Falschheit. Längst ward mir unheimlich bei deinen krummen Pfaden, auf welchen du auch mich ein gut Stück mitgeführt. Aber ich glaubte an dein selbstlos hohes Ziel: Italiens Befreiung. Nun aber durchschaue ich, als deine letzte Triebfeder, die maßlose, schrankenlose, scheulose Herrschsucht. Ein Ziel, eine Leidenschaft, die solche Mittel brauchen, sie sind entweiht für immer. Du hast den tapfersten Mann mit der treuen

Kindesseele verderben wollen durch sein eignes, eben gebessertes Weib, deiner schändlichen Freundin Theodora und deiner eignen Herrschgier zum Opfer. Das ist teuflisch: und für immer wend' ich mich von dir.»

Cethegus drückte die Augen zusammen.

«Es darf mich nicht wundern» - sprach er dann vor sich hin. «Auch er hat seinen Abgott: Belisar! Wer dem klugen Manne den antastet, der ist ihm so greulich wie dem Christen, wer in dem Kreuz nur ein Stück Holz erblickt. Es darf mich also nicht wundern -: aber es schmerzt!

Das ist die Macht dreißigjähriger Gewohnheit.

Solang hüpfte etwas wärmer da unterm Harnisch bei dem Klang des Namens: <Prokopius>.

Wie schwach doch die Gewohnheit macht! Julius nahm mir der Gote: - Prokop nahm mir Belisar: - wer wird mir den Cethegus nehmen, meinen ältesten, letzten Freund? Niemand: auch Narses nicht: und nicht das Schicksal. Hinweg mir dir, Prokopius, aus meinem Lebenskreise. Du bist tot. Fast zu weinerlich, jedenfalls zu lang, ward die Grabrede, die ich dir gehalten. Was spricht er weiter, der Verstorbene?»

«Ich aber schreibe dir dies, weil ich die lange Freundschaft, die du mit tückischem Angriff auf mein Sternbild Belisar geschlossen, meinerseits schließen will mit einem letzten Liebeszeichen: ich will dich warnen und retten, bist anders du zu warnen und zu retten.

Sieben meiner früheren Briefe haben dich offenbar nicht erreicht - sonst weiltest du nicht mehr in des Narses Lager, wie dessen Kriegsberichte melden.

So vertraue ich diesen achten meinem klugen Agnellus an, einem Fischersohn aus Stabiä, wo ihr ja nun lagert: ich schenke ihm die Freiheit und lege ihm diesen Brief als letzten Auftrag ans Herz. Denn, obwohl ich dich nur hassen sollte - : noch immer lieb' ich dich, Cethegus -. Man kann - weiß nicht warum, aber man kann nicht von dir lassen! - : und gern möcht' ich dich retten.

Als ich, bald nach deiner Abreise, nach Byzanz kam - schon unterwegs hatte mich wie ein Donnerschlag die Kunde von Belisars Verhaftung (in einer Verschwörung wider Justinian!) erreicht - glaubte ich zuerst, du müssest getäuscht worden sein wie der Kaiser.

Vergebens bemühte ich mich um Gehör bei dem Imperator: er wütete gegen alle Namen, die mit Belisar durch Freundschaft verknüpft waren. Vergebens versuchte ich, mit allen Mitteln, zu Antonina zu dringen: vortrefflich wurde sie - dank deinen Weisungen! - bewacht im roten Hause. Vergebens bewies ich Tribonian die Unmöglichkeit einer Verratsschuld Belisars: er zuckte die Achseln und sprach: <Begreifen kann ich's nicht! Aber die Überführung ist schlagend: dies unsinnige Ableugnen der Besuche des Anicius! Er ist verloren!>

Und verloren war er.

Gefällt war der Spruch: Belisar zum Tode verurteilt. Antonina zur Verbannung. Des Kaisers Gnade hatte das in Blendung, Verbannung, fern von dem Exil Antoninas, und Vermögenseinzug verwandelt.

Furchtbar lag dieses Wort auf Byzanz.

Niemand glaubte an seine Schuld: ausgenommen der Kaiser und die Richter. - Aber niemand vermochte seine Unschuld zu beweisen, sein Schicksal zu wenden. Ich war entschlossen, mit ihm zu gehen: der Einarmige mit dem Blinden. Da hat ihn - und gesegnet soll er dafür sein! - gerettet: - - sein großer Feind Narses, den ich dir schon einmal den größten Mann des Jahrhunderts genannt habe.»

