„Warum nicht? Es wurde schlecht aussehen, wenn Sie ablehnten.“

„Es wurde die Spannungen nur vergro?ern, ohne da? etwas erreicht ware. Mu? ich Ihnen den Standpunkt meiner Regierung wiederholen? Die Ozeane auf Starkad gehoren dem Seevolk. Es hat sich dort entwickelt. Die Ozeane sind seine naturliche Umgebung, sie werden vom Landvolk nicht benotigt. Trotzdem versucht sich das Landvolk daran zu bereichern. Seine Schleppnetzfischerei, seine Algenernten, seine organisierten Jagden auf Gro?tiere des Meeres, alles das fuhrt zur Zerstorung einer Okologie, die fur die andere Rasse lebenswichtig ist. Ich will nicht ausfuhrlich von den Getoteten sprechen, von den mit Felsblocken bombardierten Unterwasserstadten, von den abgesperrten Buchten und Meerengen. Ich will nur darauf verweisen, da? das Landvolk uns die kalte Schulter zeigte, als Merseia seine Vermittlerdienste anbot, um einen Modus vivendi auszuhandeln. Meine Aufgabe ist, dem Seevolk bei der Abwehr der Aggression zu helfen, bis die verschiedenen Gruppen des Landvolks einem gerechten und dauerhaften Frieden zustimmen.“

Abrams schnaubte argerlich. Er wu?te, da? er diesen Argumenten nichts entgegensetzen konnte, und so ging er zum Gegenangriff uber. „Sagen Sie mir lieber, warum Sie wirklich hier sind!“

„Ich habe Ihnen schon erklart…“

„Ich wei?, ich wei?. Sie haben Ihre Befehle, und denen gehorchen Sie, wie es sich fur einen braven kleinen Soldaten gehort. Aber fragen Sie sich nicht manchmal, was fur ein Gewinn bei der ganzen Sache fur Merseia herausschaut? Ich habe mir diese Frage gestellt. Wir sitzen hier in der Mitte eines hundert Lichtjahre breiten Streifens Niemandsland. Die Gegend ist kaum erforscht. Ich wette, die Halfte der Sterne ringsherum ist nicht einmal katalogisiert. Die nachste Zivilisation ist Beteigeuze, und diese Leute sind Neutrale, die uns beiden Feuer aufs Dach wunschen. Sie sind zu alt, um noch an Gnomen und Elfen oder an den Altruismus gro?er Reiche zu glauben. Warum also sind Sie hier?“

„Ich kann nicht uber die Entscheidungen des Roidhun und seines Gro?en Rates befinden; ich kenne sie auch nicht.“ Runeis Zuruckhaltung loste sich in einem Lacheln auf. „Wenn Starkad so nutzlos ist, wie Sie meinen, warum sind dann Sie hier?“

„Viele Leute zu Hause legen sich die gleiche Frage vor“, gab Abrams zu. „Einer der Grundsatze unserer Politik ist, da? wir Sie eindammen, wo immer wir konnen. Setzen Sie sich auf diesem Planeten fest, hatten Sie einen Stutzpunkt, der unseren Grenzen funfzig Lichtjahre naher ist.“

„Hoffen wir, da? es Ihrem Abgesandten gelingen wird, die Streitfrage aus der Welt zu schaffen“, sagte Runei.

„Was fur ein Abgesandter?“

„Haben Sie noch nicht davon gehort? Unser letzter Kurier informierte uns, da? ein gewisser Graf Hauksberg hierher unterwegs ist. Anschlie?end wird er nach Merseia weiterreisen. Der Gro?e Rat wird ihn empfangen.“

„Was?“ Abrams schuttelte den Kopf. „Ich wunschte, unsere Post ware so gut wie Ihre.“ Abrams reckte sich und gahnte. „Zeit, ins Bett zu gehen“, sagte er. „Hat mich gefreut, mit Ihnen zu sprechen, alter Bosewicht.“

Runei gab ihm ein Krokodilslacheln. „Sie sind am Zug.“

„Ach so — ja. Glatt vergessen. Laufer von C5 auf E7.“

Runei zog sein Schachbrett hervor und verschob die Figur. Dann sa? er still und studierte die Lage.

„Rufen Sie zuruck, wenn Sie bereit sind“, sagte Abrams und schaltete aus.

Seine Zigarre war wieder erloschen. Er legte den Stummel in den uberquellenden Aschenbecher, zundete sich eine neue an und stand auf. Er zog seinen Mantel an, setzte die Mutze auf und ging hinaus.

Die Kalte warf sich ihm mit ungestumen Windsto?en entgegen. Der nahere Mond, Egrima, war aufgegangen und stand fast voll am Himmel, doppelt so gro? wie der Mond von der Erde aus gesehen. Er ubergo? die Schneegipfel ringsum mit eisig blauem Licht. Buruz, der fernere Mond, erhob seine matte kleine Scheibe eben uber die Dacher der windgepeitschten Baracken.

