eingedruckt worden war, konnte das Wasser schnell wieder abflie?en, was die Jacht vor dem endgultigen Untergang bewahrte.

»Moko!.. . Moko!« rief Briant.

»Ist er etwa ins Meer gespult worden?« fragte Doniphan.

»Weit und breit keine Spur«, sagte Gordon. »Wir mussen ihm eine Rettungsboje oder Stricke zuwerfen.«

»Hierher! Zu Hilfe!« horte man die Stimme des Schiffsjungen. »Moko!... Moko!«

»Er ist auf dem Vorderschiff!«

Briant tastete sich uber das Deck und rief wieder Mokos Namen. Aber diesmal kam keine Antwort. War Moko durch eine neue Welle uber Bord geschleudert worden? Da drang wieder ein schwacher Hilferuf zu Briant, der zum Gangspill eilte, in dessen Fu? das Ende des Bugspriets eingelassen war. Hier lag Moko eingeklemmt, ein Hi?tau drohte ihn zu strangulieren. Briant ri? schnell sein Messer heraus und schnitt das Hanftau durch. Moko wurde nach hinten gebracht.

»Danke, Herr Briant, danke«, sagte er, nachdem er den ersten Schrecken uberwunden hatte. Dann nahm er seinen Platz am Steuerrad wieder ein. Alle 4 banden sich fest, um gegen neu hereinbrechende Wasserwande gesichert zu sein.

Entgegen Briants Annahme hatte sich die Geschwindigkeit der Jacht doch etwas vermindert, seitdem vom Focksegel nur noch Fetzen ubrig waren. Darin lag eine gro?e Gefahr: die jetzt schneller als die Sloughi laufenden Wellenberge konnten uber das Heck schlagen und das Schiff mit Wasser fullen.

Auf der sudlichen Halbkugel der Erde entspricht der Marz dem September der nordlichen Kugelhalfte, die Nachte sind noch nicht sehr lang. Es war jetzt etwa 4 Uhr fruh, lange konnte es nicht mehr dauern, bis sich der Horizont im Osten, und dahin trieb die Sloughi, aufhellte. Vielleicht nahm die Sturmstarke gegen Morgen etwas ab, vielleicht kam dann auch Land in Sicht. Gegen 4.30 Uhr sah man einen schwachen Lichtschein am Horizont. Aber der Dunstschleier beschrankte die Sicht auf eine Viertelmeile, noch konnte man nichts genau erkennen. Die 4 Knaben betrachteten regungslos das Chaos der durcheinanderwirbelnden Fluten. Sie ahnten, da? sich ihre Lage sehr rasch verschlechtern mu?te, wenn sich der Ozean nicht bald beruhigte. Weitere 24 Stunden wurde die Jacht dem Ansturm der Wellen nicht gewachsen sein.

Da ertonte plotzlich Mokos Stimme:

»Land in Sicht!!!«

»Land?« fragte Briant unglaubig.

»Dort im Osten«, beharrte Moko, der durch einen Nebelspalt die Umrisse einer Kuste zu erkennen glaubte. Er wies dabei auf einen Punkt am Horizont, den die sich aufbaumenden Wogen sofort wieder verdeckten.

»Bist du sicher?« fragte Doniphan.

»Ganz sicher. Wenn der Nebel wieder aufrei?t, mu?t ihr etwas nach rechts vom Fockmast... da ... Achtung, da unten!«

Die Nebelmassen losten sich allmahlich von der Meeresoberflache. Wenige Augenblicke war der Ozean klar zu ubersehen.

»Land! Das ist Land!« rief Briant.

»Allerdings sehr niedrig!« setzte Gordon hinzu. Jetzt konnte kein Zweifel mehr bestehen. Auf einer breiten Strecke des Horizontes zeichnete sich deutlich Land ab, ob Kontinent oder Insel war allerdings jetzt noch nicht auszumachen. Die Linie mochte ungefahr 5 bis 6 sm von der Sloughi entfernt sein. In etwa einer Stunde mu?te sie bei diesen Windverhaltnissen dort auflaufen. Wurde sie von vorgelagerten Klippen zertrummert werden? In diesem Augenblick begann der Wind wieder starker zu wehen, die Sloughi wurde leicht wie eine Feder fortgetragen. Hinter dem Strand, soviel konnte man erkennen, erhob sich ein hoheres Ufergelande. Das Schiff mu?te, wollte es nicht ganz zerschellen, zwischen der felsigen Brandung hindurch auf den Sandstrand gelangen. Wahrend Doniphan, Gordon und Moko am Steuer blieben, hatte sich Briant nach vorne begeben und betrachtete das sich sichtlich nahernde Land. Es war hochste Vorsicht geboten, sonst wurde die Sloughi auf dem ersten Felsen in Stucke gehen. Jedenfalls war es besser, die Kinder an Deck zu holen. Briant offnete die Tur zum Salon und rief hinunter :

»Alle an Deck, schnell an Deck!«

Die Kinder kamen sofort herauf, die Kleinsten stie?en beim Anblick der Wellenberge entsetzliche Angstschreie aus. Kurz vor 6 Uhr war die Sloughi bis an den Rand des Klippengurtels herangekommen.

