gemeldet. Er wurde zum Offizier befordert und der Sanitatsverwaltung zugewiesen. Spater, als sich die Marinelazarette mit Verwundeten fullten, hatte Leutnant Tomaselli sich als fahiger Verwaltungsfachmann mit einem gesunden Instinkt fur die schwer erfa?bare Grenzlinie zwischen der medizinischen Praxis und der Arbeit der Lazarettverwaltung erwiesen.
Nach dem Krieg stand er vor der Wahl, wieder Rechtsanwalt zu werden oder bei der Krankenhausarbeit zu bleiben. Er entschied sich fur das letztere und trat in die Schule fur Krankenhausverwaltung bei der Columbia Universitat ein. Sein Abschlu?examen bestand er zu einer Zeit, als sich die Ansicht durchsetzte, da? die Krankenhausverwaltung ein Spezialgebiet sei, fur das ein medizinisches Studium weder notwendig noch besonders nutzlich war. Das fuhrte zu einer lebhaften Nachfrage nach guten Verwaltungsleuten. Und nach zwei Jahren als stellvertretender Verwaltungsdirektor nahm er Orden Browns Angebot fur den leitenden Posten beim Three Counties Hospital an.
Die Arbeit dort war Harry Tomaselli ans Herz gewachsen. Er teilte Kent O'Donnells Ansichten uber die Notwendigkeit eines hohen medizinischen Standards und respektierte die Geschaftstuchtigkeit und die bedachtige Vorsicht des Ausschu?vorsitzenden Orden Brown. Als Verwaltungsdirektor bestand Tomasellis Aufgabe darin, dafur zu sorgen, da? alle Zweige des Krankenhauses - Krankenpflege, Haushaltsfuhrung, die technischen Abteilungen, die Gebaude, die Buchhaltung und ihre Unterabteilungen - den Anforderungen entsprachen, die die beiden anderen Manner stellten.
Er loste seine Aufgabe durch Ubertragung der Verantwortung - er bewies eine gluckliche Hand fur die Ernennung guter Abteilungsleiter - und durch ein starkes personliches Interesse an allem, was in dem Krankenhaus geschah. Fast nichts von Bedeutung entging Harry Tomaselli. Jeden Tag konnte man seine kleine, untersetzte Gestalt durch die Korridore des Krankenhauses eilen sehen, wobei er aber haufig stehenblieb, um sich mit Schwestern, Patienten, Hausmeistern, Buroangestellten, Kochen und jedem, der ihm etwas uber das Krankenhaus sagen oder Anregungen vorbringen konnte, wie es besser zu machen sei, zu unterhalten. Neue Gedanken regten ihn an. Sein eigener Eifer spornte andere an. Manchmal stand er mit vorgeschobenem Kopf und hinter seiner schwarzgefa?ten Brille funkelnden Augen da und sprudelte die Worte heraus, um mit seinen galoppierenden Gedanken Schritt zu halten, wobei seine Hande jeden wichtigen Punkt, den er au?erte, unterstrichen.
Bei seinen Streifzugen machte sich Harry Tomaselli selten eine Notiz. Seine Erfahrung als Rechtsanwalt ermoglichte ihm, die verschiedenst gearteten Fakten im Kopf zu behalten und bereit zu haben. Aber nach jeder Inspektionstour feuerte er eine Salve knapp gefa?ter Memoranden nach allen Orten, gro?en und kleinen, wo seiner Ansicht nach in der Verwaltung des Three Counties Hospitals etwas verbessert werden konnte.
Zu all dem besa? er ein diplomatisches Gefuhl fur den richtigen Ton und das richtige Wort und verargerte selten jemand. Er au?erte eine Beanstandung, sprach dann aber unbefangen von etwas anderem weiter. Und wenn er auch nie ein Wort zuviel verwendete, war der Ton seiner Memoranden immer freundlich. Er verabscheute es, einen Angestellten zu entlassen, wenn kein unentschuldbarer Versto? vorlag. Haufig erklarte er seinen Abteilungsleitern: »Wenn bei uns jemand uber einen Monat gearbeitet hat, haben wir in seine Erfahrung Kapital investiert. Es ist zu unserem Vorteil, wenn wir ihn erziehen und an uns gewohnen, statt es mit einem anderen zu versuchen, der andere Fehler haben mag, an die wir nicht dachten.« Weil dieser Grundsatz respektiert und anerkannt wurde, herrschte bei den Angestellten eine hohe Arbeitsmoral.
In der Verwaltung gab es allerdings immer noch Dinge, die ihm Sorgen machten. Von einigen Abteilungen wu?te er, da? dort besser gearbeitet werden konnte. Es bestanden noch Moglichkeiten, die Pflege der Patienten zu verbessern. Ein gro?er Teil der alten Einrichtungen mu?te verschrottet und ersetzt werden. Es gab neuentwickelte Gerate - die kinematographische Rontgenkamera war ein Beispiel -, die ein Krankenhaus unter idealen Voraussetzungen besitzen mu?te. Durch den geplanten Neubau konnte ein Teil der vorhandenen Mangel behoben werden, aber nicht alle. Wie ODonnell war ihm bewu?t, da? Jahre der Arbeit vor ihnen lagen und da? manches Ziel vielleicht nie zu erreichen war. Aber das war schlie?lich der Weg, der zum Erfolg fuhrte: man versuchte immer, etwas mehr anzustreben, als man erfullen konnte.