Das gefrorene Geroll der ungepflasterten Stra?e knirschte unter seinen Stiefeln. Hier und dort drang Lichtschein aus einem Fenster. Bogenlampen schwankten im Wind, der Wolken glitzernder Eiskristalle durch die Stra?en fegte. Links, wo die Werkstatten lagen, flackerte Feuerschein aus einem Schmelzofen und spiegelte sich auf den metallenen Leibern zweier Raumschiffe. Uberall dort drau?en wurde gearbeitet. Man vergro?erte den Landeplatz und errichtete neue Schuppen und Baracken. Zu seiner Rechten, zwischen den Wohnbaracken und der Kantine, zuckte fiebrige Leuchtschrift, und er glaubte abgerissene Musikfetzen und Gelachter zu horen. Dort hatte die Truppenbetreuung ihr Quartier, und es gab Madchen und Glucksspiele und eine Bar. Warum nicht? Die meisten dieser Soldaten waren jung und einsam.

Abrams war fast bei seiner Behausung, als ihm einfiel, da? er die Papiere auf seinem Schreibtisch nicht weggeschlossen hatte. Er blieb stehen, drehte sich um und stapfte fluchend zuruck. Nicht, da? er Spionage furchtete, aber Leutnant Novak pflegte morgens als erster ins Buro zu kommen, und Abrams wollte kein schlechtes Beispiel geben.

Vor der Tur blieb er stehen, nahm langsam die Zigarre aus dem Mund und warf sie weg. Die Tur war geschlossen, die Fenster dunkel. Aber im Schnee vor der Schwelle sah er neben seinen eigenen fremde Fu?abdrucke. Und sie waren frisch.

Die Alarmanlage war stumm geblieben. Da war einer im Buro, der sich auskannte.

Abrams zog seine Strahlpistole. Sollte er die Wache rufen? Nein, wer in sein Buro eindringen konnte, hatte auch daran gedacht, den Funksprechverkehr zu uberwachen, und wurde fliehen, bevor Hilfe eintrafe.

Abrams fuhlte sein Herz gegen die Rippen schlagen. Er schlich an die Tur und stellte die Zahlenkombination des Sicherheitsschlosses ein. Dann druckte er die Tur einen Spaltbreit nach innen und spahte hinein. Im ungewissen Licht sah er jemanden vor seinem Safe, eine Gestalt, die nun herumwirbelte. Auf den ersten Blick schien es ein Arbeiter in einem Strahlenschutzanzug zu sein, aber dem einen Arm entsprossen statt einer Hand Werkzeuge, und der zuruckgeklappte Helm zeigte ein metallisches Gesicht mit elektronischen Augen.

Ein Merseiergesicht.

Blaues Licht scho? wie ein Blitzstrahl aus der Werkzeughand und traf mit einem Funkenregen auf die Stahltur. Abrams hatte geistesgegenwartig seinen Kopf zuruckgezogen. Nun zielte er mit seiner Strahlpistole durch den schmalen Spalt und feuerte auf die Waffe des Eindringlings. Sie erlosch, und Abrams war mit einem Satz im Buro. Er feuerte wieder. Die Distanz war so kurz, da? sein Feuerstrahl, nadelscharf und dunn wie ein Bleistift, die Beine des Unbekannten abtrennte. Klappernd und polternd schlug der Eindringling auf den Boden.

Abrams hob sein Handgelenk vor den Mund und brullte ins Funksprechgerat: „Wache! Sofort zwei Mann zum Nachrichtenburo!“

Dann schaltete er das Licht ein. Das Wesen am Boden regte sich. Aus den Beinstumpfen flo? kein Blut. Versengte Kabel, Batterien, Verstarker hingen heraus. Was er gefangen hatte, war weniger als die Halfte eines Merseiers. Schwanzlos, ohne Brust und Unterkorper, ohne Gesicht. Naturlichen Ursprungs schienen nur ein Teil des Schadels, ein Arm und der Stumpf eines zweiten zu sein. Der Rest war Maschinerie. Noch nie hatte er eine so perfekte prothetische Arbeit gesehen. Er schuttelte verdutzt den Kopf. So etwas gab es nur bei Rassen, die sich nicht auf die Regeneration von Geweben verstanden oder keine Lagerung von Korpergeweben kannten. Die Merseier aber — immerhin, hier hatten sie einen wunderbaren Allzweckmechanismus!

Das Wesen stie? ha?- und angsterfullte Worte hervor, die Abrams nicht verstand. Die Hand fummelte am metallischen Brustkorb herum. Um das Herz abzustellen? Abrams stie? das Handgelenk weg und pflanzte seinen Fu? darauf. „Langsam, Freundchen“, sagte er.

3

Fahnrich Dominic Flandry wu?te nicht, ob er durch Gluck oder Geschick und Kaltblutigkeit am Leben geblieben war. Mit neunzehn Jahren war es naheliegend, das letztere zu glauben. Er dachte nicht viel daruber nach; ihm genugte es, davongekommen zu sein.

Au?erdem waren seine Schwierigkeiten noch nicht behoben. Die „Archer“ war ein Handelsschiff, das der Schwesternschaft von Kursoviki gehorte, und verfugte uber eine kleine Radiostation, Geschenk hilfsbereiter, aber nicht ganz uneigennutziger Militars. Die Anlage funktionierte jedoch nicht; die Leute von der Insel Kursoviki hatten keine Ahnung von der Pflege und Instandhaltung so komplizierter und empfindlicher Apparate. Dragoika, der weibliche Kapitan, befand sich zu Flandrys gro?em Gluck gerade auf der Ruckreise in die Heimat, doch der Wind stand ihnen entgegen, und sie wurden tagelang mit dieser schlingernden und stampfenden Badewanne auf der

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