ich herrsche in Byzanz.»

«Und Narses? Mir wäre lieber und begreiflicher, du stürztest diesen Kopf ohne Arm als jenen Arm ohne Kopf.»

«Geduld - einer nach dem andern.»

«Was hat dir der gutherzige Held getan?»

«Er? Nichts, aber sein Weib! Diese plumpe Antonina, deren ganzer Triumph in ihrem gesunden Blute liegt.» Und grimmig ballte die zierliche Kaiserin die kleine, weiße Hand, die noch durchsichtiger geworden. «Ha, wie ich sie hasse! Ja, beneide! Dumme Leute bleiben immer gesund. Aber sie soll nicht frohlocken, während ich leide.»

«Und an solchem Weiberhaß hängt das Schicksal des Kapitols», sagte Cethegus zu sich selbst. «Nieder mit Kleopatra!

Die Närrin ist vernarrt in Ruhm und Größe ihres Mannes: -hier kann ich sie am tödlichsten treffen! Warte!»

Ein Zucken durch ihr feines Gesicht verriet einen Anfall heftiger Schmerzen: sie warf sich in die Kissen zurück.

«Aber Täubchen», mahnte Galatea, «laß doch den Ärger! Du weißt, was der Perser sagt. Jede Erregung von Liebe, von Haß» -- «Ha, Hassen und Lieben ist Leben. Und der Haß wird im Alter fast noch süßer denn die Liebe. Liebe ist treulos, Haß ist treu.»

«Ich bin in beiden», sprach Cethegus, «ein Stümper gegen dich. <Die Sirene von Kypros> hab' ich dich stets genannt. Man ist nie sicher, ob du nicht unter dem Kuß plötzlich dein Opfer zerreißest - aus Liebe oder Haß. Und was hat deine Liebe zu Antoninen plötzlich in Haß verkehrt?»

«Tugendhaft ist sie geworden, die Heuchlerin! Oder ist sie wirklich so schwachköpfig? Auch möglich! Ihr Fischblut hat sich nie in Wallung bringen lassen: für eine starke Leidenschaft und für ein starkmütiges Verbrechen war sie stets zu feig. Sie ist zu eitel, die Huldigung der Liebe entbehren, zu armselig, sie erwidern zu können. Seit sie ihren Gatten in seine Kriege begleitet, ist sie wieder ganz tugendsam geworden. Ha, ha, ha, aus Not: wie der Teufel fastet, wenn er nichts zu essen hat. Weil ich ihren Verehrer hier eingesperrt behalten!»

«Anicius, den Sohn des Boethius? Ich hörte davon.»

«Ja, in Italien hat sie sich wieder ganz ihrem Mann angeschlossen, seinen Ruhm und sein Unglück geteilt. Und sie ist seitdem ganz Penelope, ganz die gute Ehefrau. Und hierher zurückgekehrt, was tut sie, die Gans? Macht mir Vorwürfe, daß ich sie vom Pfad der Tugend abgelockt! Und schwört, sie werde Anicius aus meinen Banden lösen. Und es gelingt ihr, der Schlange. Sie weckt dem Toren das Gewissen, reißt ihn täglich mehr von mir los, meinen ungetreuen Kämmerer natürlich, um ihn für sich zu behalten!»

«Du kannst dir also nicht vorstellen», fragte Cethegus, «daß

ein Weib eine Seele für den Himmel wirbt ohne: -?»

«Ohne Prozente Bergelohn zu erheben? Nein! - Dabei täuscht sie aber sich und ihn mit frommen Reden. Und o wie gern läßt sich der Jüngling retten von der jugendlich blühenden Erretterin aus meinen Armen, der Verwelkenden, der Krankenden - der vor der Zeit Verzehrten. Ah», rief sie leidenschaftlich und sprang von dem Pfühl, «daß der Leib ermüdet erliegen muß, ehe noch die Seele sich zum tausendsten Teil ihres Dursts nach Leben ersättigt hat. Leben aber ist Herrschen, Hassen, Lieben.»

«Du scheinst unersättlich in diesen Künsten und Genüssen.»

«Ja, und ich rühme mich dessen. Und ich soll fort von des Daseins reichbesetzter Tafel, herab von diesem Kaiserthron, mit dem brennenden Heißhunger nach Freude und Macht! Und nur wenige Tropfen noch soll ich schlürfen! Oh, die Natur ist eine elende, schmähliche Pfuscherin!

