».unmogliche Situation.. .Belastung fur die Familie. mu? geklart werden.«
Tomaselli legte seine Hand uber die Sprechmuschel. Zu O'Donnell sagte er: »Er ist wirklich in Fahrt. Irgend etwas mit seiner Frau. Ich verstehe noch nicht ganz.« Er horte noch einen Augenblick zu. »Bitte, Mr. Bryan. Erklaren Sie mir von Anfang an genau, um was es sich handelt.« Er griff nach einem Block und nach einem Bleistift und sagte dann: »Ja, Sir.« Eine Pause. »Nun sagen Sie mir bitte, wann Ihre Frau im Krankenhaus aufgenommen wurde.« In dem Horer rauschte es wieder, und der Verwaltungsdirektor notierte schnell. »Und wer ist Ihr Arzt?« Wieder eine Notiz. »Und das Datum der Entlassung?« Eine Pause. »Ja, ich verstehe.«
O'Donnell verstand die Worte: ».kann keine befriedigende Erklarung bekommen.« Dann sprach Tomaselli wieder.
»Nein, Mr. Bryan, ich entsinne mich im einzelnen nicht an den Fall, aber ich werde nachforschen. Das verspreche ich Ihnen.« Er horte wieder zu und antwortete: »Ja, Sir, mir ist bekannt, was eine Krankenhausrechnung fur eine Familie bedeutet. Aber wie Sie wissen, arbeitet das Krankenhaus zu Selbstkosten.«
O'Donnell konnte immer noch die Stimme in dem Horer vernehmen, aber sie klang ruhiger, durch Tomasellis entgegenkommenden Ton besanftigt. Jetzt sagte der Verwaltungsdirektor: »Nun, Sir, der Arzt trifft die Entscheidung, wie lange ein Patient im Krankenhaus bleibt. Ich rate Ihnen, noch einmal mit dem Arzt Ihrer Frau zu sprechen, und inzwischen werde ich durch unsere Buchhaltung Ihre Rechnung Punkt fur Punkt uberprufen lassen.« Er horte noch einmal kurz zu. Dann: »Danke, Mr. Bryan. Guten Tag.« Er legte den Horer zuruck, ri? das Blatt mit den Notizen ab und legte es in einen Korb mit der Aufschrift >Diktat<.
»Was wollte er denn?« fragte O'Donnell beilaufig. In einem vielbeschaftigten Krankenhaus sind Beschwerden uber die Behandlung oder uber die Rechnungen nicht selten.
»Er beschwert sich, da? seine Frau zu lange hierbehalten wurde. Nun mu? er Schulden machen, um die Rechnung zu bezahlen.«
O'Donnell entgegnete scharf: »Woher wei? er, da? sie zu lange hierbehalten wurde?«
»Er sagt, er habe sich erkundigt, was er damit auch meint.« Nachdenklich fugte Tomaselli hinzu: »Es kann naturlich notwendig gewesen sein, aber die Frau war fast drei Wochen hier.«
»Und was folgt daraus?«
»Normalerweise wurde ich dem keine gro?e Bedeutung beimessen, aber wir haben ungewohnlich viele Beschwerden dieser Art erhalten. Sie sind nicht immer so scharf wie diese hier, liegen allerdings in der gleichen Richtung.«
Ein Gedanke ging O'Donnell durch den Kopf: das Wort Pathologie. Laut fragte er: »Wer war der behandelnde Arzt?«
Tomaselli sah in seine Notizen. »Reubens.«
»Wir wollen versuchen, ihn hierherrufen zu lassen.«
Tomaselli schaltete die Sprechanlage ein: »Kathy«, sagte er, »versuchen Sie, Dr. Reubens zu finden.«
Sie warteten schweigend. Von dem Gang drau?en konnten sie die gedampfte Stimme aus der Lautspreche ranlage des Krankenhauses horen: »Dr. Reubens, Dr. Reubens.« Gleich darauf schnarrte das Telefon. Tomaselli nahm den Horer ab und meldete sich. Dann reichte er ihn O'Donnell.
»Reub? Hier ist Kent O'Donnell.«
»Ja, was kann ich fur Sie tun?« O'Donnell vernahm die dunne, prazise Stimme von Reubens durch den Apparat.
»Hatten Sie eine Patientin« - er blickte auf Tomasellis Notizen, die der Verwaltungsdirektor ihm hingeschoben hatte -, »eine Mrs. Bryan?«
»Ja, das stimmt. Was ist denn? Hat ihr Mann sich beschwert?«
»Sie wissen also davon?«
»Naturlich wei? ich davon.« Reubens klang verargert. »Personlich bin ich der Meinung, da? er allen Grund hat, sich zu beschweren.«
»Woran lag es denn, Reub?«
»Es geht darum, da? ich Mrs. Bryan unter Verdacht eines Brustkrebses einwies. Ich habe die Geschwulst entfernt. Sie erwies sich als gutartig.«
»Warum haben Sie die Frau dann drei Wochen hierbehalten?« Wahrend er fragte, ging es O'Donnell durch den Kopf, da? man mit Reubens immer dieses Frage-und-Antwort-Spiel durchlaufen mu?te. Er gab selten von sich aus Auskunfte. Jetzt antwortete er: »Fragen Sie am besten Joe Pearson.«
»Es ist einfacher, wenn Sie es mir sagen, Reub.« O'Donnell blieb hartnackig. »Schlie?lich handelt es sich um Ihre Patientin.«
Es folgte ein Schweigen. Dann antwortete die dunne, knappe Stimme: »Also gut. Ich sagte schon, da? der Tumor gutartig war. Aber es nahm zwei und eine halbe Woche in Anspruch, um das festzustellen. Solange dauerte es, bis Pearson ihn sich unter dem Mikroskop vornahm.«
»Haben Sie ihn daran erinnert?«
»Nicht nur einmal, sondern uber ein halbes Dutzend Mal.
