begegnet. Um ein Haar fehlte es, so war Belisar verloren.»
«Ja, es ist jenes eine Haar, um das es immer fehlt bei diesen Goten! Dumme Tölpel sind sie samt und sonders.»
«Du sprichst, als wär' es dir sehr leid, daß Belisar nicht umgekommen.»
«Recht wär ihm geschehen. Ich hab' ihn dreimal gewarnt. Er sollte endlich wissen, was einem alten Feldherrn ziemt und was einem jungen Raufbold.»
«Höre», sagte Prokop, ihn ernsthaft betrachtend, «du hast dir ein Recht erworben, so zu sprechen, vor dem Grabmal Hadrians, früher, wenn du des Mannes Heldentum herabzogst... »
«Dachtest du, ich spräche aus Neid gegen den tapfern Belisar! Hört es, ihr unsterblichen Götter.»
«Ja, zwar deine gepidischen Lorbeern...» -
«Laß mich mit diesen Knabenstreichen zufrieden! Freund, wenn es gilt, muß man den Tod verachten, sonst aber vorsichtig das Leben lieben. Denn nur die Lebendigen herrschen und lachen, nicht die stummen Toten. Das ist meine Weisheit, und nenn' es meine Feigheit, wenn du willst. Also euer Überfall -mach's kurz! Wie ging's?»
«Scharf genug. Als wir die Gegend erkundet hatten, - alles schien frei vom Feind und sicher zum Futterholen -, da wandten wir die Rosse allmählich wieder gegen die Stadt, die wenigen Ziegen und die magern Schafe, die wir aufgetrieben, in der Mitte, Belisar voran, der junge Severinus, Johannes und ich an seiner Seite. Plötzlich, wie wir aus dem Dorf ad aras Bacchi ins Freie kommen, jagen aus den Gehölzen zu beiden Seiten der valerischen Straße von links und rechts gotische Reiter auf uns zu. Ich sah, daß sie uns stark überlegen waren und riet, die Flucht mitten durch sie hindurch auf der Straße nach Rom zu versuchen. Aber Belisar meinte: <Viele sind es, doch nicht allzu viele>, und sprengte gegen die Angreifer zur Linken, ihre Reihen zu durchbrechen. Doch da kamen wir übel an: die Goten ritten besser und fochten besser als unsere mauretanischen Reiter: und ihre Führer, Totila und Hildebad, - jenen erkannte ich an den langflatternden gelben Haaren und diesen an der ungeschlachten Größe -, hielten sichtlich scharf auf den Feldherrn selbst. <Wo ist Belisar und sein Mut?> schrie der lange Hildebad vernehmlich durch das Klirren der Waffen.
<Hier!> antwortete dieser unverzüglich: und ehe wir ihn abhalten konnten, hielt er schon dem Riesen gegenüber. Der war nicht faul und hieb ihm mit seinem wuchtigen Beil auf den Helm, daß der goldene Kamm mit dem weißen Roßhaarbüschel zerschmettert zur Erde rollte und Belisars Haupt bis auf den Kopf des Pferdes niederfuhr. Und schon holte jener zum zweiten, dem tödlichen Streiche aus: da war der junge Severinus, des Boethius Sohn, heran und fing den Hieb mit dem runden Schilde auf. Aber das Beil des Barbaren drang durch den Schild und flog noch tief in den Hals des edeln Jünglings. Er stürzte» - Prokop stockte in schmerzlichen Gedanken.
«Tot?» fragte Cethegus ruhig.
«Ein alter Freigelassener seines Vaters, der ihn begleitete, trug ihn aus dem Gefecht. Doch starb er schon, so hört' ich, eh' er das Dorf erreichte.» - «Ein schöner Tod!» sagte Cethegus. «Syphax, einen neuen Becher Wein!»
«Belisar hatte sich aber inzwischen aufgerafft und stieß nun in großem Zorn mit seinem Speer den Goten so gewaltig auf die Brustplatte seines Harnischs,' daß er der Länge nach vom Pferde flog. Laut jubelten wir auf, aber der junge Totila» -«Nun?»
«Sah kaum seinen Bruder fallen, als er sich grimmig durch die Lanzen der Leibwächter Bahn brach zu Belisar. Aigan, sein Bannerträger, wollte ihn decken, aber des Goten Schwert traf seinen linken Arm: er riß ihm die Fahne aus der erschlafften Hand und warf sie dem nächsten Goten zu. Laut auf schrie Belisar vor Zorn und wandte sich gegen ihn: aber der junge Totila ist rasch wie der Blitz, und zwei scharfe Hiebe trafen, eh' er sich's versah, des Feldherrn beide Schultern: der wankte im Sattel und sank langsam vom Pferd, das im selben Augenblick ein Wurfspeer traf und niederwarf. <Gib dich gefangen, Belisar!> rief Totila.
