(und ich hatte keinen Grund, ihm nicht zu glauben), dann hatte der heute kaum noch bekannte, früher jedoch ausgesprochen populäre Filmschauspieler Oleg Strishenow mit ihm gesprochen.

»Oleg Strishenow«, schnaubte Timur Borissowitsch. »Jung und schön. Ich habe schon geglaubt, mit meinem Kopf stimme irgendetwas nicht. Doch er hat mir mitgeteilt, das sei bloß eine Maskierung… eine Maske…«

Natürlich. Geser hatte noch so viel Verstand besessen, sich zu maskieren. Hm… das erhöhte vielleicht unsere Chancen!

Ich wurde wieder etwas zuversichtlicher. »Fahren Sie fort«, verlangte ich. »Was passierte dann? »

»Dieser Tiermensch«, berichtete Timur Borissowitsch, unfreiwillig all unsere Begriffe verwechselnd, »hat mir bei einer Sache sehr geholfen. Ich war da in eine unangenehme Geschichte hineingeraten… durch puren Zufall. Wenn er mir nicht bestimmte Dinge gesagt hätte, läge ich jetzt nicht hier. »

»Er hat Ihnen also geholfen?«, hakte ich nach.

»Und wie«, nickte Timur Borissowitsch. »Natürlich wurde dadurch meine Neugier geweckt. Irgendwann haben wir uns unterhalten… ganz offen. Wir haben uns an das alte Taschkent erinnert, über alte Filme geplaudert… Dann hat mir dieser falsche Strishenow von den Anderen erzählt. Er hat behauptet, mit mir verwandt zu sein. Deshalb würde er mir gern jeden nur denkbaren Gefallen erweisen. Einfach so, ohne jede Gegenleistung. »

»Und?«, wollte ich weiter wissen.

»Ich bin schließlich kein Dummkopf.«Timur Borissowitsch zuckte mit den Schultern. »Einen goldenen Fisch sollte man nicht um drei Wünsche bitten, sondern um Allmacht. Oder schlimmstenfalls um ein Bassin mit goldenen Fischen. Ich habe ihn gebeten, aus mir ebenfalls einen Anderen zu machen. Daraufhin fing der so genannte Strishenow an herumzudrucksen und wand sich wie ein Fisch in der Pfanne. Er behauptete, das ginge nicht. Doch ich spürte, dass er log. Es ging! Deshalb habe ich ihn gebeten, sich etwas einfallen zu lassen und mich doch zu einem Anderen zu machen…«

Er log nicht. Nicht bei einem Wort. Sondern sagte einfach nicht alles.

»Sie können kein Anderer werden«, erklärte ich. »Sie sind ein gewöhnlicher Mensch. Es tut mir leid, aber Sie werden nie ein Anderer.«Timur Borissowitsch schnaubte erneut.

»Das ist… Das ist eine Frage der Gene, wenn Sie so wollen«, erklärte ich. »Timur Borissowitsch, ist Ihnen klar, dass Ihr Verhandlungspartner aus bestimmten Gründen in eine Fallegeraten war? Dass er seinen Vorschlag unglücklich formuliert hat und jetzt gezwungen ist, etwas Unmögliches zu vollbringen?«

Daraufhin konnte mein selbstsicheres Gegenüber nur schweigen.

»Sie haben es gewusst«, schlussfolgerte ich. »Ich sehe doch, dass Sie es gewusst haben. Und trotzdem haben Sie diese Forderung gestellt?«

»Ich habe Ihnen doch bereits gesagt, dass es möglich ist, das zu machen!«, widersprach Timur Borissowitsch mit erhobener Stimme. »Das spüre ich! Ich spüre nicht schlechter als Sie, wenn jemand lügt! Und ich habe niemanden bedroht, sondern nur um etwas gebeten!«

»Vermutlich ist Ihr Vater an Sie herangetreten!«, sagte ich. »Ist Ihnen das klar?«

Timur Borissowitsch erstarrte in seiner sprudelnden Jacuzzi zur Salzsäule.

»Er wollte Ihnen in der Tat helfen«, sagte ich. »Aber das kann er nicht. Ihre Forderung bringt ihn im wörtlichen Sinne um. Begreifen Sie das?«Timur Borissowitsch schüttelte den Kopf.

»Er hat Ihnen ein viel zu vage formuliertes Versprechen gegeben«, sagte ich. »Sie haben ihn jedoch beim Wort genommen. Wenn er das gegebene Wort nicht einhält, stirbt er. Ist Ihnen das klar? »

»Ist das bei Ihnen so üblich?«

»Das hängt mit der Kraft zusammen«, erwiderte ich. »Jedenfalls bei den Lichten.«

»Wo war er denn früher, mein Papa…«, fragte Timur Borissowitsch mit deutlicher Wehmut in der Stimme. »Er ist doch noch immer jung, oder? Warum kommt er erst jetzt, wo meine Enkel schon verheiratet sind? »

»Glauben Sie mir, er konnte nicht«, versicherte ich. »Und vermutlich wusste er gar nichts von Ihnen. Das kann vorkommen. Aber jetzt bringen Sie ihn um. Ihren eigenen Vater.«Timur Borissowitsch schwieg.

