»Etwas, das Franqois der Entdecker aus der Neuen Welt mitgebracht hat.«
Also bestellte Azzie Nachos, die sich als mit stinkendem Camenbert und Tomatenso?e bestrichene Platzchen aus Hafermehl entpuppten. Er spulte sie mit einem Krug dunklem Bier aus England hinunter und fuhlte sich sogleich besser.
Wahrend er a?, kam es ihm so vor, als wurde er beobachtet. Er blickte sich um. Am anderen Ende des Raumes stand ein Tisch, der in volliger Dunkelheit lag und nicht einmal von einer Kerzenflamme erhellt wurde. Azzie konnte eine Bewegung in der Finsternis ausmachen. Das Gefuhl, beobachtet zu werden, schien von dort auszugehen.
Azzie beschlo?, es vorerst zu ignorieren. Er bestellte eine weitere Portion Nachos und wechselte zu Wein uber. Nach einer Weile wurde er beschwipst und im Verlauf des Abends schlie?lich betrunken. Nicht einfach sturzbetrunken, sondern damonisch besoffen, und das will wirklich etwas hei?en. Er begann, ein kleines Lied anzustimmen, das Damonen aus Kanaan singen, wenn sie sich amusieren. Der Text lautete:
Das Lied hatte noch eine Menge Strophen mehr, aber es bereitete Azzie Schwierigkeiten, sich daran zu erinnern. Es fiel ihm sogar schwer, sich uberhaupt an irgend etwas zu erinnern. Es war sehr spat. Er hatte das Gefuhl, schon ziemlich lange hier zu sein. Als er sich umsah, bemerkte er, da? die anderen Gaste bereits verschwunden waren. Was hatte man ihm in den Wein getan? Ihm war schwindlig, er war nicht nur betrunken, sondern stinkbesoffen. Sein Magen fuhlte sich seltsam an, und er war sich nicht sicher, ob er aufstehen konnte. Schlie?lich kampfte er sich unter gro?en Anstrengungen auf die Beine.
»Wer hat mir das angetan?« wollte er fragen, aber er brachte nur ein Lallen hervor.
»Hallo, Azzie«, erklang eine Stimme irgendwo hinter ihm.
Azzie meinte, die Stimme schon einmal gehort zu haben. Er versuchte, sich umzudrehen, doch genau in diesem Moment traf ihn irgend etwas Schweres auf den Hinterkopf in der Nahe seines linken Ohrs, eine ziemlich empfindliche Stelle fur alle Damonen. Normalerweise hatte er die Wirkung eines solchen Schlages abschutteln konnen. Es ist nicht leicht, einen Damon zu Boden zu schlagen. Aber durch den starken Alkohol in Verbindung mit der unbekannten Substanz, die man ihm beigemischt hatte, war Azzies Widerstandskraft gleich Null. Tod und Verdammnis! Er hatte sich in die Falle locken lassen. Und das war alles, was ihm im Moment dazu einfiel, denn er verlor so schnell das Bewu?tsein, da? ihm erst sehr viel spater klarwerden sollte, uberhaupt ohnmachtig geworden zu sein.
KAPITEL 10
Eine unbestimmbare Zeitspanne spater wachte Azzie wieder auf, benommen und nicht gerade guter Laune. Er hatte einen gewaltigen Kater. Azzie versuchte, sich auf die Seite zu drehen, um die Schmerzen in seinem Kopf zu lindern, und stellte fest, da? er sich kaum bewegen konnte. Seine Arme schienen gefesselt zu sein, seine Beine ebenfalls. Und der Rest seines Korpers war an einen gro?en Stuhl geschnallt.
Er offnete zwei- oder dreimal versuchsweise kurz die Augen, lie? sie dann endgultig offen und sah sich um. Anscheinend befand er sich in einer unterirdischen Kammer. Er sah die Hohlenwande, die mit Glimmer durchsetzt waren und phosphoreszierend schimmerten.
»Hallo!« rief er. »Ist da irgend jemand?«
»O ja«, antwortete ihm eine Stimme. »Ich bin genau hier.«
Azzie strengte sich an, und nach einer Weile konnte er eine Gestalt im dusteren Licht ausmachen. Es war eine kleine Gestalt, und sie trug einen Bart. Er erkannte das Gesicht wieder, zumindest das, was davon unter dem Bartwuchs zu sehen war.
»Rognir!« Es war tatsachlich der Zwerg, den er hatte uberreden konnen, ihm das Felixit und seinen Schatz zu uberlassen.
