man sie auf den Karten als »Bismarck-Archipel« bezeichnet.
Pieter Kip fragte Hawkins, unter welchen Umständen und Bedingungen er mit diesem Archipel besonders mit Neuirland, in Handelsverbindung stände.
»Ich war in früherer Zeit, antwortete der Reeder, Korrespondent einer Firma in Wellington auf Neuseeland, die mit Tombara in Geschäftsverbindung stand.
- Also schon vor dem Teilungsabkommen, Herr Hawkins?
- Schon zehn Jahre vorher, Herr Kip. Als dann dieses Haus liquidierte, übernahm ich das Geschäft auf eigene Rechnung. Nach dem 1884 zwischen Deutschland und England abgeschlossenen Vertrage trat ich dann mit den von den deutschen Ansiedlern gegründeten Kontoren in Verbindung. Unser »James-Cook« wurde ausschließlich für diese Reisen ausersehen, die einen steigenden Nutzen abzuwerfen versprachen.
- Hat der Handel seit jenem Vertrage schon an Umfang zugenommen?
- Ganz unleugbar, Herr Kip, und ich glaube, er wird sich auch noch weiter entwickeln. Die teutonische Rasse ist leicht zum Auswandern bereit, wenn das einen reellen Nutzen erwarten läßt.
- Worin besteht die Hauptausfuhr der Inselgruppe?
- In Perlmutter, wovon es hier Überfluß gibt, und da auf diesen Inseln ferner die schönsten Kokosbäume der Welt in großer Menge vorkommen, wie Sie sich selbst bald überzeugen werden, liefern sie reiche Frachten von Koprah, wovon ich in Port-Praslin dreihundert Tonnen einzunehmen denke.
- Und wie hat sich Deutschland seine Oberhoheit über die Inselgruppe gesichert? fragte Karl Kip.
- In sehr einfacher Weise, erklärte Hawkins. Das Reich hat die Inseln an eine Handelsgesellschaft verpachtet, der auch die Rechte einer politischen Behörde zuerteilt sind. Seine eigentliche Herrschaft hat indes tatsächlich keine große Ausdehnung und sein Einfluß auf die Eingebornen ist gegenwärtig noch ziemlich gering. Es begnügte sich bisher, für die Sicherheit der Eingewanderten und für die der Handelsinteressen einzustehen.
- Übrigens, setzte Nat Gibson hinzu, deutet, wie Herr Hawkins schon sagte, alles darauf hin, daß die gedeihliche Entwicklung des Archipels weiter zunehmen wird. Schon jetzt zeigen sich darin große Fortschritte, vorzüglich auf Tombara, das 1616 von dem Holländer Shouten entdeckt worden war. Ja, Herr Kip, einer Ihrer Landsleute war es, der sich zuerst auf diese gefährlichen Meere wagte.
- Ich weiß es, Herr Nat, antwortete Karl Kip. Übrigens hat Holland im melanesischen Gebiete überall seine noch ungetilgten Spuren hinterlassen, und seine Seeleute sind hier wiederholt mit Auszeichnung aufgetreten.
- Ganz richtig, bemerkte Gibson.
- Holland hat sich nur nicht alle seine Entdeckungen zu erhalten vermocht, äußerte Hawkins.
- Nein, das leider nicht. Da es aber die Molukken behauptete, ist ihm davon ein großer Teil verblieben, und es überläßt an Deutschland gern dessen jetzigen Bismarck- Archipel.«
In der Tat war es der Seefahrer Shouten gewesen, der zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Ostküste Neuirlands entdeckt hatte. Die ersten Beziehungen zu den Eingebornen gestalteten sich freilich sehr ungünstig: es kam zu Angriffen durch Piroguen, von denen aus Steine geschleudert wurden und die mit Musketenfeuer abgewiesen werden mußten, so daß die erste Berührung mit den Wilden diesen wohl ein Dutzend Tote kostete.
Nach Shouten war es wieder ein Holländer, Tasman, derselbe, nach dem Tasmanien benannt wurde, das auch den Namen Van Diemensland führt, wiederum nach einem Holländer, nach Van Diemen, der dessen Küste 1643 in Sicht bekam.
