heiraten?«
»Sie glauben doch nicht etwa, da? sie ihn liebt?«
»Ihn nicht, jedoch seine soziale Stellung. Und als au?erordentlich schone und sehr ehrgeizige Frau wird sie ihre neue Rolle mit aller Sorgfalt spielen. Nein, eine Katastrophe ist diese Heirat nicht. Der junge Mann hatte ganz leicht ein Madchen seiner Kreise heiraten konnen, das ihm das Jawort aus denselben Grunden wie Jane Wilkinson gegeben haben wurde, aber kein Mensch hatte dann ein Aufheben davon gemacht. Und wenn er ein Madchen heiratet, das ihn leidenschaftlich liebt - bedeutet das denn solch einen gro?en Vorteil? Eine verliebte Frau fuhrt Szenen der Eifersucht auf, macht den Mann lacherlich, verlangt, da? er ihr all seine Zeit und Aufmerksamkeit widmet. Ah non, es ist kein Bett von Rosen.«
»Poirot, Sie sind ein unverbesserlicher Zyniker!«
»Mais non, mon cher, ich ergehe mich nur in Betrachtungen. Aber eigentlich stehe ich auf der Seite der guten Mama.«
Wie sollte ich da ernst bleiben, wenn man in bezug auf die kalte, hochmutige, stolze Herzogin ein solches Wort anwendete?
Doch Poirot lachte nicht, ihn verstimmte sogar meine Heiterkeit.
»Lassen Sie das Kichern, Hastings«, sagte er. »Dafur ist das Ganze zu wichtig. Ich mu? nachdenken ... Haben Sie bemerkt, wie gut unterrichtet die Frau war? Und wie rachsuchtig? Sie kannte das ganze Material, das gegen Jane Wilkinson spricht. Woher aber kannte sie es?«
»Jane erzahlte es dem Herzog; der Herzog erzahlte es ihr. Hochst einfach.«
»Dennoch .«
Die grelle Telefonklingel fiel ihm ins Wort.
Ich ging zum Apparat hinuber, und bei dem Gesprach, das sich nun entwickelte, beschrankte sich meine Rolle darauf, in einigen Abstanden ja zu sagen. Schlie?lich legte ich den Horer nieder und wandte mich aufgeregt an Poirot.
»Das war Japp. Erstens sind Sie gewohnlich ein findiger Kopf. Zweitens hat er ein Kabel aus Amerika erhalten. Drittens trieb er den Chauffeur auf. Viertens bittet er Sie, schnell zu ihm zu kommen und der Vernehmung des Mannes beizuwohnen. Funftens sind Sie abermals ein findiger Kopf, und sechstens hat er sich davon uberzeugt, da? Sie mit Ihrer Meinung, es stecke ein Mann hinter dem Ganzen, den Nagel auf den Kopf getroffen hatten . Leider verabsaumte ich, ihm mitzuteilen, da? wir soeben von einer Besucherin erfuhren, wie ungeheuerlich die Korruption bei der Polizei sei.« »Sieh da! Japp hat sich endlich uberzeugen lassen«, murmelte Poirot. »Und gerade in dem Augenblick, da ich selbst von dieser Theorie etwas abrucke und mir eine andere aufbaue.«
»Welche?«
»Da? der Beweggrund zum Mord moglicherweise gar nicht Lord Edgware selbst betrifft: Stellen Sie sich vor, jemand ha?te Jane Wilkinson so gluhend, da? er sie gern wegen Mordes sogar am Galgen baumeln sehen wurde. C'est une idee, 9a!«
Er seufzte - ri? sich dann aus seinen Gedanken los:
»Kommen Sie, Hastings, wir wollen horen, was Japp uns zu verkunden hat!«
»Fein, da? Sie da sind!« sagte Inspektor Japp und unterbrach bei unserem Eintritt das Verhor des alteren Mannes mit struppigem Schnurrbart und Brille. »Die Dinge entwickeln sich. Hier, der Jobson bekam in der Nacht des 29. Juni in Long Acre zwei Fahrgaste.«
»Jawohl«, bestatigte der Genannte mit heiserer Stimme. »Eine schone Nacht war es. Mondschein und alles, was man sich nur wunschen kann. Die junge Dame und der Herr riefen mich bei der Untergrundbahn an.«
»Waren sie in Abendkleidung?«
»Ja. Der Herr in wei?er Weste und die junge Dame ganz in Wei?, mit Blumen oder Vogeln darauf gestickt. Ich glaube, sie kamen aus der Koniglichen Oper.«
»Um wieviel Uhr?«
»Ein bi?chen vor elf.«
»Und weiter?«
»Ich sollte sie nach Regent Gate fahren, befahlen sie mir, aber moglichst rasch. Das sagen die Leute immer. Als ob uns daran lage, wie eine Schnecke zu kriechen! Je schneller wir einen Fahrgast loswerden, desto eher konnen wir einen anderen nehmen, und weiter wollen wir doch nichts. Doch daran denken die Herrschaften nicht. Wenn's aber einen Unfall gibt, dann kriegt man unsereinen noch wegen unsinnigen Fahrens beim Kragen.«
»Das durfen Sie sich denken«, unterbrach ihn Japp ungeduldig. »Oder gab's in jener Nacht etwa einen Unfall?«
»Nein«, brummte der Mann murrisch, weil er den Bericht nicht abfassen konnte, wie es ihm beliebte. »Nein, ich kam ganz ohne Zwischenfall in knapp sieben Minuten nach Regent Gate.
