«Die Kaiserin! Weh uns!» rief Antonina entsetzt. «Wie wird sie alles darstellen! Ach, sie hat uns den Untergang geschworen.»
«Dann ist's schlimm», sprach Cethegus, «sehr schlimm. Denn auch die Kaiserin weiß von der Verschwörung und von den Ladungen an Belisar. Und du weißt: viel geringere Schuld als die, zu einer Verschwörung aufgefordert zu sein, genügt...»
«Die Kaiserin weiß es? Dann sind wir verloren! O du, der du Auswege zu finden weißt, wo kein Auge sonst sie sieht: - hilf,
rette.»
Und die stolze Gestalt sank flehend vor dem Präfekten nieder.
Aus der Zimmerecke erscholl ein klägliches Geheul, bei diesem Anblick schüttelte den Leoparden aufs neue die Furcht.
Einen raschen Blick warf der Präfekt auf den heulenden Gegner - dann erhob er sanft die Kniende.
«Auf, Gattin Belisars, verzage nicht. Ja, es gibt ein Mittel, Belisar zu retten. Aber nur eines.»
«Soll er jetzt die Anzeige machen, sobald er heimkehrt?»
«Das ist zu spät. Und zu wenig. Man würde ihm nicht glauben, daß es ihm Ernst mit bloßen Worten. Nein, er muß in Taten seine Treue beweisen. Er muß die Verschworenen alle zusammen fassen und alle zusammen dem Kaiser ausliefern.»
«Wie kann er sie zusammen fassen?»
«Sie laden ihn ja selbst. Heute nacht, in des Photius, seines Freigelassenen, Hause versammeln sie sich. Wohlan: er sage zu, ihr Haupt zu werden. Er erscheine und nehme sie dort alle gefangen. Anicius», fügte er rasch bei, «ist von der Kaiserin selbst gewarnt für heute nacht - er war bei mir.»
«Oh, und müßt' er sterben: - es gilt ja, Belisar zu retten. Er muß es tun! Ich seh' es ein. Und es ist kühn, gefährlich - es wird ihn reizen.»
«Wird er seinen Freigelassenen opfern?» -
«Siebenmal haben wir den Toren vergebens gewarnt. Was liegt an Photius, wenn es Belisar gilt. Wenn ich je Gewalt über ihn gehabt: - heute werd' ich ihn überzeugen. Schon früher riet ihm Prokop, einmal einen solchen, wie er sagte, brutalen Beweis seiner Treue zu führen, nachdem er nicht gleich die erste Aufforderung dem Kaiser mitgeteilt. Ich werde ihn dieses Rats Prokops erinnern. Sei gewiß: er folgt meinem, unsrem übereinstimmenden Rat.»
«Gut, er soll vor Mitternacht dort sein. Wann der Wächter auf den Mauern die zwölfte Stunde ausruft, breche ich in den Saal: und, auf daß er ganz sicher geht, soll er nur eintreten, wenn er meinen Mauren Syphax in der Nische des Hauses hinter der Petrus-Statue sieht. Auch kann er einige seiner Leibwächter vor das Haus stellen: sie sollen ihn decken für den Notfall und Zeugnis ablegen für ihn. Große Verstellungskunst wird ihm nicht zugemutet. Er soll erst kurz vor Mitternacht eintreten: er braucht dann nur zu hören, nicht zu reden. Unsere Wachen harren im Hain des Constantinus vor der Hintertür des Muschelhauses des Photius: mit dem Ausruf der Mitternacht -die Tuba bläst die Ablösung der Wachen, du weißt, man hört es deutlich - brechen wir ein. Er braucht also gar nicht das Wagnis zu übernehmen, ein Zeichen zu geben.»
«Und du, - du kommst gewiß?»
«Ich werde nicht fehlen. Leb' wohl, Antonina.»
Und rasch war er, rückwärts schreitend, das Antlitz dem gebändigten Tiere zugekehrt, das Messer zückend, an dem Ausgang. Der Leopard hatte auf den Moment gewartet: er regte sich leise in der Ecke, sich aufrichtend.
