Makedonen und Illyrier dran. Wir haben's diesen jetzt oft genug vorgemacht, wie man vor jenem Nadelöhr stirbt.»
«Nein, Wölflein. Diamant schneidet Diamant!» lächelte Narses. «Immer Germanen gegen Germanen: es sind euer allzuviele in der Welt.»
«Auch von den Isauriern - das heißt von den meinen! -scheinst du diese väterliche Meinung zu hegen, Magister militum», sagte Cethegus: «kurz vor ihrem Aufbruch nach Rom hast du meine Isaurier zum Massensturm auf jene Schlucht befohlen -: der erste Massensturm, den du geboten: siebenhundert von meinen siebentausend sind liegengeblieben auf jenen Felsen, und Sandil, mein durch so viele Kämpfe erprobter Söldnerhäuptling, fand zuletzt doch auch dieses schwarzen Teja Schlachtbeil zu scharf für seine Sturmhaube. Schade! Er war mir wert.»
«Nun, der Rest ist dir ja nun in deinem Rom geborgen. Jene Goten aber treibt nichts aus ihrem letzten Loch als Feuer. Wenn die Erde mir zuliebe doch auch einmal zucken wollte, wie zugunsten Belisars in Ravenna.»
«Noch immer keine Kunde von dem Ausgang des Prozesses Belisars?» forschte lauernd Cethegus. «Neulich kamen Briefe aus Byzanz, nicht?»
«Ich habe sie noch nicht alle gelesen. - - Oder, wenn nicht Feuer: - der Hunger. Und wann sie dann zum letzten Kampf ausbrechen, hörte wohl mancher lieber den Ganges als den Draco rauschen. - Nicht du, Präfekt! ich weiß, du kannst dem Tode kühn ins Auge sehn.»
«Ich will die Dinge hier noch etwas abwarten. Es ist schlecht Reisewetter. Es stürmt und regnet ja unablässig. An dem ersten oder zweiten warmen Sonnentag breche ich auf nach Rom.»
Das war es.
Das Wetter war in der Nacht des Abzugs der Isaurier plötzlich umgeschlagen. Der Fischer, der in einem Dorfe bei Stabiä seine
Behausung hatte, konnte sich nicht auf das Meer wagen, weniger des Sturmes als der Langobarden wegen, die ihn längst mißtrauisch beobachtet und schon einmal gefangengenommen hatten; erst als sein alter Vater herbeieilte und durch Zeugen dartat, daß Agnellus wirklich sein, des alten Fischers, Sohn sei, ließen sie ihn zögernd wieder los. Aber er konnte nicht wagen, scheinbar zu fischen, wann kein Fischer sonst Netze warf, und nur weit draußen in dem Wasser vermochte Syphax, der ebenfalls stets umspäht war, mit ihm zusammenzukommen.
Die Ausgänge aller Lager, auch des jetzt halbleeren von Cethegus - nur dreitausend Thraker und Perser hatte Narses in der Isaurier verlassene Zelte gelegt - bewachten Tag und Nacht die Langobarden.
Und auch das Meerschlammbad mußte Narses auf sonnigere Tage verschieben. Diese Geheimnisse aber, d. h. Prokops Brief und die Badegespräche des Narses, wollte Cethegus noch abwarten.
Elftes Kapitel
Des Präfekten altes Glück schien auch das Wetter nach seinen Wünschen rasch zu ändern.
Prachtvoll leuchtete am Morgen nach der letzten Unterredung mit Narses die Sonne auf den blauschimmernden Golf von Bajä; und Hunderte von Fischerbooten eilten hinaus, die günstige Witterung zu nutzen.
Syphax war mit dem ersten Morgengrauen, nachdem er seinen Platz auf der Schwelle des Zeltes seines Herrn den vier allein zurückgebliebenen Isauriern überwiesen, verschwunden.