Und dort klopfte der Herr an die Scheibe, so da? ich anhielt. So ungefahr bei Nummer 8. Dann stiegen der Herr und die Dame aus; der Herr blieb stehen und hie? mich warten, wahrend die Dame uber den Fahrdamm ging und an der gegenuberliegenden Hauserreihe entlangschritt. Den Rucken mir zugekehrt, sah der Herr ihr nach. Hatte beide Hande in den Taschen. Vielleicht funf Minuten spater horte ich ihn etwas sagen - ich glaube, es war nur ein Ausruf, und dann ging er gleichfalls davon. Ich behielt ihn im Auge, weil ich nicht um das Fahrgeld geprellt werden wollte, sah, wie er druben die Stufen zu einem der Hauser hinaufstieg und in der Haustur verschwand.«
»Stand die Tur denn offen?«
»Nein, er hatte einen Schlussel.«
»Wissen Sie die Hausnummer?«
»17 oder 19, denke ich. Warum, zum Kuckuck, lie? man mich denn warten, wenn sie beide ins Haus gingen . ? Und mi?trauisch behielt ich die Tur im Auge. Nach weiteren funf Minuten kamen der Herr und die Dame zusammen wieder heraus, stiegen ins Auto und wollten nach der Covent Garden Oper zuruckgefahren werden. Kurz vorher lie?en sie mich halten und bezahlten mich. Bezahlten mich sogar uberreichlich, alles, was recht ist. Aber nun habe ich ihretwegen doch noch Scherereien, scheint mir.«
»Sehen Sie sich mal diese Bilder an, und sagen Sie mir, ob die junge Dame sich darunter befindet«, forderte Japp ihn auf.
Ein halbes Dutzend Fotografien mochte es sein, alle einen ziemlich gleichartigen Menschentyp darstellend.
»Das war sie«, erklarte Jobson, und sehr entschieden deutete sein derber, olbeschmutzter Zeigefinger auf ein Bild Geraldines in Abendtoilette.
»Sicher?«
»Ganz sicher. Bleich war sie und dunkel.« »Jetzt suchen Sie den Mann.«
Eine weitere Reihe Fotografien wurde ihm ausgehandigt, die er grundlich musterte und dann mit einem Kopfschutteln zuruckgab. »Kann ich nicht genau sagen. Von diesen beiden konnte es einer sein.«
Eines der Bilder stellte Ronald Marsh dar, aber Jobson hatte es ubergangen; immerhin bestand eine entfernte Ahnlichkeit zwischen den beiden Kopfen, die der Mann herausgegriffen hatte, und dem neuen Lord Edgware.
Der Inspektor entlie? Jobson und warf die Bilder mi?mutig in eine Schublade.
»Das kommt davon, weil ich nur eine sieben oder acht Jahre alte Fotografie des glucklichen Erben aufgabeln konnte. Naturlich ware mir eine genaue Feststellung seiner Person lieber gewesen, aber auch so liegt die Sache klipp und klar. Pardauz, da gingen ein paar anscheinend blitzsaubere Alibis in Scherben . ! Gescheit von Ihnen, Monsieur Poirot, an so was zu denken.«
Poirot setzte seine allerbescheidenste Miene auf, was ihm sehr gut gelang.
»Als mir bekannt wurde, da? Vetter und Kusine beide die Oper besucht hatten, rechnete ich mit der Moglichkeit, da? sie wahrend einer der Pausen zusammen gewesen waren. Naturlich ahnten weder die Dortheimers noch die Carthew Wests, da? sie das Opernhaus verlie?en. Doch eine halbstundige Pause bietet hinreichend Zeit, um nach Regent Gate und zuruck zu fahren., Im Augenblick, als der neue Lord Edgware solch Gewicht auf sein Alibi legte, begann ich etwas Unrechtes zu argwohnen.«
»Sie sind ein netter, argwohnischer Geselle, he?« sagte Japp fast zartlich. »Ja, ja, in dieser Welt kann man nicht argwohnisch genug sein. Und nun lesen Sie dies hier.« Er reichte ihm ein Papier. »Kabel aus New York, wo