»Ich gru?e dich, Azzie.« Die Schadenfreude in Rognirs Stimme war unuberhorbar. »Geht es dir vielleicht nicht allzu gut?«
»Nicht gerade gut, nein«, erwiderte Azzie. »Aber das macht nichts, ich verfuge uber gro?e Regenerationskrafte. Ich scheine mich in irgend etwas verfangen zu haben, das mich an diesen Stuhl fesselt. Wenn du mich freundlicherweise losmachen und mir einen Schluck Wasser geben konntest, werde ich bestimmt einigerma?en in Ordnung sein.«
»Dich losmachen?« fragte Rognir. Er lachte hohnisch, wie es Zwerge so oft tun. Andere Stimmen fielen mit ein, gefolgt von einem Flustern.
»Mit wem sprichst du?« erkundigte sich Azzie. Nachdem sich seine Augen allmahlich auf die Lichtverhaltnisse einstellten, konnte er sehen, da? sich au?er ihm und Rognir noch andere Gestalten in der Hohle befanden. Es waren kleine Manner, alles Zwerge. Sie standen im Kreis um ihn herum und starrten ihn mit glitzernden Augen an.
»Das sind Zwerge aus meinem Stamm«, sagte Rognir. »Ich konnte sie dir vorstellen, aber wozu sich die Muhe machen? Du wirst nicht lange genug fur belanglose Plaudereien und unterhaltsame Gesprache hier sein.«
»Aber was hat das alles zu bedeuten?« fragte Azzie, obwohl er es sich recht gut vorstellen konnte.
»Du schuldest mir etwas, darum geht es«, erwiderte Rognir.
»Das wei? ich. Aber ist das eine vernunftige Art, daruber zu diskutieren?«
»Dein Diener wollte uns nicht ins Haus lassen, als wir gekommen sind, um mit dir daruber zu sprechen.«
»Dieser Frike«, schmunzelte Azzie. »Er ist so fursorglich.«
»Vielleicht ist er das. Aber ich will mein Geld, und ich bin hier, um es einzutreiben. Sofort. Auf der Stelle.«
Azzie zuckte die Achseln. »Du hast vermutlich bereits meine Taschen durchwuhlt und wei?t deshalb, da? ich au?er Kleingeld und ein oder zwei Ersatzzaubern nichts bei mir habe.«
»Und selbst das hast du jetzt nicht mehr«, gab Rognir zuruck. »Wir habe es dir abgenommen.«
»Was willst du dann noch von mir?«
»Die Ruckzahlung! Ich mochte nicht nur den Gewinn, den du mir fur meinen Schatz versprochen hast, sondern auch den Schatz selbst.«
Azzie gab ein leises belustigtes Lachen von sich. »Mein lieber Freund, das ware doch alles gar nicht notig gewesen. Tatsachlich bin ich sogar nach Paris gekommen, um dich aufzusuchen und dir mitzuteilen, wie gut sich deine Investition entwickelt.«
»Hah!« machte Rognir, eine Bemerkung, die alles mogliche bedeuten konnte, in diesem Fall wohl aber seine Unglaubigkeit ausdrucken sollte.
»Komm schon, Rognir, diese Ma?nahmen sind wirklich uberflussig. La? mich frei, und wir sprechen wie Ehrenmanner uber alles.«
»Du bist kein Ehrenmann«, stellte Rognir fest. »Du bist ein Damon.«
»Und du bist ein Zwerg«, konterte Azzie. »Aber du wei?t, was ich meine.«
»Ich mochte mein Geld.«
»Du scheinst vergessen zu haben, da? die Vereinbarung fur ein Jahr gilt«, sagte Azzie. »Die Frist ist noch nicht abgelaufen. Du machst gute Profite. Wenn die Zeit gekommen ist, erhaltst du dein Kapital zuruck.«
»Ich habe mir diese Sache uberlegt und bin zu dem Schlu? gekommen, da? mir die Vorstellung, sein Kapital fur sich arbeiten zu lassen, nicht behagt. Ich habe den Verdacht, es konnte der Arbeiterklasse – wie uns Zwergen – etwas Furchtbares antun. Du wei?t schon, ein Juwel im Sack ist besser als zwei oder drei auf irgendeinem auslandischen Kapitalmarkt, der zusammenbrechen konnte.«
»Ein Handel ist ein Handel«, erwiderte Azzie, »und du warst einverstanden, mir dein Kapital fur ein Jahr zu uberlassen.«
»Na schon, dann ziehe ich meine Zusage jetzt eben zuruck. Ich will meinen Einsatz wiederhaben.«
»Solange ich gefesselt bin, kann ich nichts fur dich tun«, sagte Azzie.
»Aber wenn wir dich freilassen, ziehst du irgendeinen Zauber aus dem Armel, und das war es dann fur uns und unser Geld.«
Genau das war Azzies Plan gewesen. Um die Aufmerksamkeit in eine andere Richtung zu lenken, fragte er: »Was hat es mit diesem ›uns‹ und ›wir‹ auf sich? Warum mischen sich diese anderen Zwerge ein?«
»Sie sind meine Partner in diesem Unternehmen«, erklarte Rognir. »Vielleicht kannst du mich zu irgendeiner