Der Feldherr hatte gerade noch die Kraft, das Haupt verneinend zu schütteln, da sank er vollends zur Erde. Rasch war ich abgesprungen, hatte ihn auf mein eigen Pferd gehoben und der Sorge des Johannes empfohlen, der fünfzig Leibwächter um sich scharte und ihn schnell aus dem Getümmel flüchtend nach der Stadt hin brachte.» - «Und du?»
«Ich focht zu Fuß weiter. Und es gelang mir, da jetzt unsere Nachhut eintraf - die Vorräte in der Mitte hatten wir preisgegeben -, das Gefecht gegen Totila zu stellen. Aber nicht auf lange. Denn nun war auch die zweite Schar der gotischen Reiter heran; wie der Sturmwind sauste der schwarze Teja herzu, durchbrach unsern rechten Flügel, der ihm zunächst stand, von vorn, durchbrach dann meine eigene gegen Totila gerichtete Front von der Flanke und zersprengte unsern ganzen Schlachthaufen. Ich gab das Gefecht verloren, ergriff ein ledig Roß und eilte dem Feldherrn nach. Aber auch Teja hatte die Richtung von dessen Flucht erkannt und jagte uns wütend nach. An der fulvischen Brücke holte er die Bedeckung ein; Johannes und ich hatten mehr als die Hälfte der noch übrigen Leibwächter an der Brücke aufgestellt, den Übergang zu wehren, unter Principus, dem tapfern Pisidier, und Tarmuth, dem riesigen Isaurier. Dort fielen sie alle dreißig, zuletzt auch die beiden treuen Führer, von dem Schwerte des Teja allein, wie ich vernahm. Dort fiel die Blüte von Belisars Leibwächtern: darunter viele meiner nächsten Waffenfreunde, Alamundarus der Sarazene, Artasines der Perser, Zanter der Armenier, Longinus der Isaurier, Bucha und Chorsamantes die Massageten, Kutila der Thrakier, Hildeger der Vandale, Juphrut der Maure, Theodoritos und Georgios die Kappadokier. Aber ihr Tod erkaufte unsere Rettung. Wir holten hinter der Brücke unser hier zurückgelassenes Fußvolk ein, das dann noch die feindlichen Reiter so lang beschäftigte, bis das tiburtinische Tor sich - spät genug! - dem wunden Feldherrn öffnete. Dann eilt' ich, als wir ihn auf einer Sänfte Antoninens Pflege zugesandt, an das Grabmal Hadrians, wo, wie es hieß. die Stadt genommen sei, und fand dich dem Tode nah.»
«Und was hat jetzt Belisar beschlossen?»
«Seine Wunden sind nicht so schwer wie die deine und doch die Heilung langsamer. Er hat den Goten den Waffenstillstand gewährt, den sie verlangten, ihre vielen Toten zu bestatten.»
Cethegus fuhr auf von den Kissen. «Er hätte ihn verweigern sollen! Keine unnütze Verzögerung der Entscheidung mehr! ich kenne diese gotischen Stiere; nun haben sie sich die Hörner stumpf gestürmt: jetzt sind sie müd und mürbe.
Jetzt kam die Zeit für einen letzten Schlag, den ich schon lang ersonnen. Die Hitze draußen in der glühenden Ebene werden ihre großen Leiber schlecht ertragen, schlechter den Hunger: am schlechtesten den Durst. Denn der Germane muß saufen, wenn er nicht schnarcht oder prügelt. Nun braucht man nur ihren vorsichtigen König noch ein wenig einzuschüchtern. Sage Belisar meinen Gruß, und mein Dank für sein Schwert sei mein Rat: Er solle noch heute den gefürchteten Johannes mit achttausend Mann durch das Picenum gegen Ravenna schicken: die flaminische Straße ist frei und wird wenig gedeckt sein, denn Witichis hat die Besatzungen aller Festungen hierher gezogen, und leichter gewinnen wir jetzt Ravenna, als die Barbaren Rom.
Sowie aber der König Ravenna, seinen allerletzten Hort, bedroht sieht, wird er eilen, ihn um jeden Preis zu retten. Er wird sein Heer hinwegziehen von diesen uneinnehmbaren Mauern und wieder der Verfolgte statt Verfolger sein.» - «Cethegus», sprach Prokop aufspringend, «du bist ein großer Feldherr.»
«Nur nebenbei, Prokopus! Geh jetzt und grüße mir den großen Sieger Belisar.»
Fünfzehntes Kapitel
An dem letzten Tage des Waffenstillstands konnte Cethegus bereits wieder auf den
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