»Jetzt festhalten!« rief Briant. »Alle Mann festhalten!«

Schon machte sich ein erster Sto? fuhlbar. Von einer Welle gehoben, wurde die Sloughi uber den Felsen weggetragen, endlich blieb sie, nach Backbord geneigt, mitten in der brodelnden Brandung liegen. Der Strand war eine 1/4 sm entfernt.

2

Da die Nebelwand gewichen war, konnte man jetzt nach allen Seiten gut Ausschau halten. Die Wolken flogen mit rasender Geschwindigkeit am Himmel hin, der Sturm hatte sich noch immer nicht gelegt. Die Situation der Sloughi war augenblicklich nicht weniger beangstigend als in der voraufgegangenen Nacht, die Kinder mu?ten sich auch hier verloren glauben, wenn eine Woge uber die Schanzkleidung schlug und sie alle uberspulte. Die Wucht der Brecher war zudem noch harter, da das Schiff sich kaum mehr bewegen und auch gar nicht mehr nachgeben konnte, die Sloughi krachte bei jedem Wogenschlag in allen Fugen. Briant und Gorden waren nach unten gegangen, um sich zu uberzeugen, da? noch kein Wasser in den Rumpf eindrang. Sie beruhigten vor allem die kleinsten unter den Kindern.

»Keine Angst«, wiederholte Briant immer wieder, »die Jacht ist solide gebaut und au?erdem ist der Strand nicht sehr weit. Wir werden ihn schon erreichen!«

»Auf was warten wir denn noch?« fragte Doniphan.

»Ja, warum eigentlich?« setzte Wilcox hinzu. »Doniphan hat recht!«

»Der Seegang ist noch zu schwer!«

»Und wenn alles in Stucke geht?« fragte Webb, der mit Wilcox etwa gleichaltrig war.

»Warten wir die Ebbe ab. — Sobald das Wasser zuruckgeht, werden wir mit unserer Rettung beginnen.«

Obwohl die Gezeiten im Stillen Ozean verhaltnisma?ig schwach auftreten, so ist doch der Hohenunterschied des Wasserspiegels nicht unbetrachtlich. Es war deshalb gut, noch einige Stunden abzuwarten, zumal dann ja auch der Wind vielleicht abflaute. Wenn die Ebbe auch nur einen geringen Teil der Klippen trockenlegte, wurde es leichter sein, die letzte 1/4 sm bis zum Strand zu uberwinden.

Obwohl Briants Rat vernunftig war, zeigten sich Doniphan und 2 oder 3 andere nicht geneigt, ihm zu folgen. Sie traten auf dem Vorderdeck zusammen und tuschelten miteinander. Es schien, als wollten sich Doniphan, Wilcox, Webb und Cro? mit Briant nicht verstandigen. Wahrend der langen Fahrt hatten sie sich noch seinen Befehlen gebeugt, weil Briant, wie gesagt, einige nautische Kenntnisse besa?, aber jetzt, da man festsa?, wollten sie sich auf alle Falle ihre Handlungsfreiheit zuruckerobern. Die Eifersucht zwischen den beiden bestand schon seit langem, der eine war Franzose, der andere Englander — so was geht nie gut. Doniphan und die anderen betrachteten das schaumende, von Strudeln und Stromungen aufgewuhlte Wasser. Auch ein geubter Schwimmer hatte diesem Seegang nicht zu widerstehen vermocht, Briants Ratschlag rechtfertigte sich also von selbst. Doniphan und seine Freunde gingen wieder zu den ubrigen Kindern nach hinten. Da sagte Briant zu Gordon und einigen anderen, die um ihn herumstanden :

»Wir durfen uns auf keinen Fall trennen. Entweder alle bleiben zusammen oder alle sind verloren!«

»Willst du uns weiterhin Vorschriften machen?« mischte sich da Doniphan ein.

»Ich nehme mir nicht mehr heraus, als in dieser Lage bitter notwendig ist.«

»Briant hat recht«, erklarte Gordon, ein ernster und schweigsamer Knabe, der nie unuberlegt sprach.

Auch die Kleinen stimmten Gordon und Briant zu. Doniphan erwiderte nichts mehr, doch hielten sich er und

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