Als Cethegus das Morgenbad im Nebenzelt vollendet hatte und zum Frühmahl in sein Hauptzelt zurückkehrte, hörte er Syphax laut lärmend durch die Lagergassen schreien. «Nein!» rief er, «diesen Fisch dem Präfekten! Ich habe ihn bar bezahlt.
Der große Narses wird doch nicht andrer Leute Fisch essen wollen.» Und mit diesen Worten riß er sich los von Alboin und einigen Langobarden sowie von einem Sklaven des Narses.
Cethegus blieb stehen. Er erkannte den Sklaven: es war der Koch des meist kranken und immer sehr mäßigen Mannes, der fast nur für des Narses Gäste sich zu mühen hatte.
«Herr», sprach der feingebildete Grieche, sich entschuldigend, in seiner Muttersprache zu dem Präfekten: «nicht mich schilt um diese Ungebühr. Was liegt mir an einer Meeräsche! Aber diese langbärtigen Barbaren zwangen mich, um jeden Preis den Fischkorb für Narses in Anspruch zu nehmen, den dein Sklave aus der See zurückbringen würde.»
Ein zwischen Syphax und Cethegus gewechselter Blick genügte.
Die Langobarden hatten das Griechische nicht verstanden.
Cethegus gab Syphax einen Schlag auf die Wange und rief auf lateinisch:
«Unnützer, frecher Sklave, kannst du denn niemals Sitte lernen? Soll nicht der kranke Feldherr das Beste haben?» Und unsanft entriß er den Korb dem Mauren und reichte ihn dem Sklaven: «Hier der Korb. Mögen die Fische Narses munden.» Der Sklave, der die Gabe deutlich genug abgelehnt zu haben glaubte, nahm den Korb kopfschüttelnd.
«Was bedeutet das?» sagte er im Abgehn lateinisch.
«Das bedeutet», antwortete, ihm folgend, Alboin, «daß der beste Fisch nicht in dem Korbe geborgen ist, sondern anderswo.»
Im Zelte angelangt, griff Syphax eifrig in seinen Gürtel von Krokodilhaut, der, wasserdicht, ein Bündel von Papyrusrollen barg, und reichte sie rasch seinem Herrn.
«Du blutest, Syphax?»
«Nur wenig! Die Langbärte stellten sich, da sie mich im
Wasser schwimmen sahen, als hielten sie mich für einen Delphin, und schossen mit ihren Pfeilen um die Wette auf mich.»
«Pflege dich - ein Solidus für jeden Tropfen deines Blutes: -der Brief ist goldes- und bluteswert, wie es scheint. Pflege dich! Und die Isaurier sollen niemand einlassen.»
Und nun allein im Zelt hob der Präfekt an zu lesen. Seine Züge verfinsterten sich: tiefer, immer tiefer ward die Mittelfurche der gewaltigen Stirn, immer fester und herber schlossen sich die Lippen.
«An Cornelius Cethegus Cäsarius, den gewesenen Präfekten und gewesenen Freund zum letztenmal Prokopius von Cäsarea.
Das ist das traurigste Schreibgeschäft, zu welchem ich je meine ehemalige und meine jetzige Schreibhand gebraucht. Und ich gäbe gern auch diese meine Linke, wie für Belisar meine Rechte, dahin, müßte ich diesen Brief nicht schreiben.
Den Absagebrief, den Aufkündungsbrief unserer bald dreißigjährigen Freundschaft!
An zwei Helden hatte ich geglaubt in dieser heldenlosen Zeit: an den Schwerthelden Belisar, an den Geisteshelden Cethegus. Den letzten muß ich fortan hassen, fast verachten... -»
Der Leser warf den Brief auf den Lectus, darauf er lag: dann nahm er ihn mit gefurchten Brauen wieder auf und las weiter: «Nun fehlte nur noch, daß Belisar der Verräter wirklich gewesen wäre, als den du ihn darstellen wolltest.
Aber Belisars Unschuld ist so leuchtend aufgedeckt worden wie deine schwarze
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