Da aber, zwischen den Vorhängen, erhob Cethegus nochmal den Stahl und drohte. «Nieder, Dareios! Heiß Eisen sonst droht.»
Und er war hinaus.
Der Leopard duckte den Kopf auf den Mosaikestrich und stieß ein kläglich Geheul ohnmächtiger Wut aus.
Vierzehntes Kapitel
König Totila war mit Flotte und Heer nach Rom zurückgekehrt, in den eroberten Städten nur kleine Besatzungen lassend, nachdem der Kaiser auf Grund seiner Forderungen Friedensverhandlungen eröffnet und einen Waffenstillstand von sechs Monaten erbeten hatte, vor dessen Ablauf der Friede durch byzantinische Gesandte geschlossen werden sollte, die er in Bälde nach Rom zu schicken versprach.
Das Glück Totilas und der Glanz seiner Herrschaft standen nun auf der Höhe des Ruhmes.
Der siegreiche Angriff auf das byzantinische Reich hatte seinem Namen weithin leuchtenden Schimmer verliehen. Auch auf Italien warf er wirkungsvolle Strahlen.
Die beiden letzten, von den Byzantinern behaupteten Städte waren Perusia in Tuscien und Ravenna, das unbezwingbare. Perusia ergab sich nun nach langer, zäher Verteidigung dem Grafen Grippa: und selbst von Ravenna fiel der wichtigste Teil, die Hafenstadt Classis, endlich in die Hand des alten Hildebrand, der nun seit mehr als achtzehn Monden die Feste umschlossen hielt.
Da jetzt die Verpflegung der Stadt von der See her abgeschnitten werden konnte, - der König hatte den Auftrag gegeben, alle bisher vereinzelten Geschwader zu einer starken Flotte bei Ancona zu sammeln und den Hafen Classis zu sperren - war ihr baldiger Fall durch Aushungerung zu erwarten.
So war denn nur noch ein einziger Schritt zu tun zur vollen Lösung des Gelübdes, das Totila dereinst dem sterbenden Vater Valerias geleistet. Nur in der Landseite von Ravenna noch standen Byzantiner auf italischem Boden: in wenigen Wochen mußte die Stadt die Tore öffnen, und nichts stand mehr der Vermählung des Gotenkönigs mit der schönsten Tochter Italiens im Wege.
Totila beschloß, diesen Schritt vorzubereiten durch eine öffentliche, feierliche Verlobung mit seiner Braut, durch ein glanzvolles Siegesfest, das die errungenen Erfolge verherrlichen, die Geliebte dem ihm nicht wohlgefälligen Einfluß des Klosters entziehen und sie, die künftige Königin, dem Hofe, dem Reiche zeigen sollte: denn bisher hatten ja nur
Graf Teja und die vertrautesten Freunde Totilas Brautschaft und Braut gekannt. Cassiodor und Julius hatten als hohe Ehre den Auftrag angenommen, die Verlobte des Königs aus Taginä abzuholen und nach Rom zu führen.
Südwestlich vom jetzigen Monte Testaccio, wo der Tiber längs der aurelianischen Umwallung hinläuft und die Stadt verläßt, ragte auf sanftem Hügel eine alte kaiserliche Villa aus der Zeit der Antonine.
Totila liebte den Ort, der von der Höhe einen wundervollen Ausblick den Fluß hinab und in die Campania gewährte: den Fluß, den jetzt wieder zahlreiche kleine Handelsschiffe bevölkerten, die von dem Hafen Portus herauf die Frachten der großen Seeschiffe in die Stadt führten: die Campania mit ihren wieder aus dem Schutt und der Zerstörung von zwei Belagerungen emporsteigenden Landhäusern.
Mit geringer Nachhilfe hatte der König den alten Cäsarenpalast wieder wohnlich herstellen lassen, auf der prachtvollen, breiten Terrasse vor der Villa, welche die Krone der bis an den Fluß hinabsteigenden Marmortreppe bildete, sollte die Festfeier ihre reich geschmückte Stätte finden.
Totila hatte von Neapolis den alten Bildhauer Xenarchos, der zuerst die Dioskuren zusammengefügt, entboten und ihn beauftragt, aus der Fülle von verfügbaren Statuen in Rom
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