Da schritten aus der Halle, schweigend dem König und dem urgrauen Waffenmeister folgend, Guntharis und Adalgoth, Aligern, Grippa, Ragnaris und Wisand, der Bandalarius: Wachis, des Königs Schildträger, schloß den Zug mit einer zweiten Fackel.

Gegenüber dem Schloßgarten erhob sich ein riesiger Rundturm, «der Turm Theoderichs» genannt, weil ihn dieser große König neu verstärkt hatte. In dieses Turmgebäude leuchtete und schritt voran der alte Hildebrand.

Aber anstatt nun von dem Erdgeschoß aus, das nur die leere Turmstube zeigte, die hohe Treppe emporzusteigen, machte der Alte halt. Er kniete nieder, und vorsichtig messend spannte er mit der gewaltigen Hand auf dem Boden von der sorgfältig wieder geschlossenen Türe an nach der Mitte fünfzehn Handspannen - der ganze Boden schien aus drei kolossalen Granitplatten zusammengelegt -. Auf der fünfzehnten Spanne hielt er den linken Daumen an und schlug mit der Steinaxt auf die Platte: da klang es hohl: und in eine schmale, kaum sichtbare Ritze des Gesteins die Spitze der Axt bohrend hieß er alle Mann hinter sich zur Linken treten. Als dies geschehn, schob er die Steinplatte nach rechts vor; schwarz, turmhoch, wie das Gebäude über dem Erdgeschoß sich erhob, senkte es sich hier hügeltief in die Erde.

Nur um einen Mann knapp hindurchzulassen, gewährte die Öffnung Raum; sie führte auf eine schmale, in den Fels gehauene Treppe von mehr als zweihundert Stufen.

Schweigend stiegen die Männer hinab. Unten angelangt fanden sie den entsprechenden Kreisraum durch eine Steinmauer in zwei Halbkreise geteilt. Der von ihnen betretene Halbkreis war leer.

Und nun maß König Teja von der Erde auf zehn Handbreiten an der Mauer. Hier drückte er an einen Stein: eine schmale Pforte tat sich nach innen auf. Der alte Hildebrand atmete tief, trat vorleuchtend ein, und der König und jener entzündeten zwei in die Wand eingesteckte große Fackeln.

Da fuhren die übrigen glanzgeblendet zurück und bedeckten die Augen. Als sie wieder aufblickten, gewahrten sie - sofort erkannten die gotischen Männer das Geheimnis - den ganzen reichen Amalungenhort Dietrichs von Bern.

Da lagen, teils zierlich gehäuft, teils ordnungslos nebeneinander geschüttet, Waffen, Gerät und Schmuck aller Art. Die Sturmhaube von Bronze aus altetruskischer Zeit, in grauen

Vorzeittagen durch den Handel den Goten bis an die Ostsee oder an den Pruth und Dniester zugeführt und nun von dem nach Süden ziehenden Wandervolk wieder zurückgebracht, nahe an die Stätte vielleicht, wo sie gehämmert worden; daneben das Fell des Seehunds und der Rachen des Eisbären über einen flachen Kopfschirm von Holz gespannt: keltische Spitzhelme; stolzgeschweifte römische und byzantinische Helmkämme, Halsringe von Bronze und von Eisen, von Silber und von Gold; Schilde, von dem ungefügen, mannshohen Holzschild, der, aufgestellt wie eine Mauer, den Pfeilschützen barg, bis zu dem zierlichen, mit Edelsteinen und Perlen übersäten, runden, kleinen Reiterschild der Parther; neben altertümlichen Kettenringen von erdrückender Schwere, leichte Harnische von purpurfarbenem Linnengewebe, dazu Frameen, Schwerter, Dolche von Stein, von Bronze und von Eisen; Beile und Keulen, zum Teil noch aus dem Knochen des Mammut, roh, mit Bast umwunden und in ein Hirschgeweih gesteckt, bis zu der fränkischen Franziska und dem zierlich durchbrochenen, kleinen, vergoldeten Wurfbeil, mit welchem ein aufgesteckter Apfel von römischen Zirkusreitern im Galopp gespalten werden mußte; Speere, Lanzen, Wurfspieße aller Art: von dem kaum behauenen Stoßzahn des Narwal bis zu dem goldeingelegten Ebenholzschaft der asdingischen Vandalenkönige in Karthago und dem massiv goldnen Wurfpfeil dieser Fürsten mit dem Purpurgefieder des Flamingo am Schaft und der fußlangen Stahlspitze: Kriegsmäntel aus dem Pelz des blauen Fuchses bis zu dem Fell des numidischen Löwen und dem kostbarsten Purpur von Sidon; Schuhe, von den langen, schaufelähnliche Schneeschuhen der Skritofinnen bis zu den Goldsandalen von Byzanz; Wämser von friesischer Wolle und Tuniken von chinesischer Seide, dazu ungezähltes Gerät und Tafelgeschirr: hohe Krüge, flache Schalen, runde Becher, bauchige Urnen, von Bernstein, von Gold, von Silber, von Schildpatt, Armringe und Schulterspangen, Schnüre von Bergkristallen und von Perlen, und noch sonst unerschöpflich mannigfaltiges Geschirr für Speise und Trank, Gerät für Kleidung und Schmuck, für Spiel und Kampf.

