gewisserma?en eine Brucke, deren Ende sich auf den anderen Rand der Schlucht stutzte.

„Bitte Licht“, ertonte die Stimme des Astrogators. Als es hell wurde, sah er zur Wanduhr hinuber.

„In zwei Stunden starten wir.“

Unzufriedene Stimmen wurden laut. Am energischsten protestierten die Mitarbeiter des Chefgeologen, die bei den Probebohrungen bereits Zoo Meter Tiefe im Boden erreicht hatten. Horpach gab mit einer Handbewegung zu verstehen, da? er keine Diskussion wunsche.

„Alle Maschinen kehren an Bord zuruck. Bitte, stellen Sie das bisher gewonnene Material sicher. Die Sichtung der Aufnahmen und die Analysen laufen weiter. Wo ist Rohan?

Ach hier. Schon. Haben Sie gehort? In zwei Stunden sind alle an den Startplatzen.“

Das Verladen der Maschinen ging in gro?er Hast, aber systematisch vonstatten. Rohan blieb taub fur Ballmins flehentliche Bitte um weitere funfzehn Bohrminuten.

„Sie haben doch alle gehort, was der Kommandant gesagt hat“, rief er und trieb die Leute vom Montagetrupp, die mit gro?en Kranen an die ausgehobenen Graben heranfuhren, zur Eile an. Bohrapparaturen, provisorische Drehbuhnen und Kraftstoffbehalter wanderten nacheinander in die Luken.

Als dann nur noch der aufgewuhlte Boden von den Untersuchungen zeugte, die hier vorgenommen worden waren, schritt Rohan mit Westergarde, dem stellvertretenden Chefingenieur, vorsichtshalber noch einmal die verlassenen Arbeitsstatten ab. Dann verschwanden die Manner im Schiffsrumpf.

Jetzt erst geriet der Sand ringsum in Bewegung. Uber Funk gerufen, kehrten die Energoboter in einer Reihe zuruck und tauchten in dem Raumschiff unter, das die Rampe und den vertikalen Aufzugsschacht einzog. Einen Augenblick noch regte es sich nicht, dann ubertonte das metallische Pfeifen der Luft, die durch die Dusen gepre?t wurde, das gleichformige Heulen des Sturmes. Staubwolken hullten das Heck ein. Ein zartgruner Schimmer sickerte aus ihnen heraus und verschwamm im roten Sonnenlicht. Unter anhaltendem, donnerndem Getose, das die Wuste erzittern lie? und als vielfaches Echo von den Felswanden widerhallte, stieg das Raumschiff langsam auf und verschwand mit wachsender Geschwindigkeit am violetten Himmel. Zuruck blieben ein in das Felsgestein eingebrannter Kreis, glasharte Dunen und Kondensstreifen. Viel spater, als sich die letzte Spur der Rakete, wei?licher Dunst, in der Atmosphare aufgelost hatte, als die wandernden Sandmassen allmahlich den kahlen Fels unter sich begruben und die verwaisten Ausgrabungsstatten einebneten, zog im Westen eine dunkle Wolke auf. Niedrig schob sie sich heran, wuchs, umfa?te mit ausgestrecktem, geballtem Arm den Landeplatz und blieb unbewegt daruber hangen. So verharrte sie.

Als die Sonne beinahe untergegangen war, fiel auf die Wuste ein schwarzer Regen.

In Ruinen

An einer sorgfaltig gewahlten Stelle, etwa sechs Kilometer von der nordlichen Peripherie der sogenannten Stadt entfernt, setzte der „Unbesiegbare“ auf. Aus der Steuerzentrale war sie recht gut zu sehen. Der Eindruck, es handele sich um kunstliche Konstruktionen, war sogar starker als beim Betrachten der Satellitenaufnahmen. Kantig, unten meist breiter als am oberen Ende und unterschiedlich hoch, erstreckten sie sich uber viele Kilometer, metallisch glanzend und teilweise schwarz. Aber selbst durch das starkste Fernrohr waren keine Einzelheiten zu erkennen. Die meisten Gebaude schienen durchlochert wie ein Sieb.

Diesmal war das blecherne Scheppern der erkaltenden Dusen noch nicht verklungen, als das Schiff schon die Rampe und die Aufzugsvorrichtung ausfuhr und sich mit der Energoboterkette umgab. Doch damit nicht genug. Genau gegenuber der „Stadt“ — vom Boden aus war sie nicht zu sehen, denn sie lag hinter niedrigen Hugeln verborgen formierte sich im Schutz der Energiekuppel eine Gruppe von funf Gelandewagen, der sich ein fahrbarer Antimateriewerfer zugesellte. Er war fast doppelt so gro? und glich einem apokalyptischen Kafer mit blaulich schimmernden Flugeldecken.

Kommandant dieser Operativgruppe war Rohan. Er stand aufrecht im Turmluk des ersten Gelandefahrzeugs und wartete darauf, da? auf Befehl von Bord der Durchgang durch das Kraftfeld freigegeben wurde. Die beiden Inforoboter auf den nachstgelegenen Hugeln schossen eine Serie gruner Leuchtzeichen mit langer Brenndauer ab, die den Weg markierten, und die zweireihige, kleine Fahrzeugkolonne setzte sich in Bewegung, Rohans Wagen bildete die Spitze.

