war sofort wieder gegangen, weil er zu tun hatte. Doch Dua sagte: 'Oh, er macht es bestimmt gleich wieder, Tritt.' Sie hatten ihn stundenlang beobachtet, doch es war nichts geschehen.)
Tritt war bose gewesen, da? Odeen sofort wieder gegangen war. Er hatte gern geschimpft, doch Odeen sah an jenem Tag so mude aus. Seine Rundungen hatten deutliche Faltchen. Und er gab sich keine Muhe, sie zu glatten.
'Ist etwas los, Odeen?' fragte Tritt besorgt.
'Es war ein schwerer Tag, und ich wei? nicht, ob ich vor dem nachsten Verschmelzen die Differentialgleichungen herausbekomme.' (Tritt wu?te die schwierigen Worte nicht mehr genau. Sie lauteten jedenfalls so ahnlich. Odeen gebrauchte immer so schwierige Worte.)'Mochtest du jetzt verschmelzen?'
'O nein. Ich habe Dua eben nach oben verschwinden sehen, und du wei?t ja, wie sie ist, wenn wir sie suchen und nach unten holen. Es hat wirklich keine Eile. Da gibt es ubrigens einen neuen Hartling.'
'Einen neuen Hartling?' fragte Tritt sichtlich uninteressiert. Odeen hatte gro?es Interesse an dem Kontakt mit den Hartlin-gen, doch Tritt wunschte sich, das ware anders. Odeen kummerte sich mehr um seine Erziehung als sonst ein Denkling aus dem Bezirk. Das war nicht fair. Odeen lie? sich einfach zu sehr ablenken. Dua ihrerseits war damit beschaftigt, sich allein an der Oberflache herumzutreiben. Niemand interessierte sich wirklich fur die Triade nur Tritt.
'Er hei?t Estwald', sagte Odeen.
'Estwald?' Tritt war sofort interessiert. Vielleicht lag das daran, da? er in seiner Besorgnis Odeens Gefuhle zu ergrunden versuchte.
'Ich habe ihn noch nicht gesehen, aber es sprechen alle von ihm.' Odeen hatte seine Augen abgeflacht - wie immer, wenn er nachdachte. 'Er ist verantwortlich fur die neue Sache, die da im Gange ist.'
'Welche neue Sache?'
'Die Positronenpu Das wurdest du nicht verstehen, Tritt. Es ist jedenfalls etwas vollig Neues. Das Gerat wird die ganze Welt revolutionieren.'
'Was hei?t - revolutionieren?'
'Alles anders machen.'
Tritt war sofort besorgt. 'Aber sie durfen nicht alles anders machen.'
'Sie werden alles besser machen. Veranderungen sind nicht immer schlecht. Jedenfalls ist Estwald dafur verantwortlich. Er ist sehr klug. Das habe ich jedenfalls so im Gefuhl.'
'Warum magst du ihn dann nicht?'
'Ich habe nicht gesagt, da? ich ihn nicht mag.'
'Es fuhlt sich aber so an, als ob du ihn nicht magst.'
'Oh, ganz und gar nicht, Tritt. Es ist nur, weil ich irgendwie... irgendwie...' Odeen lachte. 'Ich bin eifersuchtig. Hartlinge sind so intelligent, da? wir daneben vollig unbedeutend erscheinen, aber ich hatte mich daran gewohnt, weil Losten mir immer sagte, wie klug ich ware - fur ein Weichwesen. Aber da kommt dieser Estwald, und sogar Losten scheint in Bewunderung versunken, und ich bin wirklich nur noch ein Niemand.'
Tritt lie? seine Vorderseite ausschwingen, so da? sie Odeen leicht beruhrte, der jetzt aufblickte und lachelte. 'Aber das ist nur dumm von mir. Wer schert sich schon darum, wie klug ein Hartling ist? Keiner von ihnen hat einen Tritt!'
