor des Vestibulums, und ein Tribun des Milites ward gemeldet.

Es war ein junger Krieger mit edeln, aber über seine Jahre hinaus ernsten Zügen. In echt römischem Schnitt setzten die Wangenknochen, fast im rechten Winkel, an die gerade, strenge Stirn: in dem tief eingelassenen Auge lag römische Kraft und -in dieser Stunde - entschlossener Ernst und rücksichtsloser Wille.

«Siehe da, Severinus, des Boethius Sohn, willkommen, mein junger Held und Philosoph. Viele Monate habe ich dich nicht gesehen - woher kommst du?»

«Vom Grabe meiner Mutter», sagte Severinus mit festem Blick auf den Frager.

Cethegus sprang auf. «Wie? Rusticiana? Meine Jugendfreundin! Meines Boethius Weib!»

«Sie ist tot», sagte der Sohn kurz. Der Präfekt wollte seine Hand fassen. Severinus entzog sie.

«Mein Sohn, mein armer Severinus! Und starb sie - ohne ein

Wort für mich?»

«Ich bringe dir ihr letztes Wort - es galt dir!»

«Wie starb sie? An welchem Leiden?» - «An Schmerz und Reue.» - «Schmerz -» seufzte Cethegus, «das begreif ich. Aber was sollte sie bereuen! Und mir galt ihr letztes Wort! - sag' an, wie lautet es?»

Da trat Severinus hart an den Präfekten, daß er sein Knie berührte, und blickte ihm bohrend ins Auge. «Fluch, Fluch über Cethegus, der meine Seele vergiftet und mein Kind.»

Ruhig sah ihn Cethegus an. «Starb sie im Irrsinn?» fragte er kalt.

«Nein, Mörder: sie lebte im Irrsinn, solang sie dir vertraute. In ihrer Todesstunde hat sie Cassiodor und mir gestanden, daß ihre Hand dem jungen Tyrannen das Gift gereicht, das du gebraut. Sie erzählte uns den Hergang. Der alte Corbulo und seine Tochter Daphnidion stützten sie. <Spät erst erfuhr ich>, schloß sie, <daß mein Kind aus dem tödlichen Becher getrunken. Und niemand war da, Kamilla in den Arm zu fallen, als sie trinken wollte. Denn ich war noch im Boot auf dem Meere und Cethegus noch in dem Platanengang.> Da rief der alte Corbulo erbleichend: <Wie? der Präfekt wußte, daß der Becher Gift enthielt?> - <Gewiß>, antwortete meine Mutter. <Als ich ihn im Garten traf, sagt> ich es ihm: «es ist geschehen.»' Corbulo verstummte vor Entsetzen; aber Daphnidion schrie in wildem Schmerz: <Weh! Meine arme Domna, so hat er sie ermordet! Denn er stand dabei, dicht neben mir, und sah zu, wie sie trank.> - <Er sah zu, wie sie trank?> fragte meine Mutter mit einem Tone, der ewig durch mein Leben gellen wird.

<Er sah zu, wie sie trank!> wiederholten der Freigelassene und sein Kind. <Oh, so sei den untern Dämonen sein verfluchtes Haupt geweiht! Rache, Gott, in der Hölle, Rache, meine Söhne, auf Erden für Kamilla! Fluch über Cethegus!> Und sie fiel zurück und war tot.»

Der Präfekt blieb unerschüttert stehen. Nur griff er leise an den Dolch unter den Brustfalten der Tunika. «Du aber» - fragte er nach einer Pause - «was tatest du?»

«Ich aber kniete nieder an der Leiche und küßte ihre kalte Hand und schwor ihr's zu, ihr Sterbewort zu vollenden. Wehe dir, Präfekt von Rom: Giftmischer, Mörder meiner Schwester -du sollst nicht leben.»

«Sohn des Boethius, willst du zum Mörder werden um die Wahnworte eines läppischen Sklaven und seiner Dirne? Würdig des Helden und Philosophen!»

«Nichts von Mord. Wäre ich ein Germane, nach dem Brauche dieser Barbaren: - er dünkt mir heute sehr vortrefflich! - rief ich dich zum Zweikampf, du verhaßter Feind. Ich aber bin ein Römer und suche meine Rache auf dem Wege des Rechts. Hüte dich, Präfekt, noch gibt es Richter in Italien. Lange Monate hielt mich der Krieg, der Feind von diesen Mauern ab. - Erst heute habe ich Rom, von der See her, erreicht und morgen erheb' ich die Klage bei den Senatoren, die deine Richter sind - dort finden wir uns wieder.»

Cethegus vertrat ihm plötzlich den Weg an die Türe.

Aber Severinus rief: «Gemach, man sieht sich vor bei Mördern. Drei Freunde haben mich an dein Haus begleitet: - Sie werden mich mit den Liktoren suchen, komm' ich nicht wieder, noch in dieser Stunde.»

«Ich wollte dich nur», sagte Cethegus wieder ganz ruhig, «vor dem Wege der Schande warnen. Willst du den ältesten Freund deines Hauses um der Fieberreden einer Sterbenden willen mit unbeweisbarer Mordklage verfolgen, - tu's: ich kann's nicht hindern. Aber noch einen Auftrag zuvor. Du bist mein Ankläger geworden, aber du bleibst Soldat und mein Tribun. Du wirst gehorchen, wenn dein Feldherr befiehlt.»

«Ich werde gehorchen.»

«Morgen steht ein Ausfall Belisars bevor und ein Sturm der

Barbaren. Ich muß die Stadt beschirmen. Doch ahnt mir Gefahr für den löwenkühnen Mann: - ich muß ihn treu gehütet wissen. Du wirst morgen, - ich befehl' es, - den Feldherrn begleiten und sein Leben decken.»

«Mit meinem eignen.»

«Gut, Tribun, ich verlasse mich auf dein Wort.»

«Bau' du auf meines. Auf Wiedersehn nach der Schlacht: vor dem Senat. Nach beiden Kämpfen lüstet mich gleich sehr. Auf Wiedersehn: - - vor dem Senat.»

«Auf Nimmerwiedersehn», sprach Cethegus, als sein Schritt verhallte. «Syphax» rief er laut, «bringe Wein und das Hauptmahl. Wir müssen uns stärken: - auf morgen.»

Elftes Kapitel

Früh am andern Morgen wogte sowohl in Rom als in dem Lager der Goten geschäftige Bewegung.

Mataswintha und Syphax hatten zwar einiges entdeckt und gemeldet: - - aber nicht alles. Sie hatten von dem Gelübde der drei Männer gegen Belisar erfahren und den früheren

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