die er hatte stellen wollen, auf seinen Lippen erstarben. Er starrte in die Dunkelheit und sagte dann ruhig: „Wie lange bin ich bewu?tlos gewesen?“

Der andere lachte. „Mehrere Tage. Man hatte uns versichert, es wurde keine Nachwirkungen haben. Ich freue mich, zu sehen, da? es zutrifft.“

Teils um Zeit zu gewinnen, teils um seine eigenen Reaktionen zu prufen, schwang Stormgren die Beine uber den Bettrand. Er hatte noch seinen Schlafanzug an, der aber zerknullt war und ziemlich schmutzig geworden zu sein schien. Als er sich bewegte, spurte er einen leichten Schwindel, nicht stark genug, um unan genehm zu sein, aber genugend, um ihn zu uberzeugen, da? er wirklich betaubt worden war.

Er kehrte sich dem Licht zu. „Wo bin ich?“ fragte er scharf. „Wei? Wainwright hieruber Bescheid?“

„Regen Sie sich nicht auf“, erwiderte die schattenhafte Gestalt. „Wir wollen noch nicht uber solche Dinge sprechen. Ich nehme an, da? Sie sehr hungrig sind. Ziehen Sie sich an, und kommen Sie mit zum Essen.“

Das Oval des Lichts glitt durch den Raum, und zum erstenmal bekam Stormgren eine Vorstellung von seinen Ausma?en. Es war kaum ein Zimmer, denn die Wande schienen aus kahlen, grob behauenen Felsen zu bestehen. Er begriff, da? er sich unter der Erde befand, vielleicht in gro?er Tiefe.

Der Schein der Taschenlampe beleuchtete einen Stapel Kleider, die auf einer Kiste lagen. „Dies durfte fur Sie genugen“, sagte die Stimme aus der Dunkelheit. „Wasche ist hier ein ziemliches Problem, wir haben also einige von Ihren Anzugen und ein halbes Dutzend Hemden hergebracht.“

„Das“, sagte Stormgren trocken, „war sehr rucksichtsvoll von Ihnen.“

„Wir bedauern, da? hier keine Mobel und kein elektrisches Licht vorhanden sind. Dieser Ort ist in gewisser Weise sehr geeignet, aber ihm fehlen die Annehmlichkeiten.“

„Geeignet wofur?“ fragte Stormgren, wahrend er ein Hemd anzog. Es war ein seltsam beruhigendes Gefuhl, den bekannten Stoff zu beruhren.

„Nun, eben geeignet“, sagte die Stimme. „Ubrigens, da wir ziemlich viel Zeit zusammen verbringen werden, konnen Sie mich Joe nennen.“

„Trotz ihrer Nationalitat“, gab Stormgren zuruck „— Sie sind doch Pole, nicht wahr? — glaube ich, da? ich Ihren wirklichen Namen aussprechen konnte. Er wird nicht schwieriger sein als viele finnische Namen.“

Es entstand eine kleine Pause, und der Lichtschein flackerte einen Augenblick. „Das hatte ich erwarten mussen“, sagte Joe resigniert. „Sie mussen viel Ubung in diesen Dingen haben.“

„Es ist ein nutzliches Steckenpferd fur einen Mann in meiner Stellung. Ich vermute, Sie sind in den Vereinigten Staaten aufgewachsen, verlie?en Polen aber nicht vor — “

„Das genugt“, sagte Joe energisch. „Da Sie mit dem Anziehen fertig sind.“

Die Tur offnete sich, wahrend Stormgren, der sich durch seinen kleinen Sieg ein wenig ermuntert fuhlte, darauf zuschritt. Als er an Joe vorbeiging, fragte er sich, ob sein Wachter bewaffnet sei. Es war fast mit Sicherheit anzunehmen, und auf jeden Fall wurde er Freunde in der Nahe haben.

Der Gang war von Ollampen matt beleuchtet, und zum erstenmal konnte Stormgren Joe deutlich sehen. Es war ein Mann von etwa funfzig Jahren, der sicherlich mehr als zwei Zentner wog. Alles an ihm war ubergro?, von dem fleckigen Kampfanzug, der von irgendeiner bewaffneten Truppe herruhren mochte, bis zu dem auffallend gro?en Siegelring an der linken Hand. Ein Mann mit diesen Korperma?en wurde sich auch nicht scheuen, einen Revolver zu benutzen. Es wurde, dachte Stormgren, nicht schwierig sein, ihn aufzuspuren, wenn er je wieder von hier fortkame. Die Erkenntnis, da? auch Joe sich dieses Umstandes durchaus bewu?t sein mu?te, war etwas bedruckend.

Die Wande ringsum bestanden, obwohl sie hier und da mit Beton verkleidet waren, hauptsachlich aus kahlem Felsen. Stormgren begriff, da? er sich in einer verlassenen Mine befand, und er konnte sich wenige Gefangnisse vorstellen, die zweckma?iger gewesen waren. Bisher hatte ihn die Tatsache seiner Entfuhrung noch nicht sehr beunruhigt. Er hatte das Empfinden gehabt, da? es den Overlords mit ihren starken Hilfsmitteln bald gelingen wurde, ihn, was auch immer geschehen mochte, aufzuspuren und zu retten. Jetzt war er dessen nicht mehr so sicher. Es waren schon mehrere Tage verstrichen, und nichts hatte sich ereignet. Es mu?te selbst fur Karellens Macht eine Grenze geben, und wenn Stormgren tatsachlich auf irgendeinem fernen Kontinent versteckt ware, vermochte alle Wissenschaft der Overlords ihn nicht aufzuspuren.

