Da die Königin also zu euch gesprochen hat.”Da sprach von Tronje Hagen: “Noch wird zu allem Rat.”So redeten einander die kühnen Degen an.Das sah der König Etzel, der gleich zu fragen begann: (1801)“Die Märe wüsst ich gerne,” befrug der König sich,“Wer jener Recke wäre, den dort Herr DieterichSo freundlich hat empfangen; wohl trägt er hoch den Mut;Wie auch sein Vater heiße, er mag wohl sein ein Recke gut.” (1802)Da gab dem König Antwort einer aus Kriemhilds Bann:“Von Tronje ist er geboren, sein Vater hieß Aldrian;Wie heiter er gebare, er ist ein grimmer Mann:Er lässt euch wohl noch schauen, dass ich keine Lüge getan.” (1803) “Wie soll ich das erkennen, dass er so grimmig ist?”Noch hatt er keine Kunde von mancher argen List,Die wider ihre Freunde die Königin spann,Dass aus dem Heunenlande ihr auch nicht einer entrann. (1804)“Wohl kannt ich Aldrianen, er war mein Untertan,Lob und große Ehre er hier bei mir gewann:Ich macht ihn selbst zum Ritter und gab ihm meinen Sold;Weil er sich treu erzeigte, war ich ihm von Herzen hold. (1805)“Daher ist mir von Hagen auch alles wohlbekannt.Zwei edle Kinder bracht ich als Geisel in das Land:Ihn und von Spanien Walther; die wuchsen hier heran.Hagen sandt ich wieder heim, Walther mit Hildegund entrann.” (1806)Er gedachte lieber Märe und was vordem geschehn;Seinen Freund von Tronje, wohl hat er den gesehn,Der ihm in seiner Jugend oft große Dienste bot:Jetzt schlug er ihm im Alter viel lieber Freunde zu Tod. (1807)
29. Abenteuer
Wie Hagen nicht vor Kriemhilden aufstand
Da schieden auch die beiden werten Recken sich,Hagen von Tronje und Herr Dieterich.Über die Achsel blickte Gunthers UntertanNach einem Heergesellen, den er da bald sich gewann. (1808)Er sah da Volkern bei Geiselheren stehn,Den zieren Fiedelspieler, und bat ihn mitzugehn,Weil er wohl erkannte seinen grimmen Mut:Er war in allen Dingen ein Ritter kühn und auch gut. (1809)Man ließ die Herrn noch immer auf dem Hofe stehn.Die beiden ganz alleine sah man von dannen gehnÜber den Hof hin ferne vor einen Pallas weit:Die Auserwählten scheuten sich vor niemandes Streit. (1810)Sie saßen vor dem Hause genüber einem Saal(Der war Kriemhilden) auf eine Bank zu Tal.Da glänzt' an ihrem Leibe ihr herrlich Gewand;Gar manche die das sahen hätten sie wohl gern gekannt. (1811)Gleich den wilden Tieren gaffte sie da an,Die vermessnen Helden, mancher Hennenmann.Da sah sie durch ein Fenster Etzels Königin:Sich trübte da von neuem der schönen Kriemhilde Sinn. (1812)Sie gedachte ihres Leides: Zu weinen hub sie an.Darüber war verwundert das Volk in Etzels Bann:“Was ihr so geschwinde getrübt den hohen Mut?”Da sprach sie: “Das tat Hagen, ihr Helden kühn und auch gut.” (1813)Sie sprachen zu der Frauen: “Wie ist das geschehn?Wir haben euch noch eben wohlgemut gesehn.Wär er noch so verwogen, ders euch hat getan,Befehlt ihr uns die Rache, den Tod müsst er empfahn.” (1814)“Dem wollt ich immer danken, der rächte dieses Leid,Was er nur begehrte, ich wär dazu bereit.Ich biete mich euch zu Füßen,” so sprach das Königsweib,“Rächet mich an Hagen, er verliere Leben und Leib.” (1815)