Wahrscheinlich hatte es noch langer gedauert, wenn ich nicht standig hinter ihm hergewesen ware.«
»Und das ist der Grund, weshalb Sie Mrs. Bryan hierbehalten haben? Ganze drei Wochen?«
»Naturlich.« Die Stimme am Telefon nahm einen sarkastischen Klang an. »Oder wollen Sie andeuten, ich hatte sie entlassen sollen?«
Reubens hatte in diesem Fall Grund, verargert zu sein, dachte O'Donnell. Fraglos war er in eine schwierige Lage gebracht worden. Wenn er die Patientin entlie?, konnte er gezwungen sein, sie zu einer weiteren Operation ins Krankenhaus zuruckzuholen, wie es Bill Rufus passiert war. Andererseits bedeutete jeder Tag mehr im Krankenhaus eine zusatzliche finanzielle Belastung fur die Familie. Er antwortete verbindlich: »Ich will nichts andeuten, Reub. Ich stelle nur ein paar Fragen.«
Offensichtlich hatte Reubens sich mit dem Problem beschaftigt. »Dann taten Sie gut daran, mit noch ein paar anderen zu reden. Ich bin nicht der einzige, dem das widerfahren ist. Kennen Sie die Geschichte von Bill Rufus?«
»Ja, ich kenne sie. Offen gesagt war ich der Ansicht, es sei inzwischen besser geworden.«
»Davon habe ich noch nichts gemerkt. Was gedenken Sie wegen Bryans Rechnung zu unternehmen?«
»Ich wei? nicht, ob sich da etwas tun la?t. Schlie?lich war seine Frau drei Wochen hier im Krankenhaus. Das Krankenhaus ist knapp bei Kasse, wie Sie wissen.« O'Donnell fragte sich: Wie wird Reubens wohl auf die Aufforderung reagieren, sechstausend Dollars zum Baufonds des Krankenhauses beizusteuern?
»Das ist bedauerlich. Der Mann ist sehr ordentlich. Tischler oder so was, der selbstandig arbeitet, und er ist nicht versichert. Daran wird er lange zu kauen haben.« O'Donnell antwortete nicht. Seine Gedanken liefen bereits voraus, waren auf das nachste gerichtet.
Wieder kam Reubens Stimme durch die Leitung: »War das alles?«
»Ja, Reub, das war alles. Danke.« Er reichte Harry Tomaselli den Horer zuruck.
»Harry, ich mochte heute nachmittag eine Besprechung abhalten.« O'Donnell hatte sich entschlossen, was er tun wollte. »Wir wollen versuchen, ein halbes Dutzend der alteren Arzte zu versammeln. Wenn es Ihnen recht ist, wollen wir uns hier treffen, und ich mochte, da? Sie daran teilnehmen.« Tomaselli nickte. »Das la?t sich machen.« O'Donnell ging im Geist die Namen durch. »Selbstverstandlich brauchen wir Harvey Chandler als Chef der inneren Abteilung. Und es ware gut, wenn auch Bill Rufus und Reubens dabei waren.« Er uberlegte. »O ja, und Charlie Dornberger. Er konnte eine Hilfe sein. Wieviel sind das?«
Der Verwaltungsdirektor uberflog die Namen, die er niedergeschrieben hatte. »Sechs mit Ihnen und mir. Wie ware es mit Lucy Grainger?«
O'Donnell zogerte kurz. Dann sagte er: »Also gut, dann sollen es sieben sein.«
»Die Tagesordnung?«Tomaselli hielt seinen Bleistift hoch. O'Donnell schuttelte den Kopf. »Wir brauchen keine. Es gibt nur ein Thema: Die Verhaltnisse in der Pathologie.«
Als der Verwaltungsdirektor Lucy Graingers Namen nannte, hatte O'Donnell nur aus einem Grund gezogert. Es erinnerte ihn an sein Zusammensein mit Lucy am Abend vorher.
Sie trafen sich zum Abendessen - das Ergebnis von O'Donnells Einladung an Lucy am Tag der Sterblichkeitskonferenz -, und im Palmenhof des Roosevelt Hotels tranken sie zusammen Cocktails und a?en anschlie?end geruhsam zu Abend. Es war ein angenehmes, entspanntes Zusammensein, und sie plauderten unbeschwert von sich, von Leuten, die sie kannten und von ihren eigenen Erlebnissen innerhalb und au?erhalb der