Alle Äonen einmal zeugt sie, neben Myriaden von Krüppeln, häßlich an Leib und ohnmächtig an Geist, einmal zeugt sie einen Leib, eine Seele wie Theodoras, schön und stark und verlangend, die Ewigkeit hindurch zu leben und zu genießen. Und nach drei Jahrzehnten, nachdem ich kaum genippt am vollen Becher, versagt die Natur dem lechzenden Lebensdrang! Fluch über den Neid der Götter! Aber auch Menschen können beneiden: und der Neid macht sie zu Dämonen. Nicht sollen andre genießen, wo ich nicht mehr genießen kann. Nicht sollen andre lachen, wenn ich mich in Schmerzen winde Nächte durch! Nicht frohlocken soll die strotzend Gesunde mit dem Treulosen, der Theodoras war und dabei noch einer andern denken konnte, oder der Tugend, oder des Himmels.

Erst heute hat er mir gesagt, er trage nicht länger dies ruhmund ehrlose Leben in meinen Frauengemächern: - Himmel und Erde riefen ihn hinweg. Er soll es büßen - mit ihr -! Komm, Cethegus», sprach sie grimmig, seinen Arm ergreifend, «wir wollen sie beide verderben.»

«Du vergißt», sagte Cethegus kalt, «ich habe keinen Grund, sie oder ihn zu hassen. Was ich also hierin tue, tue ich um deinetwillen.»

«Doch nicht, du kluger, eisiger Römer. Glaubst du, ich durchschaue dich nicht?»

«Hoffentlich nicht», dachte Cethegus.

«Du willst Belisar fernhalten von Italien. Allein willst du dort kriegen und siegen. Höchstens einen Schatten neben dir haben, wie Bessas war und Areobindos sein wird. Meinst du, ich habe das nicht durchschaut, als du damals vor Ravenna die Abberufung Belisars so meisterhaft eingefädelt hast? Sorge um Justinian! Was liegt dir an Justinian!»

Cethegus pochte das Herz.

«Freiheit Roms! Zum Lachen! Du weißt, daß nur starke, einfache Männer die Freiheit ertragen. Du kennst deine Quiriten. Nein, dein Ziel liegt höher.»

«Sollte dies Weib durchschauen, was alle meine Feinde und Freunde nicht geahnt?» bangte Cethegus.

«Du willst Italien allein befreit haben und allein als Justinians Statthalter Italien regieren, der nächste an seinem Thron, hoch über Belisar und Narses, der nächste nach Theodora: und, gäb es Höheres, du wärst der Geist, danach zu fliegen.»

Cethegus atmete auf. «Das wäre doch nicht all der Mühe wert», dachte er.

«Oh, es ist ein stolzes Gefühl, der erste Diener Justinians zu sein.»

«Natürlich, über ihren Mann hinaus, ob sie ihn täglich verrät, vermag sie nicht zu denken.»

«Und, als der Gehilfe Theodoras, ihn, den Kaiser, - zu regieren.»

«Die Schmeichelluft dieses Hofes betäubt zuletzt auch den hellsten Verstand», dachte Cethegus. «Das ist der Wahnsinn des

Purpurs. Sie kann sich selber nur als Allbeherrscherin denken.»

«Ja, Cethegus, keinem andern gönnt' ich es, solches nur zu denken. Dir will ich's erringen helfen: - mit dir will ich die Herrschaft der Welt teilen: - Vielleicht nur um törichter Jugenderinnerungen willen: weißt du noch, wie wir vor Jahren zwei Kissen verteilten in meiner kleinen Villa? Wir nannten sie Orient und Okzident. Das war ein Omen. So laß uns jetzt Orient und Okzident verteilen. Durch meinen Justinian beherrsch' ich den Orient. Durch meinen Cethegus will ich den Okzident beherrschen.»

«Hochmütig, unersättlich Weib!» dachte Cethegus. «Wäre mir nur Mataswintha nicht gestorben, die jungfräuliche. Sie an diesem Hof - und du versankst.»

«Aber dazu», fuhr Theodora fort, «muß erst Belisar für immer aus dem Wege. Justinian war entschlossen, ihn abermals, und zwar als deinen Oberfeldherrn, zu senden.»

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