auf sie zu hinken. Alle vier verstummten und sahen ihn beklommen an, doch so leise und sanft wie jetzt hatten sie ihn noch nicht sprechen gehort.
»Ist schon gut, Kleiner«, sagte er zu Neville.»Willst du nicht kurz mit mir hoch ins Buro kommen? Keine Sorge… wir trinken zusammen ein Ta?chen Tee…«
Die Aussicht auf eine Tasse Tee mit Moody schien Neville noch mehr Angst einzujagen. Er blieb stumm und ruhrte sich nicht vom Fleck.
Moody lie? sein magisches Auge auf Harry ruhen.»Dir geht's gut, nicht wahr, Potter?«
»Ja«, sagte Harry, fast herausfordernd.
Moodys blaues Auge zitterte leicht in seiner Hohle, wahrend er Harry mit prufendem Blick ansah.
»Du mu?t es erfahren«, sagte er schlie?lich.»Es kommt dir vielleicht hart vor, aber du mu?t es erfahren. Hat keinen Sinn sich was vorzumachen… nun denn… komm mit, Longbottom, ich hab da ein paar Bucher, die dich interessieren werden.«
Neville warf den drei Freunden einen flehenden Blick zu, doch sie sagten kein Wort, und so hatte er keine Wahl, als sich, eine von Moodys knochernen Handen auf der Schulter, mit sanfter Gewalt fortfuhren zu lassen.
»Was sollte das jetzt wieder?«, sagte Ron, als Neville und Moody um die Ecke verschwunden waren.
»Keine Ahnung«, sagte Hermine mit nachdenklicher Miene.
»Bestimmt 'ne Lektion fur uns, oder?«, sagte Ron zu Harry auf dem Weg zur Gro?en Halle.»Fred und George hatten Recht, siehst du? Er kennt sich wirklich aus, dieser Moody. Wie er Avada Kedavra gebracht hat und diese Spinne dann tot umgefallen ist, so einfach den Loffel abgegeben hat -«
Doch Ron verstummte, als er den Ausdruck auf Harrys Gesicht sah, und sprach erst wieder, als sie in die Gro?e Halle gelangten, wo er vorschlug, am Abend schon mal mit den Voraussagen fur Professor Trelawney anzufangen, da sie sicher Stunden dafur brauchen wurden.
Hermine hielt sich aus dem Gesprach zwischen Harry und Ron heraus, putzte in aller Hast ihren Teller leer und sturzte dann wieder in Richtung Bibliothek davon. Harry und Ron schlenderten zuruck in den Gryffindor-Turm, und Harry, der beim Essen an nichts anderes gedacht hatte, sprach jetzt selbst die Sache mit den Unverzeihlichen Fluchen an.
»Wurden Moody und Dumbledore nicht Schwierigkeiten mit dem Ministerium kriegen, wenn die erfahren, da? wir die Fluche gesehen haben?«, fragte Harry, als sie auf die fette Dame zugingen.
»Jaah, ziemlich sicher«, sagte Ron.»Aber Dumbledore hat immer seinen eigenen Kopf durchgesetzt, und Moody hat, glaube ich, schon seit Jahren Schwierigkeiten mit denen. Greift erst an und stellt dann Fragen – denk nur an seine Mulleimer. Quatsch.«
Die fette Dame klappte zur Seite und gab das Eingangsloch frei, und sie kletterten in den Gemeinschaftsraum der Gryffindors, der heute Abend uberfullt und larmig war.
»Also, wie war's mit dem Wahrsagekram?«, sagte Harry.
»Mu? wohl sein«, stohnte Ron.
Sie gingen hoch in den Schlafsaal, um ihre Bucher und Karten zu holen, und fanden dort Neville allein auf dem Bett sitzend und lesend. Er sah um einiges ruhiger aus als nach Moodys Unterricht, wenn auch noch nicht ganz beisammen. Seine Augen waren noch ziemlich rot.
»Geht's dir gut, Neville?«, fragte Harry.
»Ja, ja«, sagte Neville,»mir geht's gut, danke. Ich lese gerade dieses Buch, das mir Professor Moody geliehen hat…«
Er hielt das Buch hoch: Magische Wasserpflanzen des Mittelmeeres und ihre Wirkungen.
»Professor Sprout hat namlich Professor Moody erzahlt, da? ich in Krauterkunde wirklich gut bin«, sagte Neville. In seiner Stimme lag ein Hauch von Stolz, den Harry bei ihm kaum einmal wahrgenommen hatte.»Er dachte, dieses Buch wurde mir gefallen.«
Neville zu sagen, was Professor Sprout berichtet hatte, war eine sehr taktvolle Art, ihn aufzumuntern, fand Harry, denn Neville bekam sehr selten zu horen, da? er in irgend etwas gut sei. Auf diese Weise hatte es auch Professor Lupin versucht.
