ist.'

'Aber doch erst, wenn der Gefuhlsling alt genug ist...'

'Aber die Zeit zum Weiterziehen wurde kommen. Ist es nicht moglich, da? Dua einfach nicht weiterziehen will?'

'Wie kann das sein, Losten? Wenn die Zeit zum Weiterziehen kommt - das ist doch fast genauso, als wenn es wieder Zeit zum Verschmelzen wird. Wie kann man das nicht wollen?' (Die Hartlinge verschmolzen ja nicht; vielleicht verstanden sie das also nicht.)

'Nehmen wir einmal an, da? Dua uberhaupt nicht weiterziehen will. Was wurdest du dazu sagen?'

'Nun, da? wir eines Tages weiterziehen mussen. Wenn Dua das letzte Baby nur hinauszogern wollte, konnte ich das vielleicht noch akzeptieren und womoglich auch Tritt dazu bringen. Wenn sie es aber uberhaupt nicht haben will - das konnen wir nicht zulassen.'

'Warum nicht?'

Odeen schwieg und dachte daruber nach. 'Ich kann es nicht sagen, Losten-Herr, aber ich wei?, wir mussen weiterziehen. Mit jedem Zyklus vertieft sich dieses Wissen, und manchmal meine ich beinahe auch den Grund dafur zu verstehen.'

'Ich glaube fast, du bist ein richtiger Philosoph, Odeen', sagte Losten trocken. 'Denken wir das mal durch. Wenn das dritte Baby kommt und aufwachst, hat Tritt alle seine Kinder zusammen und kann nach einem erfullten Leben in aller Ruhe weiterziehen. Du selbst hast die Befriedigung einer umfassenden Bildung und kannst ebenfalls auf ein erfulltes Leben zuruckschauen. Aber was ist mit Dua?' 'Ich wei? es nicht', erwiderte Odeen elend. 'Andere Gefuhlslinge hocken ein Lebenlang zusammen und scheinen Spa? daran zu haben, miteinander zu plaudern. Dua mag das nicht.'

'Nun, sie ist ja auch ungewohnlich. Gibt es denn uberhaupt nichts, das ihr Spa? macht?'

'Sie hort mir gern zu, wenn ich von meiner Arbeit spreche', murmelte Odeen.

'Nun, deswegen brauchst du dich nicht zu schamen, Odeen. Jeder Denkling spricht mit seinem Rechtsling und seinem Mitt-ling uber seine Arbeit. Ihr tut nur alle so, als ware das nicht der Fall, doch es stimmt.'

'Aber Dua hort auch zu, Losten-Herr.'

'Da bin ich ganz sicher. Nicht wie die anderen Gefuhlslinge. Und hast du nicht auch die Beobachtung gemacht, da? sie nach einem Verschmelzen viel besser begreift?'

'Ja, das ist mir schon aufgefallen. Ich habe naturlich noch nicht besonders darauf geachtet...'

'Weil du sicher bist, da? Gefuhlslinge so etwas gar nicht begreifen. Dua jedoch scheint wirklich viel von einem Denkling zu haben'

(Odeen schaute Losten verblufft an. Einmal hatte Dua ihm von den Qualen ihrer Kindheit berichtet, nur einmal, von den schrillen Rufen der anderen Gefuhlslinge, von dem schlimmen Namen, mit dem sie sie belegt hatten - LinksG. Hatte Losten das irgendwie in Erfahrung gebracht?... Aber er schaute Odeen nur ruhig an.)

'Das habe ich mir manchmal auch eingebildet', sagte Odeen. Dann brach es aus ihm hervor: 'Ich bin deswegen stolz auf sie.'

'Das kannst du auch. Warum sagst du es ihr aber nicht? Und wenn sie ihr Denken anregen mochte, warum la?t du sie nicht gewahren? La? sie noch intensiver an deinem Wissen teilhaben. Beantworte ihre Fragen. Wurde das die Triade in Mi?kredit bringen?'

'Und wenn, ware es mir egal... Und warum auch? Tritt wird es fur Zeitverschwendung halten, aber ich werde schon mit ihm fertig.'

'Erklare ihm, wenn Dua mehr von ihrem Leben hat und ein Gefuhl der Erfullung kennenlernt, dann hat sie vielleicht nicht mehr so gro?e Angst vor dem Weiterziehen und ist dann womoglich auch williger, einen Baby- Gefuhlsling zu zeugen.'

Odeen fuhlte sich von einer dusteren Vorahnung befreit. 'Du hast recht', sagte er hastig. 'Ich fuhle, da? du recht hast. Du bist ja so verstandig. Wenn du die anderen Hartlinge anfuhrst, wie konnten wir dann nicht auch weiterhin Erfolg haben mit unserm Inter-Universum-Projekt!'

'Ich?' Losten gab sich belustigt. 'Du vergi?t, da? wir jetzt von Estwald geleitet werden. Er ist der eigentliche Held des Projekts. Ohne ihn waren wir langst nicht soweit.'

