schimmern auf sie herab und scheinen sie mit ihrem teilnahmslosen und doch frohlichen Funkeln zu verspotten. Der Atem der drei Manner steigt wei? in der Dunkelheit auf, als sie die Bundel uber die mit gefrorenem Tau bedeckten Holzplanken zerren. An ihren Gurteln hangen Pickel, und Philip hat sich eine Pistole hinten in den Hosenbund gesteckt – eine alte Ruger mit einem Zweiundzwanziger-Kaliber, vor vielen Jahren auf einem Flohmarkt erstanden. Er hat nicht vor, die Waffe zu benutzen, denn er will die Untoten nicht durch Schusse auf sie aufmerksam machen. Der Wind tragt das verraterische Schlurfen der furchtbaren Wesen an ihre Ohren – wirres Gemurmel und schlurfende Schritte. Sie dringen aus der Dunkelheit zu ihnen heruber – wahrscheinlich aus dem Hinterhof eines der Nachbarhauser.

Dieser Fruhherbst ist ungewohnlich kuhl fur Georgia. Heute Nacht soll das Thermometer bis null Grad und tiefer fallen. Zumindest verkundete das der ortliche Rundfunksender, ehe er sich mit einem lauten Rauschen verabschiedete. Bis jetzt konnten sich Philip und seine Leute per TV, Radio und das Internet uber Brians Blackberry auf dem Laufenden halten.

Inmitten des Chaos versicherten samtliche Nachrichtensender ihrem Publikum, dass alles nach Plan laufe. Die Regierung habe alles unter Kontrolle, und diese oder jene kleine Hurde wurde innerhalb weniger Stunden uberwunden sein. Auf fest zugeordneten Frequenzen gab der Zivilschutz regelma?ige Warnungen aus: Man solle das Haus nicht verlassen und wenig besiedelte Gegenden meiden. Au?erdem solle man die Hande waschen, nur Wasser aus Flaschen trinken und so weiter und so fort.

Naturlich hat niemand auch nur einen blassen Schimmer. Das Schlimmste ist, dass immer mehr Fernseh- und Rundfunksender ausfallen. Zum Gluck gibt es an Tankstellen noch Benzin, Lebensmittelladen verkaufen noch etwas zu essen, und das Stromnetz und die Ampeln funktionieren auch noch genauso wie Polizei und sonstige Infrastruktur, an deren dunnen Faden die Zivilisation hangt.

Philip macht sich jedoch Sorgen, dass ein Stromausfall verheerende Folgen haben konnte.

»Ich schlage vor, wir werfen sie in den Mullcontainer hinter der Garage«, flustert er kaum horbar und zerrt zwei Plastikbundel den Holzzaun entlang in Richtung der riesigen Garage. Er will alles so rasch und so leise wie moglich hinter sich bringen. Sie durfen blo? keine Zombies auf sich aufmerksam machen. Kein Feuer, keine lauten Gerausche und vor allem keine Schusse, wenn es nur irgendwie geht.

Hinter dem zwei Meter hohen Zaun aus Zedernholz befindet sich ein schmaler Kiesweg, der zu den gro?en Garagen hinter den Hofen fuhrt. Nick schleppt eine Leiche bis zum hohen Hoftor, einer soliden Konstruktion aus Planken mit einem geschmiedeten Griff. Er lasst den Sack fallen und offnet.

Hinter dem Zaun wartet eine weitere Leiche auf ihn – diesmal aufrecht stehend.

»VERDAMMT! ALLE MANN AUFPASSEN!«, ruft Bobby Marsh warnend.

»Halt deinen Mund!«, zischt Philip ihn an und rei?t sich den Pickel vom Gurtel, wahrend er auf das Gartentor zusprintet.

Nick zuckt zuruck.

Der Zombie wirft sich mit aufgerissenem Kiefer auf ihn, bereit zuzubei?en. Nur um wenige Zentimeter verfehlt er Nicks Brust. Das Gerausch der in der Luft zusammenschnappenden gelben Zahne ahnelt dem Klacken von Kastagnetten. Im Mondlicht kann Nick deutlich erkennen, dass er es mit einem Mann zu tun hat, der einen zerrissenen Izod-Pullover, eine Golfhose und dazu passende teure Schuhe tragt. In seinen milchigen Augen spiegelt sich fahl das Sternenlicht wider: Das war mal ein Gro?vater.

Nick erhascht noch einen Blick auf das Monster, bevor er ruckwartstaumelnd mit dem Hintern auf dem uppig wachsenden Kentucky Bluegrass landet. Der tote Golfer wankt durch den Spalt im Tor auf den Rasen, als ein fliegendes, rostiges Stuck Metall im Mondlicht aufblitzt.

Philips Pickel grabt sich tief in den Kopf des Untoten und spaltet die Schadeldecke des Alten, ehe er die dichten, fasrigen Membranen der harten Hirnhaut durchdringt und sich in die gallertartige Masse seines Scheitellappens grabt. Es hort sich so an, als ob man Stangensellerie zerbricht. Eine braunliche Flussigkeit spritzt hervor. Die insektenhafte Entschlossenheit im Gesicht des Alten ist plotzlich verschwunden und verwandelt sich in ein verblufftes Staunen.