«Ja», sprach König Teja, «diese geheime Höhle, nur uns, den Blutsbrüdern bekannt - der Waffenmeister hatte sie in den Fels hauen lassen, als er vor vierzig Jahren Graf von Cumä war - sie war das Schatzgewölbe, das den Hort der Goten barg.

Deshalb fand Belisarius so wenig vor, als er den Schatz zu Ravenna erbeutete. Die edelsten und kostbarsten Stücke der Beute und der Geschenke, die Sammlung der Amalungenehren in Krieg und Frieden, die weit über Theoderich hinauf zu Winithar, Ermanarich, Athal, Ostrogotho, Isarna bis Amala emporsteigen - sie haben wir hier geborgen. Nur das gemünzte Gold hatten wir in Ravenna behalten und solches Gerät, das reicher an Goldwert als an Ehren schien.

Monatelang sind die Feinde über diese Schätze hingeschritten, doch es schwieg die treue Tiefe des Abgrunds.

Nun aber tragen wir sie alle mit uns - in eure breiten Schilde schöpfet sie und reichet sie, die Staffeln herauf, einer dem andern - in das letzte Schlachtfeld, darauf ein ostgotisches Volksheer kämpfen wird - nein, bange nicht, jung Adalgoth, auch wenn ich gefallen bin und alles verloren ist -: nicht sollen die heiligen Schätze der Ehre die Feinde nach Byzanz schleppen.

Denn wunderbar ist das letzte Schlachtfeld, das ich uns erkoren. Es soll die letzten Goten und ihre Schätze und ihren Rum verschlingen und verbergen.»

«Ja, auch ihren höchsten Schatz und Ruhm», sprach der alte Hildebrand, «nicht nur Gold und Silber und edle Steine. Sehet her, meine Goten!»

Und er leuchtete in den von einem Vorhang abgesperrten Schlußraum des Halbkreises und schob den Vorhang zur Seite.

Da fielen alle andern ehrfürchtig auf die Knie.

Denn sie erkannten den großen Toten, der da hoch aufgerichtet auf dem goldnen Throne saß, den Speer noch in der Rechten, vom Purpurmantel umwallt.

Es war der große Theoderich.

Und die von den Ägyptern zu den Römern gewanderte Kunst, die Leichen wundersam zu wahren, hatte den Heldenkönig in schauerlicher Leibhaftigkeit erhalten.

Tiefste Erschütterung band den Männern die Rede.

«Schon seit langer Zeit», hob endlich Hildebrand an, «mißtrauten Teja und ich dem Stern der Goten. Und ich, der ich vor Ausbruch des Krieges die Ehrenwache an dem MarmorRundhaus zu Ravenna hatte, in welchem Amalaswintha ihren toten Vater beigesetzt - ich liebte das ganze Gebäude wenig, und weniger noch die weihrauchqualmenden Priester, die dort so oft für des Gewalt'gen große Seele beten wollten.

Und ich dachte: wenn unsere Spur dereinst getilgt wird aus diesem Südland, sollen nicht Welsche und Griechlein ihr Gespött treiben mit den Gebeinen des teuren Helden.

Nein, wie jener erste Bezwinger der Romaburg, wie der Westgote Alarich im heiligen Strombett sein von keinem gekanntes, von keinem zu schändendes Grab gefunden, - so soll auch mein großer König entrückt sein der Nachspürung der Menschen.

Und mit Tejas Hilfe schaffte ich, in dunkler Nacht, die edle Leiche hinweg aus dem Marmorhaus und aus der winselnden Priester Umgebung, und wir brachten sie, als ein Stück des Königsschatzes, in verschlossener Truhe hierher. Hier war er sicher geborgen, und fand ihn nach Jahrhunderten ein Zufall, wer konnte dann noch ihn erkennen, den König mit dem Adlerauge?

Und so ist der Steinsarkophag zu Ravenna leer, und die Mönche singen und beten dort umsonst.

Hier, bei allen seinen Schätzen und Ehren, in Heldenherrlichkeit, aufrecht thronend, sollte er ruhen -: das wird seiner Seele, die von Walhall niederschaut, lieber sein, als ausgestreckt,

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