Zwei andere Manner sa?en an dem Tisch in dem kahlen, trube beleuchteten Raum. Sie blickten interessiert und mit einem gewissen Respekt auf, als Stormgren eintrat. Einer von ihnen schob ihm einige Butterbrote zu, die Stormgren begierig ergriff. Obwohl er gro?en Hunger verspurte, hatte er gern etwas Appetitlicheres gegessen, aber ohne Zweifel hatten seine Wachter auch nichts Besseres bekommen.

Wahrend er a?, warf er einen raschen Blick auf die drei Man ner am Tisch. Joe war bei weitem der Hervorragendste, und nicht nur in der Korpergro?e. Die andern waren offenbar seine Gehilfen, nichtssagende Leute, deren Herkunft Stormgren feststellen wurde, sobald er sie sprechen gehort hatte.

Etwas Wein war in nicht allzu sauberen Glasern aufgetischt worden, und Stormgren spulte die letzten Brotbissen hinunter. Da er sich jetzt der Lage besser gewachsen fuhlte, wandte er sich zu dem riesigen Polen. „Nun“, sagte er ruhig, „vielleicht erzahlen Sie mir jetzt, was dies alles bedeutet und was Sie damit zu erreichen hoffen.“

Joe rausperte sich. „Ich mochte eine Sache klarstellen“, sagte er. „Dies hat nichts mit Wainwright zu tun. Er wird ebenso uberrascht sein wie alle andern.“

Stormgren hatte dies halbwegs erwartet, obwohl er sich fragte, warum Joe seine Vermutungen bestatigte. Er hatte seit langer Zeit das Bestehen einer extremistischen Bewegung innerhalb der Freiheitsliga oder an ihren Flugeln geargwohnt. „Es wurde mich interessieren“, sagte er, „wie Sie es angestellt haben, mich zu entfuhren?“

Er hatte hierauf kaum eine Antwort erwartet und war etwas verwundert uber die Bereitwilligkeit, ja, den Eifer des andern, zu antworten.

„Es war wie ein Hollywoodfilm“, sagte Joe munter. „Wir wu?ten nicht, ob Karellen Sie etwa bewachen lie?e; deshalb trafen wir ziemlich weitgehende Vorsichtsma?nahmen. Sie wurden mit Hilfe der Klimaanlage durch das Gas betaubt, dann trugen wir Sie hinaus zum Auto — das war keine Schwierigkeit. Ich mochte erwahnen, da? dies alles nicht von einem unserer Leute ausgefuhrt wurde. Wir engagierten — hm — Fachleute fur diese Aufgabe. Vielleicht wird Karellen sie erwischen — das nehmen wir an — aber dadurch wird er nicht kluger werden. Als das Auto Ihr Haus verlassen hatte, fuhr es in einen langen Stra?entunnel hinein, keine tausend Kilometer von New York. Es kam planma?ig am entgegengesetzten Ende wieder heraus, noch immer mit einem betaubten Mann besetzt, der dem Generalsekretar au?erordentlich ahnlich war. Eine ganze Weile spater fuhr ein gro?er Lastwagen voller Metallkisten nach der andern Richtung bis zu einem bestimmten Flugplatz, wo die Kisten als legale Fracht auf ein Transportflugzeug verladen wurden. Ich bin uberzeugt, da? die Besitzer dieser Kisten entsetzt waren, wenn sie wu?ten, wie wir uns ihrer bedient haben.

Unterdessen fuhr das Auto, das tatsachlich die Entfuhrung unternommen hatte, weiter bis zur kanadischen Grenze. Vielleicht hat Karellen es jetzt schon geschnappt, das wei? ich nicht, es kummert mich auch nicht. Wie Sie sehen werden — und ich hoffe, da? Sie meine Offenheit zu schatzen wissen — baute sich unser ganzer Plan auf einer bestimmten Tatsache auf. Wir sind uberzeugt, da? Karellen alles sehen und horen kann, was auf der Oberflache der Erde geschieht, aber nur wenn er Magie — nicht Wissenschaft — zu Hilfe nimmt, kann er in die Erde hineinsehen. Er wu?te also nichts uber die Fahrt durch den Tunnel, wenigstens nicht, bis es zu spat war. Naturlich war es fur uns ein Wagnis, aber wir hatten noch ein paar andere Sicherheitsma?nahmen getroffen, auf die ich jetzt nicht eingehen will. Vielleicht mussen wir sie spater einmal anwenden, und es ware schade, sie zu verraten.“

Joe hatte die ganze Geschichte mit so offenkundigem Behagen erzahlt, da? Stormgren ein Lacheln kaum unterdrucken konnte. Und doch fuhlte er sich sehr beunruhigt. Der Plan war genial, und es war durchaus moglich, da? Karellen getauscht worden war. Stormgren wu?te nicht einmal mit Sicherheit, da? der Overlord irgendeine Schutzaufsicht fur ihn eingerichtet hatte. Auch Joe wu?te das nicht. Vielleicht war er deshalb so offen gewesen — er wollte sehen, wie Stormgren reagierte. Nun, er wurde versuchen, zuversichtlich zu erscheinen, einerlei, wie seine wirklichen Gefuhle waren.

„Ihr mu?t eine Gruppe von Narren sein“, sagte Stormgren verachtlich, „wenn ihr annehmt, da? ihr die Overlords so leicht uberlisten konnt! Und was soll es uberhaupt nutzen?“

Joe bot ihm eine Zigarette an, die Stormgren ablehnte. Da zundete Joe sich selbst eine an und setzte sich auf den Tischrand. Sofort ertonte ein bedrohliches Knacken, und er sprang hastig herunter.

„Unsere Beweggrunde“, begann er, „durften sehr einleuchtend sein. Wir haben festgestellt, da?

Вы читаете Die letzte Generation
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату