»Und noch einer!«, krachzt die Stimme aus dem winzigen Lautsprecher. »Da kommen ein paar aus … Oh, fuck … Oh, fuck … OH, FUCK!«
Martinez druckt erneut auf den Knopf. »Broyles, was zum Teufel geht da vor?«
»Da sind mehr, als wir …«
Dann Rauschen, ehe Stevies Stimme erneut ertont: »Verdammte Schei?e, da kommt ein ganzer Haufen aus dem …« Wieder Rauschen. »Die kommen aus dem Wald. Man … Die kommen und kommen und kommen …«
Martinez brullt ins Handsprechfunkgerat: »Stevie! Sprich mit mir! Sollen wir sie einfach rausschmei?en und abhauen?«
Rauschen als Antwort.
Martinez brullt: »Stevie! Horst du mich noch? Sollen wir umkehren?«
Plotzlich meldet sich Boyles wieder: »Viel zu viele, Boss! Ich habe noch nie so viele …«
Wieder Rauschen gefolgt von einem Schuss und brechendem Glas, sie konnen es sogar durch das Blech des Lieferwagens horen. Lilly rafft sich auf. Sie wei? genau, was drau?en vor geht, holt ihre Ruger hervor, entsichert sie und wirft einen Blick uber die Schulter. »Martinez, hol deine Manner da raus!«
Martinez druckt wieder auf den Knopf. »Stevie! Kannst du mich horen? Zieht Leine, zuruck mit euch! Dreht um! Wir finden schon etwas anderes! Kannst du mich horen? STEVIE!«
Stevies qualvoller Schrei ertont aus dem Handsprechfunkgerat, ehe eine weitere Salve Schusse aus einem Maschinengewehr das Rauschen ablost … gefolgt von einem furchterlichen Rei?en von Metall … und dann einem gigantischem Knall.
Broyles meldet sich wieder: »Schei?e! Die haben den Wagen einfach umgeworfen! Es sind zu viele, es sind einfach viel zu viele! Wir sind im Arsch! WIR SIND VOLLIG IM ARSCH!«
Der Wagen vibriert, und der Motor heult auf. Kurz darauf schie?en sie ruckwarts, und sie werden allesamt gegen die Wand zur Fahrerkabine geworfen. Lilly sto?t mit der Schulter gegen einen Waffenstander und sto?t dabei ein halbes Dutzend Maschinengewehre um. Gabe und Bruce prallen mit Wucht gegeneinander, und ohne dass jemand anderes etwas davon mitkriegt, hakt Gabe die Finger in Bruces Fesseln und zieht und zerrt daran. Das Panzerband uber Bruces Mund ist abgegangen, und er brullt: »IHR MOTHERFUCKER! JETZT WERDEN WIR ALLE STERBEN!«
Der Lieferwagen holpert uber etwas druber. Schon wieder und immer wieder, und sie konnen feuchte, gedampfte Schlage vernehmen, die die Karosserie erschuttern. Lilly halt sich mit der freien Hand fest und blickt sich um.
Martinez krabbelt auf allen vieren zum Handsprechfunkgerat, wahrend der schwarze Mann weiter flucht, bis der Schwede den Lauf seines .45er auf seinen kahlen Schadel richtet. »HALT VERDAMMT NOCH MAL ENDLICH DEINE SCHNAUZE!«
»IHR MOTHERFUCKER KONNT DOCH NICHT MAL …«
Das Heck des Trucks rammt gegen irgendetwas und bleibt stecken. Die Hinterreifen drehen auf etwas Rutschigem, Schleimigem durch, und alle Insassen werden von dem Aufprall in eine Ecke geworfen. Waffen fliegen durch die Luft, und der Governor rollt gegen einen Stapel Kartons, die durch den Sto? umfallen und auf ihm landen. Er sto?t einen wutenden Schrei aus, das Panzerband hangt ihm vom Kinn, und verstummt dann.
Jeder ist still, als der Lieferwagen zur Ruhe kommt. Sehr still.
Plotzlich fangt der Wagen an zu ruckeln. Von einer Seite zur anderen Seite. Boyles Stimme ertont aus dem Handsprechfunkgerat und stammelt irgendetwas von
Dann herrscht erneut Stille. Grabesstille. Sie wird abgelost von dem tiefen, monoton brummenden und schleimigen Stohnen Hunderter toter Stimmen, die durch die Wande der fensterlosen Ladeflache dringen. Plotzlich fangt das Ruckeln wieder an, und der Lieferwagen schaukelt erneut wild von einer Seite auf die andere.
Martinez schnappt sich ein Maschinengewehr, entsichert die Waffe, springt zur Hintertur, legt eine Hand auf den Griff, als er auf einmal eine tiefe, von Whiskey gezeichnete Stimme hinter sich vernimmt.
