Angestellten des Krankenhauses, die in irgendeiner Form mit dem Empfang, der Vorbereitung und der Ausgabe der Verpflegung zu tun hatten, und ihre Bearbeitung wurde erst spat am nachsten Tag beendet werden. Im Augenblick waren die zweihundertachtzig Unterkulturen, von denen John Alexander gesprochen hatte, auf Gestellen im ganzen Laboratorium und im Brutkasten verteilt. Bei vielen war die endgultige Uberprufung schon abgeschlossen, aber bisher hatte noch keine die Person aufgedeckt - den vermuteten Typhustrager -, nach der sie Tag und Nacht angespannt und unermudlich gesucht hatten.
Das Telefon klingelte, und Pearson, der dem Wandtelefon im Labor am nachsten stand, antwortete. »Ja?« Er horte zu, erwiderte dann: »Nein, noch nichts. Ich sage Ihnen noch einmal, ich rufe Sie an, sobald wir etwas finden.« Er legte den Horer auf die Gabel zuruck.
John Alexander beendete eine Eintragung in ein Untersuchungsformular. Dann gab er der ihn plotzlich uberwaltigenden Mudigkeit nach und lie? sich auf einen unbequemen Laborstuhl sinken. Er schlo? einen Augenblick die Augen und geno? erleichtert die kurze Unterbrechung.
David Coleman neben ihm sagte: »Warum machen Sie nicht ein oder zwei Stunden Pause, John? Gehen Sie doch ur eine Weile zu Ihrer Frau hinauf.«
Alexander stand wieder auf. Er wu?te, wenn er zu lange sitzen blieb, wurde er einschlafen. »Ich mache noch eine Serie fertig«, sagte er, »dann gehe ich vielleicht hinauf.«
Er nahm ein Gestell mit Unterkulturen aus dem Brutkasten, holte ein neues Formblatt und begann, die zehn Reagenzglaser mit Zuckerlosung auszurichten, die er uberprufen wollte. Als er auf die Laboruhr an der Wand sah, stellte er uberrascht fest, da? schon wieder ein Tag zu Ende ging. Es war zehn Minuten vor funf.
Kent O'Donnell legte den Horer zuruck. Auf Harry Tomasellis unausgesprochene Frage antwortete er: »Joe Pearson sagt, noch nichts Neues.«
In dem birkengetafelten Arbeitszimmer des Verwaltungsdirektors herrschte Schweigen. Auf beiden Mannern lag druckend das Bewu?tsein, was es bedeutete, da? das Labor immer noch kein Ergebnis gemeldet hatte. Beiden war auch bewu?t, da? sich rings um die Verwaltungsabteilung herum die Arbeit im Krankenhaus dem Stillstand naherte.
Am fruhen Nachmittag war mit der Durchfuhrung des Planes zur Schlie?ung des Krankenhauses, der von Harry Tomaselli schon vor mehreren Tagen ausgearbeitet worden war und der jetzt durch die bevorstehende Stillegung der Kuche in Kraft treten mu?te, endgultig begonnen worden. Das Fruhstuck am nachsten Morgen wurde fur hundert Patienten, die normale Verpflegung erhielten, in zwei Restaurants, die gemeinsam diese Arbeit ubernommen hatten, zubereitet und fur die schwerkranken, nicht transportfahigen Patienten an das Krankenhaus geliefert werden. Von den ubrigen Patienten wurden so viele wie moglich nach Hause entlassen, wahrend der Rest, der noch unbedingt der Krankenhauspflege bedurfte, in andere Krankenhauser in Burlington und der Umgebung verlegt wurde. Dort bereitete man sich jetzt darauf vor, diesen durch den Notstand erzwungenen Zustrom aus dem Three Counties Hospital aufzunehmen.
Vor einer Stunde hatte Harry Tomaselli die Anweisung gegeben, mit der Verlegung zu beginnen, von der er wu?te, da? sie bis spat in die Nacht dauern wurde. Inzwischen hatte sich vor der Notaufnahmestation eine Anzahl Krankenwagen eingefunden, die telefonisch von allen Stellen, die welche zur Verfugung stellen konnten, herbeigerufen worden waren. In den Krankensalen und in den Zimmern der Privatpatienten bemuhten sich Schwestern und Arzte unermudlich, um die Patienten aus ihren Betten auf Tragen und Rollstuhlen unterzubringen, und bereiteten sie auf die unerwartete Verlegung vor. Zum erstenmal in seinem vierzigjahrigen Bestehen wurden vor den Toren des Three Counties Hospitals Kranke und Verletzte abgewiesen.
