aus Byzanz führen. Sage ihm nur: dir drohe Gefahr, und dich sende Theodora. Aber von der Verschwörung verrate ihm nichts: auch seiner Kriegstribunen sind etliche dabei, die er gern retten würde, ich aber verderben will.>
Und ich kam zu dir: aber nicht, um zu fliehen: um dich und meine römischen Waffenbrüder zu warnen. Ich werde auch die Versammlung besuchen - heute droht noch keine Gefahr, versicherte die Kaiserin -, sie alle zu warnen, ihnen zu sagen, daß die Verschwörung entdeckt ist. Du darfst nicht hin, Präfekt, du darfst dich nicht weiter bloßstellen: Justinian mißtraut dir bereits. Die Unsinnigen wollen warten, bis sie Belisar gewonnen haben! Und vielleicht morgen schon sind sie alle gefangen, wenn man sie nicht warnt. Ich eile heute, die Freunde zu warnen. Dann aber ruhe und raste ich nicht, bis ich den Mörder meines Bruders herausgefunden.»
«Beides sehr löblich», sprach Cethegus. - «Nebenbei gesagt, wo birgst du die Briefe der Verschworenen?»
«Wo ich», sprach der Jüngling errötend, «alle Geheimnisse, andre, heiligere barg - mir unendlich teure Briefe und auch diese
Tafel bergen will -, du sollst darum wissen: denn du, der älteste Freund unsres Hauses, du sollst mein Rachewerk mit vollenden helfen. Auch die Aussagen des Söldners Sutas über kaum verständliche Reden der beiden Sterbenden habe ich am gleichen Ort geborgen. Sie lauteten von <Giftmord>, von dem <mörderischen Befehl>, von einer <Anklage vor dem Senat> also muß der Feind römischer Senator gewesen sein, - vom <purpurroten Helmbusch>, vom <schwarzen Höllenroß>.»
«Und so weiter», unterbrach Cethegus. «Wo ist der Versteck? Du kannst einmal wirklich rasch entfliehen müssen, denn ich rate dir doch sehr, der Kaiserin nicht zu traun, du erreichst vielleicht einmal dein Haus nicht mehr.»
«Und dann ist es notwendig, daß du mein Werk aufnehmest. Ich wollte dir schon selbst sagen: in der Zisterne im Hof meines Wohnhauses - der dritte Ziegel links vom Schöpfrad ist hohl.
Auch schon deshalb», fuhr er finsterer fort, «sollst du davon wissen... Wenn die Freunde, die Verschwornen nicht zu retten sein sollten - wenn meine eigne Freiheit bedroht wird - denn du hast recht mit deiner Warnung: ich bemerke schon lange, daß mir Späher nachschleichen - des Kaisers oder der Kaiserin? -dann mach' ich rasch ein blutig Ende -: Was liegt dann an meinem Leben? Wenn ich den Auftrag Severins doch nicht mehr erfüllen kann - dann - ich habe dem Kaiser jeden Morgen zu melden, wie die Kaiserin geruht - stoß' ich den Tyrannen nieder in Mitten seiner Sklaven.»
«Wahnsinniger!» rief Cethegus in aufrichtigem Schreck -denn nun wollte er Justinian am Leben und in Herrschaft erhalten - «wohin reißt dich die Reue und ein planlos zerfahrenes Leben? Nein, der Sohn des Boethius darf nicht als Mörder enden. Willst du in Blut deine ruhmlose Vergangenheit sühnen, - wohlan, so kämpfe unter meinen Legionären: im Blut der Barbaren reinige dich, mit dem Schwerte des Helden, nicht mit dem Dolch des Meuchlers.»
«Du sprichst groß und wahr. Und du willst mich, den Unerprobten, deinen Rittern beigesellen! Wie kann ich dir danken?»
«Spare den Dank, bis alles vollendet -: bis wir uns wiedergesehn. Einstweilen warne heute abend die Verschwornen. Das ist schon eine Probe des Mutes. Denn ich halte es nicht für ungefährlich, da man dir nachschleicht. Wenn du die Gefahr scheust - sag' es offen.»
«Ich soll die erste Probe des Mutes scheuen? Ich komme, zu warnen: und ob mich drum der sichre Tod erwarte.» Und er drückte des Präfekten Hand und eilte hinweg.
Sowie er entfernt war, - nur einen Blick warf ihm der Präfekt nach - führte Syphax den Tribun Piso aus einem andern Eingang in das Gemach.