Seine Gedanken wurden durch Orden Brown in die Gegenwart zuruckgerufen. Der Vorsitzende setzte O'Donnell auseinander: »Naturlich sind im Verlauf der Sammelaktion eine ganze Reihe gesellschaftlicher Veranstaltungen unvermeidlich. Ja, und noch etwas. Ich fande es eine gute Idee, Kent, wenn Sie vor dem Rotary Club einen Vortrag hielten. Sie konnten dort erklaren, was mit dem Neubau erreicht werden soll, uber unsere Zukunftsplane sprechen und so weiter.«
O'Donnell, der wenig Neigung verspurte, offentlich aufzutreten, besonders nicht in der reglementiert wohlwollenden Atmosphare eines Klubs, unterdruckte gerade noch eine Grimasse. Statt dessen sagte er: »Wenn Sie glauben, da? es nutzt, bin ich dazu bereit.«
»Einer meiner Leute gehort zum Vorstand des Rotary Clubs«, erklarte Orden Brown. »Ich werde dafur sorgen, da? er alles arrangiert. Am besten in der Woche, in der die Sammelaktion beginnt. In der darauffolgenden Woche konnten wir vielleicht das gleiche bei den Kiwanis versuchen.«
O'Donnell uberlegte, ob er dem Vorsitzenden nahelegen solle, ihm noch Zeit zum Operieren zu lassen, weil er sonst kaum seine Beitragsquote erfullen konne. Aber er lie? es dann lieber.
»Ubrigens«, fragte Orden Brown, »sind Sie ubermorgen zum Abendessen frei?«
»Ja«, antwortete O'Donnell bereitwillig. Die stille, gediegene Wurde eines Abendessens in dem Haus auf dem Berg lockte ihn immer.
»Dann mochte ich, da? Sie mit mir zu Eustace Swayne kommen.« Als er O'Donnells Uberraschung sah, fugte der Vorsitzende hinzu: »Es stimmt schon. Sie sind eingeladen. Er bat mich, es Ihnen mitzuteilen.«
»Ja, ich komme gern.« Dennoch uberraschte ihn die Einladung in das Haus des konservativsten Mitgliedes des Krankenhausausschusses. Naturlich hatte O'Donnell Swayne ein paarmal gesehen, aber er hatte ihn nie naher kennengelernt.
»Tatsachlich stammt der Vorschlag von mir«, erklarte Brown. »Ich mochte, da? Sie sich mit ihm ganz allgemein uber das Krankenhaus unterhalten. Er soll ein paar Ihrer Gedanken verstehen, falls Sie sie ihm klarmachen konnen. Offen gesagt ist die Zusammenarbeit im Ausschu? mit ihm manchmal problematisch. Aber das wissen Sie naturlich selbst.«
»Ich werde tun, was ich kann.« Nachdem O'Donnell begriff, um was es ging, fand er den Gedanken einer engeren
Beteiligung an der Ausschu?politik wenig reizvoll. Bisher war es ihm gelungen, sich von ihr fernzuhalten. Aber er konnte Orden Browns Wunsch nicht ablehnen.
Der Vorsitzende griff nach seiner Aktentasche und schickte sich an, zu gehen. Tomaselli und O'Donnell erhoben sich mit ihm.
»Es wird nur eine kleine Gesellschaft«, erklarte Orden Brown. »Vielleicht ein halbes Dutzend Personen. Sollen wir Sie auf dem Weg durch die Stadt nicht abholen? Ich rufe Sie an, ehe wir abfahren.«
O'Donnell bedankte sich murmelnd, wahrend der Vorsitzende mit einem freundlichen Kopfnicken das Zimmer verlie?.
Kaum hatte sich die Tur hinter Orden Brown geschlossen, als die gro?e, schlanke Kathy Cohen, Tomasellis Sekretarin, eintrat. »Entschuldigen Sie, da? ich store«, sagte sie.
»Was gibt es, Kathy?«
Sie wandte sich an den Verwaltungsdirektor. »Da ist ein Mann am Telefon, der Sie unbedingt sprechen will. Ein Mr. Bryan.«
»Ich habe jetzt mit Dr. O'Donnell zu tun. Sagen Sie ihm, ich rufe zuruck.« Tomaselli schien uberrascht. Normalerweise brauchte er Kathy etwas derartig Grundlegendes nicht zu sagen.
»Das habe ich ihm schon erklart, Mr. Tomaselli«, antwortete sie zogernd. »Aber er ist sehr hartnackig. Er sagt, er sei der Mann einer Patientin. Ich hielt es fur richtig, Sie zu benachrichtigen.«
»Vielleicht konnen Sie kurz mit ihm sprechen, Harry.« O'Donnell nickte der Sekretarin zu. »Erlosen Sie Kathy von ihm. Ich warte solange.«
»Also gut.« Der Verwaltungsdirektor griff nach einem seiner beiden Telefone.
»Es ist Leitung vier.« Die Sekretarin wartete, bis die Verbindung hergestellt war, und ging dann in das Vorzimmer zuruck.
»Verwaltung.« Tomasellis Ton war freundlich. Dann horte er mit etwas gerunzelter Stirn dem Mann am anderen Ende der Leitung zu.
O'Donnell konnte die knarrende Stimme aus dem Horer vernehmen. Er verstand einzelne Worte: