Da möchten wir ja lieber im Sturme liegen tot. Das möge Gott erbarmen; wie verlieren wir den Leib! Wie grimmig rächt ihr Zürnen an uns des Königes Weib!” (2178) Da sprach darinnen einer: “Wir finden hier den Tod. Was hat der Gruß geholfen, den uns der König bot? Mir tut vor starker Hitze der Durst so grimmig weh, Ich fürchte, mein Leben in diesen Nöten zergeh!” (2179) Da begann von Tronje Hagen, der Ritter gut: “Wen der Durst bezwingen will, der trinke hier das Blut, Das ist in solcher Hitze besser noch als Wein; Zu essen und zu trinken kann hier nichts anderes sein.” (2180) Hinging der Recken einer, wo er einen Toten fand, Er kniet' ihm zu der Wunde, den Helm er nieder band; Da hub er an zu trinken das fließende Blut: So wenig ers gewohnt war, er fand es köstlich und gut. (2181) “Nun lohn euch Gott, Herr Hagen,” sprach der müde Mann, “Dass ich durch eure Lehre so guten Trunk gewann: Man schenkte mir noch selten einen bessern Wein. Leb ich noch eine Weile, ich will euch stets gewogen sein.” (2182) Als das die andern hörten, es dünkte ihn so gut, Da kamen ihrer viele und tranken auch das Blut. Davon gewann viel Kräfte der guten Helden Leib: Das entgalt an lieben Freunden bald manches waidliche Weib. (2183) Das Feuer fiel gewaltig auf sie in den Saal: Sie wandten mit den Schilden es von sich ab im Fall. Der Rauch und auch die Hitze schmerzten sie gar sehr: Also großer Jammer geschieht wohl Helden nimmer mehr. (2184) Da sprach von Tronje Hagen: “Stellt euch an die Wand; Lasst nicht die Brände fallen auf eurer Helme Band, Und tretet mit den Füßen sie tiefer in das Blut: Eine üble Hochzeit ist es, zu der die Königin uns lud.” (2185) Unter solchen Nöten zerronnen war die Nacht: Noch hielt vor dem Hause der kühne Spielmann Wacht Und Hagen sein Geselle, gelehnt auf Schildesrand, Noch größern Leids gewärtig vor denen aus Etzels Land. (2186) * Dass der Saal gewölbt war, half den Gästen sehr. Dadurch bleiben ihrer am Leben desto mehr; Nur dass sie an den Fenstern vom Feuer litten Not. Da wehrten sich die Degen wie Mut und Ehre gebot. (2187) Da sprach der Fiedelspieler: “Nun lasst uns in den Saal, So wähnen wohl die Heunen, wir seien allzumal Von der Qual erstorben, die sie uns angetan: Dann kommen doch noch manche zum Streit mit ihnen heran.” (2188) Da sprach von Burgonden Geiselher das Kind: “Mich dünkt, es wolle tagen, sich hebt ein kühler Wind. Nun lass uns Gott vom Himmel noch liebre Zeit erleben! Eine arge Hochzeit hat uns meine Schwester Kriemhild gegeben.” (2189) Da sprach wieder einer: “Ich fühle schon den Tag. Wenn es denn uns Degen nicht besser werden mag, So waffnet euch, ihr Recken, und wahret euern Leib: Wohl naht uns ehstens wieder hier des König Etzel Weib.” (2190) Der Wirt mochte wähnen, die Gäste wären tot Von ihren Drangsalen und von des Feuers Not: Da lebten drin so kühner noch sechshundert Mann, Dass wohl nie ein König bessre Degen gewann. (2191) Der Heimatlosen Hüter hatten wohl gesehn, Dass noch die Gäste lebten, was ihnen auch geschehn Zu Schaden war und Leibe, den Herrn und ihrem Lehn: Man sah sie wohl geborgen im Saale auf und nieder gehn. (2192) Man sagte Kriemhilden, noch viele lebten drin. “Wie wäre das möglich,” sprach die Königin, “Dass noch einer lebte nach solcher Feuersnot? Lieber will ich glauben, sie starben alle den Tod.” (2193) Noch wünschten zu entkommen die Fürsten und ihr Lehn, Wenn noch jemand Gnade an ihnen ließ ergehn.