«Natürlich», grollte Cethegus, «nun vollends ist er auch der Edelste.»

«Aus den Bädern von Nikomedia, wo der Kranke weilte, war er, als ihn die Nachricht traf, sofort nach Byzanz geeilt. Er ließ mich rufen und sprach: Du weißt es: meine Wonne war es, Belisar in offner Feldschlacht gründlich zu schlagen. Aber so elend soll nicht, durch Lügen, untergehn, wer des Narses großer Feind gewesen. Komm mit mir, du, sein erster Freund, ich: sein erster Feind -: wir beide zusammen wollen ihn retten, den törichten Mann des Ungestüms.»

Zwölftes Kapitel

«Und er verlangte Audienz beim Kaiser, die der Gegner Belisars sofort erhielt. Da sprach er zu Justinian:

<Es ist unmöglich, daß Belisar ein Verräter. Seine blinde Treue gegen deinen Undank ist ja sein einziger Fehler.>

Aber Justinian blieb taub.

Narses jedoch legte seinen Feldherrnstab vor den Kaiser nieder und sprach: Wohlan: entweder du vernichtest den Spruch der Richter und bewilligst Neuaufnahme des Verfahrens, oder du verlierst an einem Tage deine beiden Feldherren. Denn an dem gleichen Tage mit Belisar geht Narses in Verbannung. Dann siehe zu, wer deinen Thron behütet vor Goten, Persern und Sarazenen.'

Und der Kaiser schwankte und verlangte drei Tage Bedenkzeit: und inzwischen sollte Narses das Recht haben, mit mir die Akten einzusehen, Antonina und alle Angeschuldigten zu sprechen.

Bald ersah ich aus den Akten, daß der schlimmste Beweis wider Belisar - denn jene Zusage auf der Wachstafel, die man bei Photius gefunden, hoffte ich hinwegdeuten zu können - der geheime nächtliche Verkehr des Anicius in seinem Hause war, den Belisar, Antonina, Anicius selbst wider allen Verstand hartnäckig leugneten.

Als ich Antonina, die Verzweifelte, allein sprach, sagte ich ihr: <Dieser Verkehr und dies euer Lügen wird sein Verderben.> - <Wohlan>, rief sie leuchtenden Auges, <dann bin nur ich verloren, und Belisar gerettet. Belisar wußte wirklich nichts von jenen Besuchen, denn Anicius kam nicht zu ihm, er kam zu mir. Alle Welt soll es wissen -: auch Belisar -. Er soll mich töten -: aber gerettet sein.> Und sie gab mir eine Sammlung von Briefen des Anicius, die freilich, wenn dem Kaiser vorgelegt, alles erklären, aber auch - die Kaiserin furchtbar anklagen mußten.

Und wie fest stand Theodora bei Justinian!

Ich eilte mit den Briefen zu Narses. Dieser las und sprach: <Wohlan, jetzt gilt es nicht nur Belisars, jetzt gilt es unser aller Untergang: - oder den Fall der schönen Teufelin. Es gilt auf Tod und Leben! Komm erst noch mal zu Antonina.> Und mit Antonina, von Wachen begleitet, eilten wir zu dem im Kerker langsam genesenden Anicius.» -

Cethegus stampfte mit dem Fuß. -

«Und dann wir alle vier zu Justinian. Die hochherzige Sünderin gestand, auf den Knien vor dem Kaiser, den nächtlichen Verkehr mit Anicius, der aber nur bezweckt habe, den Jüngling aus den Schlingen der Kaiserin zu lösen -: sie gab ihm des Anicius Briefe, die von der Verführerin, von ihren namenlosen Künsten, von dem geheimen Gang in ihr Gemach, von der drehbaren Justinianusstatue sprachen.

Furchtbar loderte der arme Gatte empor. Er wollte uns alle wegen Majestätsbeleidigung, wegen maßloser Verleumdung auf dem Fleck verhaften lassen. Narses aber sprach: <Tu' das: morgen! Heute aber, wenn die Kaiserin schläft, laß dich von Anicius und mir durch den drehbaren Justinianus in das Gemach deiner Gemahlin führen, ergreife ihre Briefe, stelle sie Anicius und Antonina gegenüber, laß die alte Hexe Galatea foltern: - und gib acht, ob du nicht viel mehr erfährst, als dir lieb sein wird zu hören. Und haben wir uns getäuscht, so strafe uns

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