Himmel. Ich schob die Motocross-Maschine. Eine Weile sprach keiner von uns. Dann sagte Bobby: »Wir werden Taschenlampen brauchen.«

»Wir werden so einiges brauchen«, sagte Mae. »Ich hab eine Liste gemacht.«

Wir erreichten das Depot und stie?en die Tur auf. Ich sah, dass Bobby drau?en zuruckblieb. Ich ging hinein und suchte nach dem Lichtschalter. Ich fand ihn, und es wurde hell.

Es sah alles genau so aus, wie wir es verlassen hatten. Mae offnete ihren Rucksack und ging an der Reihe Regale entlang.

»Wir brauchen Handlampen ... Zunder ... Leuchtkugeln ... Sauerstoff ...«

Bobby sagte: »Sauerstoff? Im Ernst?«

»Wenn das Versteck unterirdisch ist, ja, moglich . Und wir brauchen Thermit.«

Ich sagte: »Rosie hatte es. Vielleicht hat sie es abgestellt, als sie ... Ich seh mal nach.« Ich ging nach nebenan. Die Kiste mit den Thermitkapseln lag umgekippt auf dem Boden, die Kapseln daneben. Rosie hatte sie fallen lassen, als sie losrannte. Ich fragte mich, ob sie auch welche in der Hand gehabt hatte. Ich schaute zu ihrem Leichnam an der Tur hinuber.

Rosies Leichnam war verschwunden.

»Mein Gott!«

Bobby kam hereingerannt. »Was ist? Was ist passiert?«

Ich deutete auf die Tur. »Rosie ist verschwunden.«

»Was soll das hei?en, verschwunden?«

Ich blickte ihn an. »Verschwunden, Bobby. Der Leichnam lag da, und jetzt ist er weg.«

»Wie ist das moglich? Ein Tier?«

»Ich wei? nicht.« Ich ging an der Stelle in die Hocke, wo der Leichnam gelegen hatte. Als ich ihn zuletzt gesehen hatte, vor funf oder sechs Stunden, war er mit einem milchigen Sekret bedeckt gewesen. Davon war noch einiges auf dem Boden. Es sah genauso aus wie dicke, getrocknete Milch. Dort, wo sich Rosies Kopf befunden hatte, war das Sekret glatt und unberuhrt. Aber naher zur Tur hin sah es aus wie zerkratzt. Es waren Streifen in der Schicht.

»Sieht aus, als ware sie rausgeschleift worden«, sagte Bobby.

»Ja.«

Ich nahm das Sekret genauer in Augenschein, suchte nach Fu?spuren. Ein Kojote allein hatte Rosie nicht wegschleifen konnen; dazu ware ein ganzes Rudel vonnoten gewesen. So viele Tiere hatten mit Sicherheit Spuren hinterlassen. Ich sah keine.

Ich richtete mich auf und ging zur Tur. Bobby trat neben mich, und wir spahten hinaus in die Dunkelheit.

»Siehst du was?«, fragte er.

»Nein.«

Ich kehrte zu Mae zuruck. Sie hatte alles gefunden. Sie hatte eine Rolle Magnesiumzundschnur. Sie hatte Leuchtkugeln. Sie hatte Halogentaschenlampen. Sie hatte Kopflampen mit breiten Gummibandern. Sie hatte kleine Fernglaser und Nachtsichtgerate. Sie hatte ein Feldfunkgerat. Und sie hatte Sauerstoffflaschen und Vollsicht- Gasmasken. Mir war beklommen zu Mute, als ich sah, dass es die gleichen Plastikmasken waren, wie sie die Manner in dem SS VT-Van gestern Abend in Kalifornien aufgehabt hatten, nur dass sie nicht versilbert waren.

Und dann dachte ich, war das wirklich erst gestern Abend gewesen? Tatsachlich. Es waren kaum vierundzwanzig Stunden vergangen.

Es kam mir vor wie ein Monat.

Mae verteilte alles auf die drei Rucksacke. Als ich ihr zusah, wurde mir bewusst, dass sie die Einzige von uns mit Felderfahrung war. Im Vergleich zu ihr waren wir alle Stubenhocker, Theoretiker. Erstaunt merkte ich, wie abhangig ich mich heute Abend von ihr fuhlte.

