Schnell scharten sich die Kühnen, sechzig an der Zahl. Der Königin zu Liebe wollten sie vor den Saal, Und wollten Hagen schlagen, diesen kühnen Mann Und auch den Fiedelspieler; das ward einmütig getan. (1816) Als so gering den Haufen die Königin ersah, Grimmes Mutes sprach sie zu den Helden da: “Von solchem Unterfangen rat ich abzustehn: Wohl dürft ihr in so kleiner Zahl mit Hagen nicht streiten gehn. (1817) “So stark auch und gewaltig von Tronje Hagen sei, Noch ist bei weitem stärker, der ihm da sitzet bei, Volker der Fiedler, das ist ein übler Mann: Wohl dürft ihr diesen Helden nicht mit so wenigen nahn.” (1818) Als sie die Rede hörten scharten sich ihrer mehr, Vierhundert Recken. Der Königstochter hehr Lag sehr am Herzen die Rache für ihr Leid. Dadurch ward bald den Degen viel Not und Sorge bereit. (1819) Als sie ihr Heergesinde wohl bewaffnet sah, Zu den schnellen Degen sprach die Königin da: “Nun harret eine Weile, ihr sollt noch stille stehn: Ich will unter Krone hin zu meinen Feinden gehn. (1820) So mögt ihr selber hören was mir hat getan Hagen von Tronje in König Gunthers Bann. Ich weiß ihn so vermessen, er leugnets nimmermehr: So frag ich auch nicht weiter was ihm geschehe nachher.” (1821) Da sah der Fiedelspieler, der wunderkühne Mann, Die edle Königstochter von einer Stiege nahn, Die aus dem Hause führte. Als er das ersah, Zu seinem Heergesellen sprach der kühne Volker da: (1822) “Nun schaut, Freund Hagen, wie von dorten naht, Die uns ohne Treue ins Land geladen hat. Ich sah mit einer Königin noch nie so manchen Mann Die Schwerter in den Händen also streitlustig nahn. (1823) Wisset ihr, Freund Hagen, dass euch die Fraue grollt, So will ich euch raten, dass ihr hüten sollt Des Lebens und der Ehre; fürwahr, das dünkt mich gut: Soviel ich mag erkennen ist ihnen zornig zu Mut. (1824) Es scheinen auch die Meisten von Brüsten stark und breit: Wer seines Lebens hüten will, der tu es noch beizeit. Ich seh sie lichte Harnische an dem Leibe tragen. Was sie damit meinen, das hör ich niemanden sagen.” (1825) Da sprach im Zornmute Hagen der kühne Mann: “Ich weiß wohl, es wird alles meinethalb getan, Dass sie die lichten Waffen tragen an der Hand; Vor denen aber reit ich noch in der Burgonden Land. (1826) Nun sagt mir, Freund Volker, denkt ihr mir beizustehn, Wenn mit mir streiten wollen die in Kriemhilds Lehn? Das lasst mich erfahren so lieb als ich euch sei: Ich steh euch immer wieder getreulich mit Diensten bei.” (1827) “Gewiss ich will euch helfen,” sprach der Fiedelmann. “Und säh ich uns entgegen mit seinem ganzen Bann Den Heunenkönig kommen: Solang ich leben muss Weich ich von eurer Seite aus Furcht auch nicht einen Fuß.” (1828) “Nun lohn euch Gott vom Himmel, viel edler Volker! Wenn sie mit mir streiten, wes bedarf ich mehr? Wollt ihr mir helfen wie ich jetzt vernommen, So mögen diese Recken fein behutsam näher kommen.” (1829) “Stehn wir auf vom Sitze,” sprach der Fiedelmann, “(Sie ist doch eine Königin) so sie nun kommt heran. Wenn man diese Ehre der edeln Frauen tut Um der Sitte willen, so heißt es jeglicher gut.” (1830) “Nein! Wenn ihr mich liebet,” sprach dawider Hagen: “Es möchten diese Degen mit dem Wahn sich tragen, Dass ichs aus Feigheit täte und gedächte wegzugehn: Von meinem Sitze mein ich vor ihrer keinem aufzustehn. (1831)