unentbehrlich zu sein, Magister Militum.»
«Das ist niemand auf Erden, Justinianus. Sende nur wieder den großen Belisar! Er mag sein Glück zum drittenmal versuchen in jenem Lande, wo die Lorbeern so dicht wachsen. Meine Stunde kommt schon noch.
Als Zeuge eures Eheglückes bin ich wohl überflüssig hier. Und zu Hause, meinem Krankenbett gegenüber, ist die Straßenkarte von Italien angeheftet: vergönne, daß ich in meinem Studium derselben fortfahre: sie ist jetzt interessanter als die Karte unsrer Persergrenze.
Nur noch einen Rat. Zuletzt mußt du doch Narses nach Italien senden.
Je früher du ihn sendest, desto mehr ersparst du an Niederlagen, Verdruß und - Geld. Und wenn nun die Gicht oder jene niederträchtige Epilepsis Narses hinraffen sollte, ehe dieser König Totila auf seinem Schilde liegt, wer wird dir dann den König Totila besiegen? Du glaubst ja an Prophezeiungen. Wohlan, in Italien geht schon lange der Spruch: <T. schlägt B., N. schlägt T.>»
«Soll das vielleicht heißen: Theodora schlug Belisar, Narses schlägt Theodora?» höhnte die Kaiserin.
«Das war nicht meine Lösung des Rätselspruchs.
Es war die deine. Aber wohlan, auch diese Lösung nehm' ich an. Weißt du, welches das weiseste deiner vielen Gesetze war, o Justinianus?»
«Nun?»
«Jenes, das den Tod auf jede Anklage gegen deine Kaiserin setzte: denn er war das einzige Mittel, sie dir zu erhalten.» Und er ging.
«Der Unverschämte», sprach Theodora, ihm einen giftigen Blick nachsendend. «Er wagt zu drohn! Wenn erst einmal Belisar unschädlich ist, dann muß rasch Narses folgen.»
«Einstweilen aber brauchen wir noch beide», meinte Justinian. «Und du schlägst - in Wahrheit! vermutlich zum
andern Feldherrn für Italien wieder denselben Namen vor wie bei Cassiodors Abweisung?»
«Denselben.»
«Aber die Gründe meines Mißtrauens gegen jenen Ehrgeizigen sind seither noch verstärkt.»
«Hast du vergessen, wer dir Silverius entlarvt und entwaffnet, wer vor Belisars gefährlichem Kronenspiel geheim und zuerst gewarnt hat?»
«Aber er verkehrt hier mit denselben Männern, welche die Verschwörung gegen mich betreiben.»
«Ja: aber, o Justinianus, auf mein Geheiß, als ihr Verderber.»
«Das wäre! Wenn er aber auch dich täuscht?»
«Wirst du ihm glauben und mir und ihn nach Italien senden, wenn er dir morgen die Verschwörer in Ketten zuführt und darunter ihr geheimes, auch dir noch unbekanntes Haupt?»
«Ich weiß: es ist Photius, Belisars Freigelassener.»
«Nein, o Justinianus: - Er ist es, den du wieder nach Italien senden wolltest, wenn ich nicht warnte, Belisarius selbst.»
Da erbleichte der Kaiser, wankte und griff nach der Armlehne des Thrones.
«Wirst du dann an des wunderbaren Römers Ergebenheit glauben und, statt des Verräters Belisar, ihn nach Italien senden mit deinem Heer?»
«Alles, alles», sprach Justinianus, «gewiß! Belisarius also doch ein Verräter? Dann tut Eile not. Handeln wir.»
«Ich habe schon gehandelt, Justinian. Mein Netz ist unentrinnbar schon gestellt. Gib mir die Vollmacht, es zusammenzuziehn.»
Der Kaiser winkte Gewährung.
Und Theodora befahl, indem sie aus den Vorhängen schritt, dem Velarius: «Hole sogleich aus seinem Hause in mein
Gemach Cethegus, den Präfekten von Rom.»
Elftes Kapitel
Und alsbald stand Cethegus vor seiner noch immer verführerisch schönen Jugendfreundin, die in dem uns wohlbekannten Gemach auf ihrem Pfühl ausgestreckt lag.
Galatea reichte ihr manchmal in kleiner Onyxschale die Tropfen, die ihr der persische Arzt griechische reichten nicht mehr aus - verordnet hatte.
«Ich danke, dir, Theodora», sagte Cethegus. «Und muß ich's doch einem andern - nicht mir selber - danken - einem Weibe! -dank' ich's am liebsten doch der Jugendgenossin.»
«Höre, Präfekt», sprach Theodora, ihn ernsthaft betrachtend, «du wärest ganz der Mann - soll ich sagen der Barbar oder der Römer? - eine Kleopatra, der Cäsar und Antonius gehuldigt, erst zu küssen und dann doch im Triumph nach dem Kapitol zu führen zur Erdrosselung, wie Octavian vielleicht geplant. Wenn ihm nicht jene Schlangenkönigin zuvorkam. Kleopatra war immer mein Vorbild. Einen Cäsar hab' ich nicht gefunden. Aber die Schlange - bleibt vielleicht nicht aus. -
Du hast mir nicht zu danken. Ich habe aus voller Überzeugung gesprochen und gehandelt. Diese gotische Gefahr und Beschimpfung muß in Blut erstickt werden.
Ich war vielleicht nicht immer so treu als Gattin, wie Justinian geglaubt.
Aber ich war sein bester, treuster Senator von jeher.
Belisar und Narses sind nicht wohl zusammen und noch weniger jeder allein nach Italien zu senden. Du sollst gehen: du bist ein Held, ein Feldherr, ein Staatsmann, und du bist doch zu ohnmächtig, Justinian zu schaden.»
«Ich danke für die gute Meinung», sagte Cethegus.
«Freund, du bist ein Feldherr ohne Heer, ein Kaiser ohne Reich, ein Steuermann ohne Schiff.
Doch lassen wir's -: du willst mir nicht glauben.
Ich sende dich nach Italien aus tiefster Überzeugung: - du hassest grimmig die Barbaren. Der zweite Feldherr, den unvermeidlich dir kaiserliches Mißtrauen nachsendet, soll Areobindos sein, der Schneckenprinz: er wird dich nicht viel stören. Aber Freude macht mir's, daß ich zugleich den Jugendgenossen dabei fördern kann wie das Reich.
Ach Cethegus, die Jugend! Euch Männern ist sie goldne Hoffnung oder goldne Erinnerung: dem Weib ist sie -: das Leben. Ah, nur noch einen Tag aus jener Zeit, da ich dir Rosen schenkte und du mir Verse.»
«Deine Rosen waren schön, Theodora, aber meine Verse waren nicht schön.»
«Mir schienen sie schön: - sie waren an mich! Aber wie alte Liebe versüßt auch alter und neuer Haß mir die Wahl, die ohnehin des Reiches Wohl erheischt. Belisar soll nicht mehr zu neuen Ehren steigen. Nein, fallen soll er, diesmal tief und für immerdar. So wahr
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