Nach ihnen kamen die Engländer, darunter Dampier, dessen Namen auf die Wasserstraße zwischen Neuguinea und Birara übertragen wurde. Dampier nahm die Küste von Norden nach Süden segelnd auf, landete an verschiedenen Stellen davon und mußte auch einmal einen Angriff von Insulanern in einer Bucht abschlagen, die er deshalb die Bucht der Schleuderer nannte.
Im Jahre 1667 besuchte Carteret, wiederum ein englischer Seefahrer, die Südwestküste der Insel, verweilte hier eine Zeitlang im jetzigen Port-Praslin, und später in dem seinen Namen führenden Hafen in der sogenannten Bucht der Engländer.
Bei Gelegenheit seiner Reise um die Erde ankerte auch Bougainville in Port-Praslin, und benannte dieses so zur Ehre des französischen Marineministers, des geistigen Urhebers der ersten Reise um die Erde, die von Franzosen ausgeführt wurde.
Später, 1792, begab sich Entrecasteaux nach der bis dahin unbekannten Westküste der Insel, bestimmte deren Umrisse und blieb eine Woche im Carterethafen liegen.
Endlich führte im Jahre 1823 Duperrey sein Schiff nach dem Praslinhafen, der unter seiner Aufsicht hydrographisch aufgenommen wurde. Er trat auch vielfach mit Eingebornen in Verbindung, die auf Piroguen von dem Dorfe Like-Like herkamen, das an der Ostseite von Neuirland liegt.
Am Vormittage des 18. mußte die Fahrtrichtung der Brigg einige Stunden lang etwas geändert werden. Der Wind, der bis jetzt mit der den Passaten eigenen Stetigkeit geweht hatte, legte sich plötzlich ziemlich vollständig. Die Segel flatterten an den Raaen hin und her und schlugen an die Maste, der »JamesCook« aber steuerte fast gar nicht mehr.
Jeder aufmerksame Kapitän mußte einer solchen Erscheinung Rechnung tragen, und Gibson war vorsichtig genug, sich nicht unvorbereitet überraschen zu lassen.
Eben wies ihn nämlich Karl Kip, der die Blicke über den Horizont schweifen ließ, auf eine im Westen aufsteigende Wolke hin, eine Art Ballon von Dunstmassen mit abgerundeten Seiten, der - das sah man an seinem Größerwerden - offenbar sehr schnell heraufstieg.
»Ja, wir werden eine schwere Bö bekommen, sagte Gibson.
- Die aber nicht lange anhalten dürfte, antwortete Karl Kip.
- Nein, das zwar nicht, sie droht aber sehr heftig zu werden,« meinte der Kapitän.
Auf seinen Befehl ging die Mannschaft sofort an die Arbeit. Bram- und Oberbramsegel, Lee- und Stagsegel wurden binnen einer Minute geborgen, auch das Fock- und das Großsegel sowie die Brigantine wurden aufgegeit. Der »James-Cook« trug nur noch die gerefften Marssegel und das zweite Klüversegel.
Es war die höchste Zeit gewesen. Kaum hatte man die Segelfläche in der angegebenen Weise verkleinert, als die Bö schon mit außerordentlichem Ungestüm losbrach.
Die Matrosen hielten sich an ihrem Posten, der Kapitän stand vor dem Deckhause, und Hawkins, Nat Gibson und Pieter Kip hatten sich nach dem Hinterdeck begeben, während Karl Kip am Ruder stand, und unter seiner Hand wurde der »JamesCook« gewiß mit größter Geschicklichkeit gesteuert.
Als die Bö mit voller Kraft das Fahrzeug packte, wurde dieses natürlich umhergeschleudert, als ob es kentern sollte. Es neigte sich zuweilen so weit nach Steuerbord, daß seine Großraa in das weißschäumende Meer eintauchte. Eine Wendung des Steuers richtete das Schiff wieder auf und hielt es auch in besserer Lage. Statt sich dem Sturmwinde gerade entgegen zu stellen, zog es Gibson vor, mit diesem zu fliehen, da er aus Erfahrung wußte, daß solche Böen wie Meteore vorübergehen und niemals lange anhalten.
Dabei entstand nur die Frage, ob die Brigg nicht etwa bis zu den Salomonsinseln verschlagen oder wenigstens bis in Sicht der Insel Bougainville getrieben würde, bis zur ersten der Gruppe, die sich im Nordosten der Louisiaden erhebt. Diese lag von der jetzigen Brigg nur gegen dreißig Seemeilen
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