'O ja', sagte Odeen aus der Fassung gebracht. Er hatte Estwald uberhaupt noch nicht gesehen. Tatsachlich kannte er auch niemanden, der den anderen schon zu Gesicht bekommen hatte, obwohl einige berichteten, sie hatten ihn von Zeit zu Zeit in der Ferne gesehen. Estwald war ein neuer Hartling; wenigstens neu in dem Sinne, da? Odeen in seiner Kindheit den Namen niemals gehort hatte. Bedeutete das, da? Estwald ein junger Hartling war, ein Hartling, der ein Kind gewesen war, als auch Odeen noch ganz klein war?

Aber das war Nebensache. Jetzt wollte Odeen nur nach Hause. Er durfte Losten nicht dankbar beruhren, doch er konnte ihm noch einmal danken und dann frohlich davonhasten.

Seine Freude war nicht ganz ohne Selbstsucht. Da waren nicht nur die vage Aussicht auf den Baby- Gefuhlsling und der Gedanke an Tritts Freude. Da war nicht einmal der Gedanke an Duas Erfullung. Was fur ihn in diesem Augenblick zahlte, war die frohe Zukunft. Er wurde in der Lage sein zu lehren! Kein anderer Denkling kannte dieses Vergnugen, da war er ganz sicher, denn es war unmoglich, da? ein anderer Denkling einen Gefuhlsling wie Dua in der Triade hatte.

Es wurde wunderbar sein - wenn er Tritt die Notwendigkeit dieses Schrittes nur irgendwie begreiflich machen konnte. Er wurde mit Tritt sprechen und ihn irgendwie dazu bringen mussen, weiter Geduld zu haben.

2 c

Tritt war selten ungeduldiger gewesen. Er lie? keinen Zweifel daran, da? er Duas Verhalten nicht verstand. Er gab sich auch gar keine Muhe. Es war ihm egal. Er wu?te ohnehin nicht, warum Gefuhlslinge so waren. Und uberdies war Dua nicht wie die anderen Gefuhlslinge.

Sie dachte niemals an das Wichtige. Sie schaute immer nur in die Sonne. Aber dabei verdunnte sie sich noch, so da? das Licht und die Nahrung durch sie hindurchgingen. Anschlie?end sagte sie, es ware schon gewesen. Aber das war doch gar nicht das Wichtige. Wichtig war es zu essen. Was hatte das Essen Schones an sich? Was war uberhaupt schon?

Sie wollte immer wieder auf neue Weise verschmelzen. Einmal sagte sie: 'Unterhalten wir uns doch vorher noch ein wenig. Wir sprechen niemals daruber. Wir denken niemals daruber nach.'

Odeen sagte immer: 'La? sie doch gewahren, Tritt. Dadurch wird das Verschmelzen besser.'

Odeen war stets geduldig. Er meinte stets, die Dinge wurden durch Abwarten besser. Oder er sagte, er wollte die Sache 'durchdenken'.

Tritt war nicht sicher, was Odeen mit 'durchdenken' meinte. Es bedeutete doch anscheinend, da? Odeen uberhaupt nichts tat.

Wie war es denn damals gewesen, als Dua kommen sollte? Odeen wurde heute noch daruber nachdenken. Tritt jedoch war losgegangen und hatte gefragt. So mu?te das gemacht werden.

Jetzt wollte Odeen wegen Dua nichts unternehmen. Was wurde aus dem Baby-Gefuhlsling, der doch allein wichtig war? Nun, Odeen wurde nichts unternehmen, wenn Tritt die Sache nicht in die Hand nahm.

Tatsachlich tat er bereits etwas. Wahrend seine Gedanken kreisten, bewegte er sich durch den langen Korridor. Er merkte kaum, wie weit er schon vorgedrungen war. War das 'durchdenken'? Nun, er wurde sich nicht einschuchtern lassen. Er wurde nicht nachgeben.

Ruhig sah er sich um. Er war auf dem Weg in die HartHohlen. Er wu?te, in absehbarer Zeit wurde er mit seinem kleinen Linksling diesen Weg gehen. Odeen hatte ihm einmal die Gange gezeigt.

Er wu?te nicht, was er tun wollte, wenn er heute sein Ziel erreichte. Noch immer hatte er uberhaupt keine Angst. Er wollte einen Baby-Gefuhlsling. Er hatte ein Anrecht darauf. Es gab uberhaupt nichts Wichtigeres. Die Hartlinge wurden schon dafur sorgen. Hatten sie ihm nicht auch Dua gebracht, als er darum bat?

Aber wen sollte er fragen? Konnte er irgendeinen Hartling ansprechen? Vage war er zu dem Entschlu? gekommen, da? er sich nicht einfach an jeden Hartling wenden konnte. Er hatte aber einen Namen, nach dem er fragen konnte. Mit diesem Hartling wollte er dann sprechen.

Er erinnerte sich an den Namen. Er wu?te sogar noch, wann er ihn zum erstenmal gehort hatte. Es war damals gewesen, als der kleine Linksling alt genug wurde, um selbstandig die Form zu verandern. (Was fur ein schoner Tag! 'Odeen, schnell! An-nis ist ganz oval und hart. Ganz allein hat er das gemacht. Dua, schau doch!' Und sie waren herbeigeeilt. Annis war damals das einzige Kind. Auf das zweite hatten sie so lange warten mussen. Sie eilten also herbei, doch der Kleine klebte nur in einer Ecke. Er wallte herum und zerflo? wie nasser Ton. Odeen

Вы читаете Lunatico oder Die nachste Welt
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ОБРАНЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату