furchteinflo?enden Selbst in seiner Miene zum Vorschein. »Sie werden nicht zuruckkommen. Nie mehr.«
»Frag nicht!«, sagte der Waffenschmied mit unbewegtem Gesicht. »Vertrau mir, du willst es nicht wirklich wissen.«
»Arme Alex!«, sagte ich, und ich meinte es.
»Was genau hat dir diese Alex-Person eigentlich bedeutet?«, wollte Molly wissen.
»Es war eher … was sie hatte bedeuten konnen«, erklarte ich. »Wenn sich die Dinge anders entwickelt hatten.«
»Oh …«, machte Molly. »Jau. Solche Beziehungen hatte ich viele.«
Ich blickte sie einen Moment lang an. »Ich werde nicht fragen«, sagte ich schlie?lich.
»Ist auch besser so«, stimmte sie mir zu.
Und dann, endlich, blickte ich den Waffenschmied an, meinen Onkel Jack, und sagte das Eine, wovor ich mich gedruckt hatte, das Eine, wovon ich wusste, dass ich es wurde sagen mussen, seit ich ihn durch die Tur hatte kommen sehen. »Es tut mir leid, Onkel Jack. Es tut mir wirklich leid, aber … Onkel James ist tot.«
»Ich wei?«, sagte der Waffenschmied. »Du hattest nichts anderes tun konnen, Eddie. James hatte dir keine andere Wahl gelassen. Fur ihn kam die Familie immer an erster Stelle. Und er konnte nie nein zu Mutter sagen.«
»Er hatte mich eigentlich auf der Autobahn toten sollen«, sagte ich. »Aber er lie? mich gehen. Gab mir eine Chance … ermoglichte all dies.«
»Schon fur ihn«, meinte der Waffenschmied. »Vielleicht wurde er endlich erwachsen. So, der Graue Fuchs ist tot … Gute Barkeeper und schlechte Frauen in Bars auf der ganzen Welt werden bittere Tranen vergie?en, wenn sich die Nachricht verbreitet.«
Es war sinnlos, ihm zu erzahlen, dass es eigentlich Molly gewesen war, die meinen Onkel James getotet hatte. Die Familie wurde schon genug Probleme haben, sie zu akzeptieren, nach allem, was passiert war.
Jacob fixierte mich mit festem Blick. »Du musst dich an die Familie wenden, Eddie. Hier und jetzt! Erklar ihnen, was los war; sie mussen die Wahrheit erfahren. Ich werde sie hierherzitieren, und du kannst ihnen erzahlen, was getan werden muss, um die Familie wieder zu einen.«
»Was? Ich wei? gar nicht, was ich ihnen sagen soll!«
»Du wirst dir etwas einfallen lassen«, tat der Waffenschmied meinen Einwand ab. »Du musst das Kommando ubernehmen, Eddie! Die Veranderung durchboxen, bevor die alte Garde wieder die Kontrolle ubernimmt!«
»Augenblick mal!«, sagte ich schnell. »Ich wollte nie auch nur ein regularer Teil der Familie sein, geschweige denn ihnen erzahlen, wie sie ihren Betrieb fuhren mussen! Ich habe die erste Gelegenheit ergriffen, von zu Hause auszurei?en, schon vergessen?«
»Tja, diesmal kannst du nicht ausrei?en«, meinte der Waffenschmied. »Nicht nach dem ganzen Arger, den du gemacht hast. Du hast unsere Verteidigungsanlagen zerschlagen, das Herrenhaus in Trummer gelegt, die Kampfer der Familie demoralisiert, das Herz zerstort und allen die Torques weggenommen! Du hast die Pflicht, den Schaden, den du angerichtet hast, wiedergutzumachen.«
»Aber -«, setzte ich an.
»Nur du kannst ihnen die Wahrheit sagen«, erklarte Jacob.
»Es ist das, was dein Onkel James gewollt hatte«, fugte der Waffenschmied ernst hinzu.
Ich starrte ihn wutend an. »Ich wusste gar nicht, dass du so bewandert in emotionaler Erpressung bist!«
Er grinste. »Liegt in der Familie.«
Und dann fuhren wir alle zusammen und erschauderten, denn Jacob nahm seine totenahnliche Erscheinung wieder an. Seine gespenstische Prasenz erfullte den Raum, kalt und abweisend und nur entfernt menschlich, machtvoll jenseits aller Vorstellungskraft, jetzt, da er nicht mehr langer an die Beschrankungen des Lebens gebunden war. Seine Stimme breitete sich im gesamten Herrenhaus aus und befahl allen Familienmitgliedern, sich im Sanktum einzufinden. Unverzuglich, keine Ausnahmen, keine Ausfluchte. Ich bekam nur die au?ersten Auslaufer der gespensterhaften Vorladung ab, und das war immer noch genug, um mich auf meinen Fu?en schwanken zu lassen. Die schiere Macht in Jacobs Stimme war wie nichts auf dieser Welt. Niemand in der Familie wurde es wagen, sich zu widersetzen.
Und schon bald kamen sie durch die gro?e Doppeltur in den gewaltigen leeren Raum des Sanktums gestromt, einzeln und zu zweien, dann in Gruppen und schlie?lich in Massen, bis sich eine stete Flut von verwirrten Droods durch die beiden Turoffnungen drangte. Viele unter ihnen blickten immer noch ganz entgeistert wegen des plotzlichen Verlusts ihrer Torques. Zum ersten Mal in ihrem Leben fuhlten sie sich vollig wehrlos und verwundbar, und sie hatten Trost und Antworten bitter notig. Schnatternd und laut rufend kamen sie herein, nur um augenblicklich in Murmeln und Raunen zu verfallen, als sie sahen, wer sie erwartete: der Vogelfreie der Familie, das Gespenst der Familie, der blutverschmierte Waffenschmied und die beruchtigte Molly Metcalf. Welche Antworten sie hier auch erhalten mochten, sie wurden bestimmt nicht besonders beruhigend sein. Immer noch stromten sie unaufhorlich ins Sanktum, Haus-Droods und Sicherheits-Droods, Forscher und Planer und Hauspersonal und alle anderen Mitglieder der Familie. Bis hin zu einigen Kindern mit extrem weit aufgerissenen Augen, die kleinsten darunter getragen auf den Armen ihrer Eltern. Das Sanktum fullte sich von Wand zu Wand mit Droods, die sich Schulter an Schulter drangten, wahrend weitere durch die Eingange hereinguckten.
»Fang an«, forderte der Waffenschmied mich auf, »bevor noch jemand in der Menge erdruckt wird!«
Ich schaute Molly an, und sie beschwor eine unsichtbare Plattform fur uns vier herauf, auf die wir uns stellten, und hob sie dann mehrere Fu? in die Hohe, sodass alle mich sehen und horen konnten.
»Es ist hilfreich, dass alle zu uns aufsehen mussen«, raunte sie mir ins Ohr. »Verschafft uns einen psychologischen Vorteil. Und jetzt leg los; versprich ihnen Brot und Spiele oder so was!«
»Apropos sehen«, meinte der Waffenschmied ein klein wenig gereizt. »Konntest du den Randern dieser verdammten Plattform vielleicht ein bisschen Farbe geben, damit einige unter uns sehen konnen, wo die Saudinger sind? Man konnte ziemlich tief fallen, und einige unter uns fuhlen sich im Moment ein bisschen zerbrechlich!«
Unvermittelt leuchteten die Rander der Plattform grellsilbern auf. Sie waren viel naher, als mir klar gewesen war.
Der Raum war jetzt zum Bersten voll und auch vor den geoffneten Turen drangten sich noch Droods. Das Gemurmel drohte standig zu mehr auszuarten, tat es jedoch nicht, denn jedes Mal, wenn jemand anfing, die Stimme zu heben, musste er feststellen, dass Jacob ihn anfunkelte, und plotzlich uberlegte er es sich anders und brachte kein Wort mehr heraus. Ganzlich verstummte die Menge, als schlie?lich die Matriarchin eintraf und sich ihren Weg ins Sanktum bahnte. Alle machten so viel Platz, wie sie konnten, um sie vorbeizulassen. Sie erreichte die vorderste Reihe der Menschenmenge und starrte wutend zu mir auf meiner Plattform hoch. Statt Alistair stand der Seneschall an ihrer Seite. Sein Gesicht war geschwollen und voller blauer Flecken, doch sein Blick war kalt und direkt wie immer. Ich nickte der Matriarchin zu.
»Hallo, Gro?mutter. Wie geht es Alistair?«
»Er lebt. Gerade so. Er ist in der Krankenstube; sie versuchen, sein Gesicht zu retten.«
»Er hat mich uberrascht«, sagte ich, wobei ich mir der Tatsache bewusst war, dass jeder im Sanktum an unseren Lippen hing. »Am Ende war er ein guter Mann und treu.«
»Das habe ich immer gewusst«, erwiderte die Matriarchin. »Er hat der Familie gedient - anders als du. Was hast du uns angetan, Eddie?
»Deshalb seid ihr alle hier«, sagte ich. »Um endlich die Wahrheit zu erfahren.« Ich lie? meinen Blick uber die Menge schweifen, uber all die verwirrten, verangstigten, verzweifelten Gesichter. »Ihr seid hier, um die Wahrheit zu erfahren uber alles, was geschehen ist. Alles, was vor euch verborgen wurde, durch all die Jahrhunderte des Bestehens dieser Familie hindurch. Die Geheimnisse, die nur ein Drood euch verraten kann.«
»Wir kennen dich«, sagte eine weiblich Stimme tief in der Menge. »Aber was hat die beruchtigte Molly Metcalf da oben bei dir zu suchen?«
Ein allgemeines Raunen der Zustimmung folgte dieser Frage, das schnell verebbte, als Molly mit den Fingern schnippte und die Frau in der Menge laut quiekste, weil all ihre Kleider plotzlich verschwunden waren. Molly lachelte zuckersu? in die Menge.
»Sonst noch Fragen? Ich liebe es, Fragen aus der Menge zu beantworten!«
Und wahrend die Menge still war, erzahlte ich ihnen alles.