Die Motoren brummten in tiefem Ba?, die Ballonreifen. In den Ruinen der Riesenfahrzeuge warfen Sandfontanen auf. Vorn, zweihundert Meter vor dem Spitzenfahrzeug, flog ein Aufklarungsroboter dicht uber dem Boden dahin. Er sah aus wie ein flacher Teller mit schnell vibrierenden Fuhlern, und der Luftstrom, den er erzeugte, fauchte in die Dunenkamme; es war, als hatte der vorbeifliegende Roboter dort ein unsichtbares Feuer entfacht. Die aufgewirbelte Staubwolke hing noch lange in der reglosen Luft und bezeichnete als bauschiger, rotlicher Streifen die Richtung, die die Kolonne eingeschlagen hatte.

Die Maschinen warfen immer langere Schatten, es war kurz vor Sonnenuntergang. Sie wichen einem auf dem Weg liegenden, fast vollig versandeten Krater aus und erreichten zwanzig Minuten spater den Saum des Ruinenfeldes.

Hier loste sich die Marschordnung auf. Drei unbemannte Fahrzeuge trennten sich von dem Zug und setzten hellblaue Lichter, zum Zeichen, da? sie das ortliche Kraftfeld geschaffen hatten. Im Schutze dieser beweglichen Kuppel rollten die beiden bemannten Maschinen vorwarts. Mit funfzig Meter Abstand folgte ihnen auf seinen gebogenen Teleskopbeinen der riesige Antimateriewerfer. Einmal, als sie etwas wie ein Gestrupp zerrissener Metallseile oder Drahte durchquert hatten, mu?ten sie anhalten, weil der Werfer mit einem Bein im Sand eingesunken und in eine unsichtbare Spalte gerutscht war. Sofort sprangen zwei Arctane von Rohans Wagen und halfen dem Kolo? aus der Klemme. Dann zog die Kolonne weiter.

Was sie die „Stadt“ genannt hatten, das glich in Wirklichkeit nicht im geringsten einer irdischen Siedlung. Aus dem Sand der Wanderdunen ragten in unbekannter Tiefe verwurzelte dunkle Massive mit einer stacheligen, burstenartigen Oberflache hervor, unahnlich allem, was dem menschlichen Auge je begegnet war. Die undefinierbaren Gebilde waren viele Stockwerke hoch. Sie hatten weder Fenster noch Turen, ja nicht einmal Wande. Manche sahen aus wie in Falten gelegte, an unendlich vielen Stellen einander durchdringende, dicht verwobene Netze mit Verdickungen an den Knotenpunkten, andere erinnerten an komplizierte Raumarabesken, wie sie ubereinandergeschichtete Bienenwaben oder Siebe mit drei- oder funfeckigen (Offnungen bilden mochten. Jedes gro?ere Bauelement und jede sichtbare Flache lie? eine gewisse Regelma?igkeit erkennen, zwar nicht so einheitlich wie bei einem Kristall, aber zweifellos in einem bestimmten Rhythmus, den allerdings vielfach Spuren der Zerstorung aufhoben. Wieder andere bestanden aus eng verwachsenen, gleichsam eckig behauenen Asten. Die Aste verzweigten sich jedoch nicht beliebig, wie bei Baumen und Strauchern, sondern bildeten entweder den Teil eines Bogens oder stellten zwei entgegengesetzt gewundene Spiralen dar. Die Manner stie?en aber auch auf Konstruktionen, die geneigt waren wie die Trager einer Zugbrucke.

Die meist von Nord wehenden Winde hatten auf allen waagrechten Flachen und dort, wo das Gelande sanft abfiel, Flugsand angehauft, so da? mehrere Ruinen von fern wie gedrungene Pyramiden mit abgeschnittener Spitze wirkten. In der Nahe jedoch zeigte sich, was ihre scheinbar glatte Oberflache in Wirklichkeit war: ein System vergabelter, spitz auslaufender Stangen und Leisten, hier und da so vielfaltig verschrankt, da? in diesem Gestrupp sogar der Sand hangenblieb.

Rohan glaubte, kubische oder pyramidenahnliche Felsreste mit einer abgestorbenen und verdorrten Vegetation vor sich zu haben. Aber auch dieser Eindruck schwand, je mehr er sich naherte: Trotz des Chaos der Zerstorung trat eine Regelma?igkeit zutage, wie sie lebenden Formen fremd ist. Es waren keine richtigen, massiven Ruinen. Durch Ritzen im Metallgestrupp konnte man in sie hineinblicken.

Aber sie waren auch nicht hohl, dieses Gestrupp fullte sie ganz und gar aus. Uber allem lag ein Hauch todlicher Verlassenheit.

Rohan dachte an den Werfer, aber selbst Gewaltanwendung war hier sinnlos, denn es gab ja nichts, wo man hatte eindringen konnen. Der Sturm fegte bei?ende Staubwolken durch die hohen Bastionen. Das gleichma?ige Mosaik der schwarz schimmernden Offnungen war mit Sand gefullt, der fortwahrend herabrieselte und an ihrem Fu?e steile Kegel, eine Art Miniaturlawinen, bildete. Dieses unaufhorliche, trockene Gerausch begleitete sie auf der ganzen Fahrt. Die kreisenden Antennen, die Pendelrohre der eigenbeweglichen Geigerzahler, die Ultraschallmikrofone und die Strahlungsdosimeter schwiegen. Nur das Knirschen des Sandes unter den Radern und das Aufheulen der anlaufenden Motoren war zu horen, als sie die Marschordnung anderten.

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