Fluchtig klopfte es an die Tur, und Orden Brown trat in das Zimmer des Verwaltungsdirektors. Er horte aufmerksam zu, wahrend Harry Tomaselli berichtete, was in den vier Stunden seit ihrer letzten Begegnung geschehen war. Als Tomaselli geendet hatte, fragte der Ausschu?vorsitzende: »Sind die Leute von der Gesundheitsbehorde schon hiergewesen?«
»Noch nicht«, antwortete Tomaselli. »Wir erwarten sie jeden Augenblick.«
Ruhig sagte Orden Brown: »Dann werde ich mit Ihnen warten, falls Sie nichts dagegen haben.«
Nach einer Pause wandte sich der Ausschu?vorsitzende an O'Donnell. »Kent, es ist im Augenblick nicht wichtig, aber ich will es Ihnen sagen, da ich gerade daran denke. Eustace Swayne hat mich angerufen. Wenn das hier alles voruber ist, mochte er, da? Sie ihn aufsuchen.«
Einen Augenblick lang war O'Donnell uber die Herausforderung, die in dieser Vorladung lag, sprachlos. Er erkannte sofort, warum Eustace Swayne ihn sprechen wollte. Es konnte nur einen Grund haben: Trotz allem beabsichtigte der alte Mann, sein Geld und seinen Einflu? zu benutzen, um fur seinen Freund Dr. Joseph Pearson zu intervenieren. Nach allem, was in den letzten Tagen geschehen war, erschien es unglaublich, da? es derartige Blindheit und Anma?ung geben konnte. Eine kochende Wut wallte in O'Donnell auf. Er explodierte: »Zum Teufel mit Eustace Swayne und all seinem Geld.«
»Darf ich Sie erinnern«, unterbrach Orden Brown eisig, »da? Sie von einem Mitglied des Krankenhausausschusses sprechen, das zumindest Anspruch auf Hoflichkeit hat, auch wenn Sie anderer Meinung sein sollten als er.«
O'Donnell trat vor Orden Brown. Seine Augen funkelten. Also gut, dachte er, wenn es jetzt zur Auseinandersetzung kommt, mir soll es recht sein. Ich habe genug von Krankenhauspolitik. Von nun an und fur immer.
Im gleichen Augenblick ertonte der Summer auf dem Schreibtisch des Verwaltungsdirektors. »Mr. Tomaselli«, sagte eine Madchenstimme uber den Lautsprecher, »die Herren von der Gesundheitsbehorde sind gerade gekommen.«
Es war drei Minuten vor funf.
Wie an dem Morgen vor sechs Wochen - dem Tag, an dem Kent O'Donnell, wie ihm plotzlich einfiel, die erste Warnung fur den bevorstehenden Zerfall in dem Krankenhaus erhielt -schlug die Glocke der Erloserkirche die volle Stunde, als die kleine Gruppe durch die Gange des Three Counties Hospitals ging. Von O'Donnell gefuhrt, bestand sie aus Orden Brown, Harry Tomaselli und Dr. Norbert Ford, dem Leiter des Gesundheitsamtes in Burlington. Hinter ihnen folgten Mrs. Straughan, die Kuchenleiterin, die gerade zur Verwaltungsabteilung kam, als sie dort fortgingen, und der junge Assistent des Gesundheitsamtes, dessen Name O'Donnell bei der fluchtigen Vorstellung nicht richtig verstanden hatte.
Nachdem sein erster Arger verflogen war, fuhlte der Chef der Chirurgie sich erleichtert, da? die Auseinandersetzung zwischen ihm und Orden Brown, aus der ein ernstes Zerwurfnis hatte erwachsen konnen, rechtzeitig unterbrochen worden war. Er erkannte, da? sie alle einschlie?lich ihm selbst infolge der Ereignisse in den letzten Tagen ungewohnlich reizbar waren, und schlie?lich hatte der Ausschu?vorsitzende nicht mehr getan, als ihm eine Benachrichtigung ubermittelt. O'Donnells wirklicher Gegner war Eustace Swayne, und er war schon fest entschlossen, dem alten Mann gegenuberzutreten, sobald die gegenwartige Krise uberwunden war. Bei dieser Gelegenheit beabsichtigte O'Donnell, wie Swayne die Unterhaltung auch fuhren wurde, in knappen und unmi?verstandlichen Worten zu antworten, ungeachtet der Folgen, die sich daraus ergeben sollten.
Auf Kent O'Donnells Vorschlag hin befand sich die Gruppe auf dem Weg zur Pathologie. Er hatte dem Leiter des Gesundheitsamtes gesagt: »Sie sollen sich davon uberzeugen, da? wir alles tun, was in unseren Kraften steht, um die Quelle der Infektion zu entdecken.«
Dr. Ford hatte zunachst abgelehnt: »Niemand hat angedeutet, da? das nicht geschieht, und ich bezweifle, da? ich Ihren Pathologen einen Rat geben kann«, hatte er geantwortet. Auf O'Donnells Drangen stimmte er schlie?lich doch zu, und jetzt gingen sie in das Souterrain zu den Labors hinunter.
John Alexander blickte auf, als die Gruppe eintrat, wandte sich dann wieder der Untersuchung zu, an der er gerade arbeitete. Pearson trat O'Donnell und Orden Brown entgegen, um sie zu begru?en. Er wischte sich beide Hande an seinem verschmutzten Laborkittel ab. Auf einen Wink von Harry Tomaselli folgte ihm David Coleman.
O'Donnell stellte vor. Als Pearson und Dr. Norbert Ford sich die Hande reichten, fragte der Leiter des Gesundheitsamtes: »Sind Sie schon auf etwas gesto?en?«
»Noch nicht.« Pearson wies mit einer Handbewegung im Labor umher. »Wie Sie sehen, sind wir noch an der Arbeit.«
O'Donnell sagte: »Joe, Sie mussen es auch erfahren. Dr. Ford hat die Schlie?ung unserer Kuche angeordnet.«
»Heute noch?« Pearsons Ton war unglaubig.
Der Leiter des Gesundheitsamtes nickte ernst. »Ich furchte, es la?t sich nicht vermeiden.«