Der Zombie sackt in sich zusammen.

Philip rei?t an dem Pickel, der tief im Schadel steckt. Er versucht es noch einmal, aber die Spitze hat sich verhakt. »Schlie? das gottverdammte Tor! Sofort! Aber sei blo? leise«, faucht Philip panisch flusternd, ehe er mit der Stahlkappe an seinem linken Arbeitsstiefel heftig auf den bereits zerstorten Schadel des Leichnams tritt.

Die beiden anderen Manner bewegen sich, als ob sie synchron miteinander tanzen wurden: Bobby lasst rasch sein Leichenbundel fallen und eilt zum Gartentor, wahrend Nick sich aufrappelt, um dann vor Entsetzen ruckwartszustolpern. Bobby schiebt den Riegel ins Schloss. Das metallene Gerausch hallt uber die duster daliegenden Rasenflachen der angrenzenden Garten.

In der Zwischenzeit schafft es Philip, den Pickel aus dem storrischen Schadel des Zombies zu ziehen. Es hort sich wie ein schmatzender Kuss an. Einen Moment lang steigt Panik in ihm auf. Dennoch wendet er sich wieder der toten Familie in den Planen und Sacken zu, um sie endlich zu entsorgen, als ihm ein merkwurdiges Gerausch an seine Ohren dringt. Es kommt vom Haus.

Ruckartig blickt er auf. Licht dringt aus den Fenstern des Hauses.

Brians Silhouette zeigt sich hinter der glasernen Schiebetur. Er klopft an die Scheibe und winkt Philip und die beiden anderen hektisch zu sich. Die Angst steht ihm im Gesicht geschrieben. Das hat nichts mit dem toten Golfer zu tun – so viel ist Philip klar. Im Haus stimmt etwas nicht.

Gutiger Himmel, bitte lass Penny unversehrt sein!

Philip lasst den Pickel fallen und uberquert mit gro?en Schritten den Rasen.

»Und was ist mit den Leichen?«, ruft Bobby Marsh.

»Lass sie liegen«, erwidert Philip, wahrend er die Stufen zur Veranda hinaufrennt.

Brian schaut ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Ich muss dir was zeigen, Mann.«

»Was ist los? Wie geht es Penny? Ist sie okay?« Atemlos sturzt Philip ins Haus. Bobby und Nick eilen zur Veranda und drangen sich hinter ihm hinein.

»Penny geht es gut«, erwidert Brian. Er hat ein gerahmtes Foto in der Hand. »Wirklich, ihr geht es gut. Es macht ihr nichts aus, noch langer in der Abstellkammer zu warten.«

»Mein Gott, Brian, was zum Teufel soll das dann?« Philip holt tief Luft und ballt die Hande zu Fausten.

»Ich muss dir was zeigen. Wollen wir hier heute Nacht wirklich bleiben?« Brian dreht sich zur Schiebetur. »Sieh dir das an. Die Familie ist doch da drinnen gestorben, nicht wahr? Alle sechs.«

Philip wischt sich den Schwei? aus dem Gesicht. »Nun spuck es schon aus, Mann.«

»Pass auf. Irgendwie sind sie alle gleichzeitig infiziert worden, die ganze Familie. Oder – so scheint es doch, nicht wahr?« Brian hustet einen Moment lang und zeigt dann auf die sechs Bundel in der Nahe der Garage. »Da drau?en auf dem Gras liegen sechs Leichen. Mutter, Vater und vier Kinder.«

»Was soll das?«

Brian halt das Foto hoch. Ein Familienfoto aus besseren Tagen. Alle lacheln etwas verlegen und tragen offenbar ihre schonsten Kleider. »Das habe ich auf dem Klavier gefunden«, erklart Brian.

»Na und?«

Brian zeigt auf das jungste Kind auf dem Foto. Ein etwa elf- oder zwolfjahriger Junge in einem marineblauen Anzug mit blonden Haaren und einem schuchternen Lacheln.

Brian blickt seinen Bruder an. »Da sind sieben Leute auf dem Foto.«

Zwei

Das elegante Haus aus der Kolonialzeit, das Philip fur eine langere Pause auserkoren hat, liegt in einer gepflegten kleinen Stra?e mit uppigem Baumbestand. Es befindet sich in einer etwas unubersichtlichen Wohnanlage, die man Wiltshire Estates nennt.

Der funfundzwanzig Quadratkilometer gro?e Ort ist etwa drei?ig Kilometer von Atlanta entfernt, in der Nahe des Highway 278. In einem Naturpark gelegen, inmitten eines dichten Waldes aus Sumpfkiefern und riesigen alten Eichen, gibt es hier auch im Suden der Siedlung einen von Fuzzy Zoeller entworfenen Golfplatz mit sechsunddrei?ig Lochern.

In dem Prospekt, den Brian Blake vom Boden eines verlassenen Wachhauschens vor wenigen Stunden

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