Bobby wog den ersten Rucksack in der Hand und stohnte. »Meinst du wirklich, wir brauchen das ganze Zeug, Mae?«

»Du musst es ja nicht zu Fu? schleppen; wir fahren. Und ja, ich gehe lieber auf Nummer sicher.«

»Ja, klar, verstehe, aber - ein Feldfunkgerat?«

»Man kann nie wissen.«

»Wen willst du anrufen?«

»Die Sache ist die, Bobby«, sagte sie, »wenn sich herausstellt, dass du irgendwas von dem Kram brauchst, dann brauchst du es wirklich.«

»Ja, aber ...«

Mae nahm den zweiten Rucksack und warf ihn sich uber die Schulter. Sie wurde muhelos mit dem Gewicht fertig. Sie blickte Bobby an. »Was wolltest du sagen?«

»Ist schon gut.«

Ich nahm den dritten Rucksack. Er war gar nicht so schwer. Bobby jammerte nur, weil er Angst hatte. Die Sauerstoffflasche war zwar etwas gro?er und schwerer, als mir lieb war, und sie passte auch nur mit Muhe in den Rucksack, aber Mae bestand darauf, dass wir sie mitnahmen.

Bobby sagte nervos: »Sauerstoff? Was glaubt ihr denn, wie gro? das Versteck ist?«

»Ich habe keine Ahnung«, sagte Mae. »Aber die neuen Schwarme sind um einiges gro?er.«

Sie ging zum Waschbecken und nahm den Strahlungszahler. Aber als sie den Stecker aus der Wand zog, sah sie, dass der Akku leer war. Wir mussten einen neuen Akku auftreiben, das Gehause aufschrauben, den Akku austauschen. Ich furchtete schon, dass der Ersatzakku auch leer war. Dann hatten wir die Aktion abbrechen mussen.

Mae sagte: »Wir sollten auch bei den Nachtsichtgeraten aufpassen. Ich wei? bei keinem der Gerate, wie voll die Akkus sind.«

Aber der Zahler tickte laut. Die Akkuanzeige leuchtete. »Voll aufgeladen«, sagte Mae. »Das reicht fur vier Stunden.«

»Gehen wir«, sagte ich.

Es war 22.43 Uhr.

Der Geigerzahler drehte durch, als wir zum Toyota kamen, und knatterte so schnell, dass es ein ununterbrochener Ton war. Den Stab vor sich haltend, ging Mae vom Wagen weg in die Wuste hinein. Sie drehte nach Westen, und das Knattern lie? nach. Sie ging nach Osten, und es wurde wieder lauter. Doch als sie weiter in ostliche Richtung ging, tickte es langsamer. Sie bog nach Norden, und das Ticken beschleunigte sich.

»Norden«, sagte sie.

Ich stieg auf das Motorrad und lie? den Motor an.

Bobby kam mit dem All-Terrain-Vehicle mit den dicken Radern und dem Fahrradlenker aus dem Depot gerumpelt. Das ATV sah ungelenk aus, aber fur die Fahrt durch die dunkle Wuste war es wahrscheinlich gut geeignet.

Mae stieg hinter mir auf, beugte sich vor, um den Stab moglichst nah uber den Boden zu halten, und sagte: »Okay. Los geht's.«

Unter einem wolkenlosen Nachthimmel fuhren wir in die Wuste hinein.

Der Scheinwerfer des Motorrads hupfte auf und ab, sodass sich die Schatten vor uns ruckartig bewegten und schwer zu erkennen war, was auf uns zukam. Jetzt merkten wir, dass die Wuste, die bei Tage so flach und eintonig wirkte, jede Menge Bodensenken, Gerollfelder und tiefe Trockentaler hatte, die urplotzlich auftauchten. Ich musste mich hollisch konzentrieren, um das Motorrad aufrechtzuhalten - zumal Mae mir standig zurief: »Links . jetzt rechts . rechts . gut so, zu viel, links . « Manchmal fuhren wir einen kompletten Kreis, bis wir wieder auf dem richtigen Weg waren.

Jeder, der bei Tageslicht unserer Spur folgte, musste annehmen, dass der Fahrer betrunken gewesen war, bei den vielen Schlenkern und Drehungen, die wir machten. Die Maschine hupfte und schlingerte auf holprigem Boden. Wir waren jetzt schon einige Meilen vom Labor entfernt, und ich machte mir langsam Sorgen. Ich konnte das Ticken des Zahlers horen, und es wurde immer schwacher. Es war zunehmend schwierig, die Schwarmspur von der Hintergrundstrahlung zu unterscheiden. Ich verstand nicht, warum das so war, aber es war zweifelsohne der Fall. Wenn wir das Versteck des Schwarms nicht bald ausfindig machten, wurden wir die Spur vollig verlieren.

Auch Mae war besorgt. Sie beugte sich immer tiefer zum Boden, eine Hand am Stab, die andere um meine

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