uberschutten.

Sein Umhang fing Feuer, woraufhin er ihn wie wild auf den Boden schlug, wahrend er fluchte und spuckte.

Ich war weit genug entfernt. Ich hatte die halbe Strecke zur Tur zuruckgelegt und niemand konnte mich einholen.

Ich druckte Danny fest an mich, doch als ich die Tur erreicht hatte und mich noch einmal umsah, erkannte ich, dass Miller nicht so viel Gluck gehabt hatte.

Mazurewicz war von dem Berg aus Knochen herabgestiegen und hatte ihn zu fassen bekommen. Jetzt hielt er Millers Haare fest und druckte ein langes geschwungenes Messer an dessen Kehle.

»Gehen Sie!«, schrie Miller. »Um Himmels willen, David, gehen

Sie!«

Ich setzte Danny ab und sagte ihm: »Hor gut zu. Du musst zum Haus zurucklaufen. Bleib auf keinen Fall stehen. Kletter uber die Feuerleiter nach oben und steig durch das Dachfenster ins Haus. Dann gehst du sofort nach unten und suchst nach Charity. Du bleibst bei Charity. Ganz egal, was passiert, sprich nicht mit Liz. Liz ist bose. Es ist nicht ihr Fehler, aber sie ist bose. Also bleib bei Charity.«

»David, horen Sie nicht? Sie sollen gehen«, wiederholte Miller.

»Du bleibst aber nicht hier, oder?«, fragte Danny verangstigt.

»Nein, nur noch ein paar Minuten. Und jetzt lauf!«

Danny gab mir einen fluchtigen Kuss auf die Wange, dann rannte er in aller Eile uber den Friedhof und durch den schwefligen Lichtschein. In dem Moment sturmte Brown Jenkin auf mich zu. Sein Umhang qualmte noch immer, wahrend er mit seinen Klauen die Luft zerschnitt und hysterisch schrie.

»Merde-fucker, I rip you to pieces!«

Ich duckte mich und trat ihn so hart ich konnte. Er kreischte auf, und aus seinem Fell regnete es Lause. Ich trat erneut zu, auch wenn es mir so vorkam, als wurde ich ein totes Huhn treten, das in ein Handtuch gewickelt worden war. Brown Jenkin kreischte abermals, doch diesmal trafen seine Klauen mein Bein. Er zerfetzte mein Hosenbein und fugte mir einen gut zehn Zentimeter langen, tiefen Schnitt in meinem Wadenmuskel zu.

In dem Moment verlor ich das Gleichgewicht und sprang nach hinten, wahrend ich fest davon uberzeugt war, dass er mich toten wurde. Mit einem Mal musste ich an Dennis Pickering denken und verlor jeglichen Mut. Ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte, mein gesamtes Nervensystem schien wie gelahmt.

»Bueno, bueno, now 1 cut out your chitterlings, ja?«, kicherte Brown Jenkin und kam langsam naher. Seine gelben Augen verengten sich und seine Klauen schlugen aneinander wie todbringende Kastagnetten.

21. Rituelle Geburt, ritueller Tod

 Durch den Donner und durch das Poltern und Klappern der Knochen, das Brutzeln der toten Kinder und Mazurewicz' Gekicher horte ich eine kraftvolle, drohnende Stimme: »Jenkin! Hor auf! Bring ihn zu mir!«

Brown Jenkin knurrte und versetzte mir einen letzten trotzigen Hieb. Aber offenbar blieb ihm nichts anderes ubrig, als mich zum Altar zu bringen, wo der junge Mr. Billings in seinem weiten wei?en Gewand stand.

Billings sah sehr verandert aus, da sein Haar seit dem letzten Mal, als ich ihn gesehen hatte, vollig wei? geworden war und sein Gesicht von Erschopfung und moralischem Zerfall gezeichnet war. Er sah aus wie ein Mann, der alles gegeben hatte: Leib und Seele.

Er lachelte mich sonderbar an und streckte seine Hand aus, als erwarte er, dass ich sie ergriff und schuttelte.

»Sie haben also nicht auf mich gehort. Sie sind nicht fortgegangen«, sagte er. Seine Stimme war viel rauer geworden, hatte aber nichts von ihrer Autoritat verloren. »Ich wusste, dass Sie nicht gehen wurden. Und jetzt sind Sie genau da, wo ich Sie haben wollte!«

Er tippte sich mit einem Finger an die Stirn. »Psychologie ist schon immer meine Starke gewesen. Ich wollte Sie hier haben, und jetzt sind Sie hier.«

»Woher wussten Sie, dass ich bleiben wurde?«

»Das war doch offensichtlich«, sagte Billings. »Sie haben Liz geliebt, nicht wahr? Verliebte machen immer das Gegenteil von dem, was man ihnen rat. Da Sie hier sind, mussen Sie geblieben sein. Zumindest lange genug, damit Ihre Liz zum dritten Mal schwanger wird, was schlie?lich alles war, was sie von Ihnen wollte. Leider hat ihre Nachkommenschaft nicht uberlebt. Aber naturlich war das Jahr 1992 noch zu schon. Man konnte durchatmen, ohne husten zu mussen. Aber das Hexen-Wesen verlie? sie, als sie starb, und versteckte sich in den Mauern des Fortyfoot House, um schlie?lich einen neuen Wirt zu finden. Eine wirklich nette Maklerin. So ging es dann weiter bis zum heutigen Tag. Jetzt sind wir bereit fur die letzte gro?e Erneuerung.«

Er nahm meine Hand und zog mich hinter sich her zu den Matratzen, auf denen die aufgeblahte Frau lag. Ihr winziges Gesicht starrte mich ausdruckslos an. Ihre Kinn war fettverschmiert, und Fett bahnte sich auch seinen Weg zwischen ihren riesigen Brusten entlang.

»Darf ich vorstellen: Vanessa Charles«, sagte Billings lachelnd. »Ein Fraulein aus Ventnor. Und die erste Hexe in der Geschichte der Menschheit, die es bis zum Schluss geschafft hat. Darum brauchte sie so viele Kinder. Junges Fleisch, das ihren Babys Kraft verleiht! Aber wir haben 2049, und niemand kann noch Kinder bekommen. Es gibt einfach keine Kinder mehr. Darum mussten wir ins Fortyfoot House zuruckkehren und die Kinder aus der Vergangenheit holen.«

Der winzige Mund der Frau offnete und schloss sich unaufhorlich, doch auf einmal hauchte sie: »Na, Trottel. Ich wusste, dass ich dich am Ende doch noch kriegen wurde, du Feigling.«

»Kezia«, flusterte ich.

»Oh ja, Trottel. Und auch Liz. Und alle anderen auch. Und jetzt die reizende Vanessa. Wie war's mit einem letzten Kuss, Trottel?«

Sie gab ein leises Zischen von sich, das ein Lachen darstellen sollte, hielt aber inne, als ihr gewaltiger Bauch plotzlich massiv bebte und das Innere der Kapelle in einen glei?enden Blitz getaucht wurde.

»Bald ist es so weit«, sagte Billings freudig, sah mich dann aber misstrauisch an und fragte: »Sie verstehen doch, dass ich keine andere Wahl hatte, oder?«

»Was soll das hei?en?«, erwiderte ich. Ich konnte meinen Blick nicht von Vanessas wogendem Bauch abwenden, ich konnte nicht anders, als daruber nachzudenken, was die Ursache fur dieses heftige Wogen sein mochte. Ich wollte um keinen Preis dabei sein, wenn das, was sich in ihrem Bauch verbarg, auf die Welt kam.

»Was das hei?en soll? Was das hei?en soll? Glauben Sie, ich wollte, dass all die unschuldigen Kinder abgeschlachtet werden? Sie hatten mich um zwolf Kinder gebeten, mehr nicht. Und die habe ich ihnen gegeben. Warum, habe ich Ihnen gesagt. Ich empfand so tiefes Bedauern, ich habe wirklich versucht, sie aufzuhalten! Darum hatte ich Sie gebeten, Fortyfoot House zu verlassen, damit Liz ihre Schwangerschaft nicht vollenden konnte und die Hexe in ihr sterben wurde. Alle drei Schwangerschaften mussen vom gleichen menschlichen Spender kommen. Sonst sind die Embryos nur wie ein kurzes Erschrecken und sterben, und dann stirbt auch das Hexen-Wesen. Darum ist Vanessa hier die einzige uberlebende Hexe.«

»Wenn ich das gewusst hatte ...«, begann ich.

»Ja, ich hatte mich wohl deutlicher ausdrucken sollen. Ich habe es versucht, Sir, ich habe es versucht. Aber Sie machten das, was Sie wollten!«

Der Boden zitterte, weitere Schadel losten sich aus dem Knochenberg, und Mazurewicz flusterte: »Ich muss sie weiter futtern, es ist fast so weit!«

Billings kehrte zuruck auf den Platz neben dem Altar, auf dem er zuvor gestanden hatte. »Mr. Mazurewicz ist mein Geburtshelfer, nicht wahr, Mr. Mazurewicz? Das ist er schon immer gewesen, wenn Hexen gebaren. Diejenigen, die nichts von den Alten wissen und von der Macht, die sie besa?en ... nun, diejenigen hatten meistens vor Mr. Mazurewicz Angst. Sie wussten uberhaupt nicht,

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