«Tribun der Jamben», rief ihm Cethegus zu, «jetzt heißt es raschfüßig sein, wie deine Verse. Genug der Verschwörungen und der Katzentritte hier in Byzanz! Augenblicklich suchst du alle jungen Römer auf, die im Hause des Photius verkehrten. Keinen von euch darf die Abendsonne mehr in diesen Mauern finden. Es gilt das Leben. Keiner darf zu dem <Abendschmause> des Photius kommen. Einzeln, n Gruppen, geht auf die Jagd: fahrt Segel um die Wette, auf dem Bosporus: aber eilt hinweg.
Die Verschwörung ist überflüssig.
Bald ruft wieder schmetternd die Tuba zum Kampf gegen die Barbaren in Latium. Fort mit euch allen! Harret meiner zu Epidamnus. Von da hol ich euch mit meinen Isauriern ab: zum dritten Kampf um Rom.
Fort mit dir!
Syphax», forschte er, mit diesem jetzt im Gemach allein, «hast du nachgefragt in des großen Feldherrn Hause? Bis wann wird er zurückerwartet?»
«Bis Sonnenuntergang.»
«Die treue Gattin harret in seinem Hause? Gut. Eine Sänfte, -nicht die meine -: miete die nächste vor dem Hippodrom, deren Läden ganz verschließbar sind. Führe sie in die Hafenstadt, in die Hinterstraße der Trödler.»
«Herr, dort wohnt das ärgste Gesindel dieser gesindelreichen Bettlerstadt. Was willst du dort?»
«Einsteigen in die Sänfte. Dann nach dem roten Hause.»
Dreizehntes Kapitel
In dem roten Hause, dem Palaste Belisars, in der Neustadt «Justinina» (Sycä) saß Antonina in dem Frauengemach, emsig in Arbeit vertieft. Sie stickte an einem mit goldnen Lorbeeren verbrämten Mantel für den Helden Belisarius.
Auf dem Citrustischlein neben ihr lag, in kostbarem Umschlag, mit Edelsteinen besetzt, ein mit Purpurtinte geschriebenes Prachtexemplar von Prokops «Vandalenkrieg», dem kürzlich erschienenen Werke, das den glänzendsten Feldzug ihres Gemahls beschrieb.
Zu ihren Füßen lag ein herrlich Tier, einer aus dem Doppelpaar der zahmen Jagdleoparden, die der Perserkönig nach dem letzten Frieden dem Sieger Belisar geschenkt -: eine höchst kostbare Gabe, da nur selten die Zähmung völlig sicher gelang und viele hundert der jung eingefangenen oder auch in der Gefangenschaft geworfenen Jungen nach jahrelanger Ablichtung als unzähmbar getötet werden mußten.
Das wunderschöne, große und starke Tier - es verwilderte zu leicht auf der Jagd durch Genuß warmen Blutes und war deshalb zu Hause gelassen worden - streckte sich behaglich, wie eine Hauskatze, auf Antoninens Gewand, spielte mit dem Knäuel von Goldfaden, ringelte den Schweif und rieb den runden, klugen Kopf und den Bug an der Gebieterin Füßen.
Da meldete die Sklavin einen fremden Mann, - in unscheinbarer Mietsänfte sei er angekommen und in schlechtem Mantel - : man habe ihn abweisen wollen, da der Hausherr fern und Antonina in seiner Abwesenheit keinen Besuch mehr empfange. «Aber man kann ihm nicht widerstehn! Er befahl: <Meldet Antoninen den Überwinder des Papstes Silverius.>»
«Cethegus!» rief Antonina: sie erbleichte und zitterte.
«Laßt ihn schleunigst ein.»
Die Überlegenheit, die der gewaltige Geist in jener ersten Stunde ihrer Begegnung über sie gewonnen und nie wieder verloren hatte, die Erinnerung, wie dieser Mann, als ihr Gatte und der kluge Prokop und all die Heerführer vor dem Priester widerstandslos erlegen waren, den Überwinder überwunden und gedemütigt hatte, wie er dann, bei dem Einzug in Rom, in der Schlacht an der Aniobrücke, in Roms Verteidigung gegen Witichis, in dem Lager vor Ravenna, bei der Gewinnung dieser Stadt, immer und überall seine Obmacht bewährt und sie doch nie feindlich gegen Belisar gebraucht hatte - wie Unheil nur aus dem Widerstreben gegen seine Warnungen gefolgt - wie jeder seiner
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