»Das wurde ich an deiner Stelle schon sein lassen.«
Lilly dreht sich um und sieht den Governor, das Panzerband noch immer von seinem Kinn hangend, wie er sich mit dem Rucken gegen die Wand lehnt. Seine dunklen Augen funkeln. Sie halt ihm die Ruger an die Stirn. »Du hast hier nichts mehr zu sagen«, fahrt sie ihn an.
Das Ruckeln wird immer starker, und die Stille um sie herum drohnt ihr in den Ohren.
»Euer kleiner Plan geht ganz schon in die Hose«, spottet der Governor mit offensichtlicher Schadenfreude. Sein Gesicht zuckt noch nervos von der Misshandlung mit dem Schlagstock.
»Halt den Mund!«
»Hab schon gedacht, dass ihr uns einfach hier rausschmei?t, und den Bei?ern den Rest uberlasst. Somit hatte niemand etwas von dem Ganzen mitgekriegt.«
Lilly richtet den Lauf ihrer .22er gegen seine Schlafe. »Ich habe gesagt, du sollst die Schnauze halten!«
Erneut ein Ruckeln. Martinez steht da, vor Unschlussigkeit wie erstarrt. Er dreht sich um, will etwas zu Lilly sagen, als eine rasche Bewegung vorne auf der Ladeflache alle uberrascht.
Bruce hat die Hande frei und schlagt auf den Schweden ein, schafft es, ihm die Waffe aus der Hand zu rei?en und zu Boden zu werfen. Der .45er schlittert uber das Metall und lost sich dabei selber aus. Die Schusse in dem kleinen Raum rei?en Metallsplitter aus der Karosserie, und einer streift den Stiefel vom Schweden, so dass er aufschreit und mit dem Rucken gegen die Wand fallt.
In einer flussigen Bewegung, noch ehe Martinez oder Lilly reagieren konnen, ergreift der gro?e Mann den .45er und versenkt drei Kugeln in die Brust vom Schweden. Blut spritzt uber die Seitenwand hinter ihm, und er keucht und windet sich und sinkt dann langsam zu Boden.
Martinez dreht sich rasch um, zielt auf den schwarzen Mann und lasst zwei kurze, kontrollierte Salven in Bruces ungefahre Richtung ab. Aber er ist zu spat, denn der Schwarze ist schon langst hinter einem Stapel Kartons in Deckung gesprungen, so dass die Kugeln auf Pappe, Metall und Glasfaser treffen und eine ganze Reihe gedampfter Explosionen in den Schachteln auslosen. Auf einmal fliegen Holzsplitter, Funken und Papier durch die Luft wie Meteoren …
… und jeder wirft sich zu Boden. Bruce schnappt sich sein Bowiemesser, das er um die Wade geschnallt hat, und will Gabes Fesseln durchschneiden. Jetzt uberschlagen sich die Geschehnisse in der Ladeflache … Lilly richtet ihre Ruger auf die beiden Schurken, wahrend Martinez sich auf Bruce sturzt. Die Stimme vom Governor ubertont den Tumult: »IHR DURFT SIE NICHT TOTEN!« Schon ist Gabe frei und krabbelt auf ein Gewehr zu, das auf dem Boden liegt. Bruce will mit dem Messer auf Martinez einstechen, der ihm ausweicht und dabei Lilly rammt, die gegen die Hintertur sturzt, und …
… die Wucht des Aufpralls sto?t sie auf. Jetzt ist der Weg fur den Zombie-Schwarm in den Lieferwagen frei.
Achtzehn
Ein gro?er Bei?er in einem zerrissenen Arztkittel greift nach Lilly und schafft es beinahe, seine verrotteten, schwarzen Zahne in ihr Genick zu versenken, aber Martinez druckt gerade noch rechtzeitig ab und blast ihm mit dem Schuss die Schadeldecke weg.
Ranziges, schwarzes Blut spritzt uber den Fahrzeughimmel und in Lillys Gesicht, wahrend sie verzweifelt versucht, wieder in den vorderen Teil des Fahrzeugs zu klettern. Mehr und mehr Untote stromen jetzt durch die offenen Turen. Lillys Ohren versagen wegen des Larms, als sie nach vorne sturzt.
Der Governor, noch immer gefesselt, arbeitet sich ebenfalls fieberhaft mit den Beinen zur Vorderwand vor, und Gabe ergreift brullend eine Waffe vom Boden und entladt sie in Richtung der Zombies. Die Kugeln schlagen durch verwesendes Fleisch, lassen verfaulende Kopfe explodieren. Gehirnmasse spruht wie schwarze Chrysanthemen in die Luft, und das Innere des Lieferwagens wird von Rauch und Totengestank erfullt. Immer mehr Bei?er schwarmen auf die Ladeflache, lassen sich von den Schussen nicht abschrecken.
»BRUCE! SCHNEIDE MIR DIE FESSELN DURCH!«
Lilly kann die Stimme des Governors kaum uber dem Ringen in ihren Ohren und dem tosenden Larm horen.