Während ich triumphierte. Denn dieser in der Jacuzzi liegende Geschäftsmann war kein ausgemachtes Schwein. Und das Wort»Vater«bedeutete für ihn, der er im Orient aufgewachsen war, viel. Trotz allem.

»Sagen Sie ihm, dass ich… meine Bitte zurückziehe…«, murmelte Timur Borissowitsch. »Wenn er nicht will… ach, zum Teufel mit ihm… Er hätte doch einfach vorbeikommen und offen mit mir über alles sprechen können. Es gibt doch keinen Grund, dafür einen seiner Angestellten zu schicken.«

»Sind Sie sicher, dass ich einer seiner Angestellten bin?«, hakte ich neugierig nach.

»Ja. Ich weiß nicht, wer mein Vater ist. Aber in Ihrer Wache wird er schon nicht das kleinste Rädchen sein.«

Ich hatte es geschafft! Ich hatte das Damoklesschwert, das über Geser hing, abgenommen.

Ob er mich deswegen ins Assol geschickt hatte? Ob er wusste, dass mir das gelingen würde?

»Ich habe noch eine Bitte, Timur Borissowitsch«, schmiedete ich das Eisen, solange es noch heiß war. »Sie müssen für einige Zeit die Stadt verlassen. Es sind gewisse Umstände bekannt geworden… Ihre Spur haben noch weitere Andere aufgenommen. Darunter auch die Dunklen. Sie werden Schwierigkeiten bekommen, aber… aber auch Ihr Vater.«

Abrupt setzte sich Timur Borissowitsch in der Wanne hoch. »Wollen Sie mir nun auch vorschreiben, was ich zu tun habe?«, fragte er.

»Ich könnte es Ihnen befehlen«, erklärte ich. »Genauso leicht, wie ich Ihre Bodyguards ausgeschaltet habe. Sie würden ohne Hosen zum Flughafen stürzen. Aber ich bitte Sie, Timur Borissowitsch. Sie haben bereits einen guten Schritt getan, indem Sie der Rücknahme Ihrer Forderung zugestimmt haben. Machen Sie jetzt auch den nächsten Schritt. Ich bitte Sie.«

»Sie wissen, welche Meinung man sich von einem Geschäftsmann macht, der urplötzlich Gott weiß wohin verschwunden ist? »

»Ich kann es mir denken.«

Timur Borissowitsch grunzte und wirkte von einer Sekunde zur nächsten viel älter. Ich schämte mich. Doch ich wartete. »Ich möchte gern… mit ihm reden.«

»Ich glaube, das lässt sich machen«, stimmte ich kurzerhand zu. »Aber zunächst müssen Sie verschwinden. »

»Drehen Sie sich um«, brummte Timur Borissowitsch.

Gehorsam drehte ich mich um. Aus irgendeinem Grund war ich mir sicher, nicht gleich eins mit der verchromten Seifenschale über den Schädel gezogen zu bekommen.

Und dieses durch nichts zu rechtfertigende Vertrauen rettete mich.

Denn ich sah durchs Zwielicht auf die Wand, um mich zu überzeugen, dass die beiden Bodyguards noch friedlich vor der Tür schlummerten. Dabei bemerkte ich einen flinken Schatten. Einen Schatten, der zu flink für einen Menschen war.

Außerdem ging dieser Schatten durch Wände. Nicht mit den gewöhnlichen Schritten eines Anderen, sondern mit dem huschenden Gang eines Vampirs.

Als Kostja das Badezimmer betrat, hatte ich meinem Gesicht bereits wieder einen ruhigen und amüsierten Ausdruck gegeben. Wie es sich für einen Lichten Wächter gehört, der vor einem Dunklen am Ort des Geschehens eingetroffen ist.

»Du«, sagte Kostja. Im Zwielicht stieg von seinem Körper feiner Dampf auf. Vampire sehen überhaupt in der Zwielicht-Welt anders aus, doch Kostja hatte noch viel von einem Menschen. Erstaunlich viel für einen Hohen Vampir.

»Natürlich«, sagte ich. Die Töne schienen in feuchte Watte gepackt. »Warum bist du hierher gekommen?«

Kostja zögerte. »Ich habe gespürt, dass du Kraft einsetzt«, antwortete er dann ehrlich. »Du musstest also etwas gefunden haben… Jemanden.«

Er blickte zu Timur Borissowitsch hinüber. »Ist das unser Erpresser?«, fragte er.

Es hätte keinen Sinn gehabt, jetzt zu lügen. Oder den Geschäftsmann zu

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