Harry und Ron nahmen ihre Exemplare von Entnebelung der Zukunft mit nach unten, suchten sich einen freien Tisch und machten sich an ihre Vorhersagen fur den kommenden Monat. Eine Stunde spater war ihr Tisch zwar ubersat mit Pergamentblattern voll Zahlen und Symbolen, und Harrys Kopf war vernebelt, als ware er gefullt mit den Ausdunstungen von Professor Trelawneys Feuer, doch eigentlich waren sie kaum vorangekommen.
»Ich hab keinen Schimmer, was dieses Zeug hier bedeuten soll«, sagte er und starrte auf eine lange Liste mit Zahlen und Formeln.
»Wei?t du was«, sagte Ron, dem die Haare zu Berge standen, weil er vor Arger standig mit den Fingern durch seinen Schopf fuhr,»ich glaube, wir probieren es mal wieder mit unserer alten Wahrsagekrucke.«
»Wie bitte – das Ganze erfinden?«
»Ja«, sagte Ron, wischte das Gewirr bekritzelter Pergamente vom Tisch, stippte seine Feder ins Tintenfa? und begann zu schreiben.
»Am nachsten Montag«, sagte er eifrig kritzelnd,»werd ich wahrscheinlich einen Schnupfen kriegen, und zwar weil Mars und Jupiter ganz ungunstig zueinander stehen.«Er sah zu Harry auf.»Du kennst sie doch – misch 'ne hubsche Portion Elend rein, und sie leckt es dir aus der Hand.«
»Stimmt«, sagte Harry, knullte seinen ersten Versuch zusammen und warf den Pergamentball uber die Kopfe einiger schnatternder Erstkla?ler hinweg ins Feuer.»Gut… am Montag gerate ich in Gefahr – ahm – mich zu verbrennen.«
»Da kannst du Gift drauf nehmen«, sagte Ron mit finsterem Blick,»am Montag sehen wir die Kroter wieder. Schon, am Dienstag werd ich dann… ahm…«
»Etwas verlieren, das dir lieb und teuer ist«, sagte Harry, der auf der Suche nach Anregungen durch Entnebelung der Zukunft blatterte.
»Gute Idee«, sagte Ron und schrieb sie auf.»Wegen… ahm… Merkur. Wie war's, wenn dir jemand, den du fur einen Freund gehalten hast, ein Messer in den Rucken sto?t?«
»Jaah… cool…«, sagte Harry und lie? die Feder kratzen,»weil… Venus im zwolften Haus steht.«
»Und am Mittwoch, glaub ich, krieg ich bei einer Prugelei was auf die Nase.«
»Aaah, eigentlich wollte ich mich prugeln. Gut, dann verlier ich eine Wette.«
»Ja, du wettest, da? ich die Prugelei gewinne…«
So strickten sie noch eine Stunde weiter an ihren Vorhersagen (die immer tragischer wurden), wahrend die anderen allmahlich schlafen gingen.
Krummbein kam zu ihnen herubergeschlenzt, sprang leichtfu?ig auf einen leeren Stuhl und starrte Harry mit unergrundlichen Augen an, ganz so, wie Hermine schauen wurde, wenn sie gewu?t hatte, da? sie ihre Hausaufgaben nicht ordentlich erledigten.
Harry lie? den Blick durch das Zimmer schweifen und versuchte sich ein Ungluck einfallen zu lassen, das er noch nicht aufgebraucht hatte, da sah er Fred und George an der Wand gegenuber sitzen, die Kopfe zusammengesteckt und mit gezuckten Federn uber einem Pergament brutend. Man sah die beiden nur ganz selten in einer Ecke versteckt und stumm bei der Arbeit; meist liebten sie den Trubel und waren dann auch der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Wie sie da gemeinsam an ihrem Pergament arbeiteten, hatten sie etwas Geheimnistuerisches an sich, und Harry fiel ein, da? sie schon im Fuchsbau zusammengesessen und etwas geschrieben hatten. Damals hatte er gedacht, es ginge um ein neues Bestellformular fur Weasleys Zauberhafte Zauberscherze, doch diesmal sah es nicht danach aus, denn sonst hatten sie gewi? Lee Jordan an dem Spa? beteiligt. Er fragte sich, ob es etwas mit dem Versuch zu tun hatte, am Trimagischen Turnier teilzunehmen.
Harry sah jetzt, wie George den Kopf schuttelte, mit seiner Feder etwas durchstrich und mit ganz leiser Stimme, die dennoch durch den fast leeren Raum heruberwehte, zu Fred sagte:»Nein – das klingt, als wurden wir ihn beschuldigen. Wir mussen vorsichtig sein…«
Dann sah George auf und bemerkte, da? Harry sie beobachtete. Harry grinste und wandte sich rasch wieder seinen Vorhersagen zu – er wollte nicht, da? George dachte, er wurde lauschen. Kurz danach rollten die Zwillinge ihr Pergament zusammen, sagten gute Nacht und gingen zu Bett.
Die beiden waren gerade zehn Minuten fort, als das Portratloch aufging und Hermine in den Gemeinschaftsraum kletterte, in der einen Hand ein Blatt Pergament und in der anderen ein Kastchen mit schepperndem Inhalt.