Daraufhin begannen sie nun doch nach Dua zu suchen. Erstaunlicherweise hatte sie ihre Wanderung schon beendet und war auf dem Wege nach unten. Es war ein sehr gutes Verschmelzen, obwohl es nur etwa einen Tag dauerte. Tritt begann sich wegen des Verschmelzens Sorgen zu machen. Annis war noch so klein, und da war auch eine kurze Abwesenheit ein
Risiko, obwohl sich immer andere Elterlinge fanden, die auf ihn achten wollten.
Danach erwahnte Odeen Estwald noch mehrere Male. Er nannte ihn immer den 'Neuen' - auch spater noch, als bereits einige Zeit verstrichen war. Noch immer hatte er ihn nicht zu Gesicht bekommen. 'Ich glaube, ich gehe ihm unwillkurlich aus dem Weg', hatte er einmal gesagt, als Dua dabei war, 'weil er soviel uber die neue Anlage wei?. Ich mochte das noch nicht so schnell herausfinden, denn das Lernen macht soviel Spa?.'
'Die Positronenpumpe?' hatte Dua gefragt.
Und das war auch seltsam an Dua, fand Tritt. Es argerte ihn. Sie konnte die schwierigen Worte fast so gut aussprechen wie Odeen. Und das war fur einen Gefuhlsling nicht normal.
So entschlo? sich Tritt, Estwald zu fragen, weil Odeen gesagt hatte, er ware so klug. Au?erdem kannte ihn Odeen noch nicht. Estwald konnte also nicht sagen: 'Ich habe mit Odeen daruber gesprochen, Tritt, und du darfst dir keine Gedanken machen.'
Alle Hartlinge meinten, wenn sie mit dem Denkling sprachen, so wurden sie mit der ganzen Triade sprechen. Niemand achtete auf die Elterlinge. Nun, diesmal kamen sie nicht darum herum. Er war jetzt hier in den Hart-Hohlen, wo alles verandert schien. Die Umgebung war ihm vollig fremd und unverstandlich, irgendwie nicht richtig. Es war beangstigend. Doch er hatte sich auf sein Gesprach mit Estwald so versteift, da? er seine Angst unterdruckte. Er sagte sich: 'Ich will meinen BabyMitt.' Das gab ihm den Mut zum Weitergehen.
Er erblickte schlie?lich einen Hartling. Er war allein und tat etwas, beugte sich uber etwas, hantierte an etwas. Odeen hatte ihm einmal gesagt, die Hartlinge arbeiteten immer an ihren... was immer das war. Tritt erinnerte sich nicht daran, und es war ihm auch gleichgultig.
Leise naherte er sich dem Hartling und blieb stehen. 'HartHerr', sagte er.
Der Hartling blickte auf, und die Luft vibrierte um ihn, wie sie es nach Odeens Worten immer tat, wenn zwei Hartlinge miteinander sprachen. Nun schien ihn der Hartling erst wirklich wahrzunehmen. Er sagte: 'Na, das ist ja ein Rechtsling. Was suchst du denn hier? Hast du deinen kleinen Linksling bei dir? Fangt denn heute ein neues Semester an?'
Tritt horte nicht zu. Er fragte: 'Wo finde ich Estwald, Herr?'
'Wen?'
'Estwald.'
Der Hartling schwieg eine lange Zeit. Dann fragte er: 'Was hast du denn mit Estwald zu schaffen, Rechtsling?'
Tritt war widerspenstig: 'Es ist wichtig, da? ich mit ihm spreche. Bist du Estwald, Hart-Herr?'
'Nein, nein... Wie hei?t du, Rechtsling?'
'Tritt, Hart-Herr.'
'Ich verstehe. Du bist der Rechtsling aus Odeens Triade, nicht wahr?'
'Ja.'
Die Stimme des Hartlings schien weicher zu werden. 'Ich furchte, du kannst Estwald im Augenblick nicht sprechen. Er ist nicht hier. Wenn ich dir sonstwie helfen kann...'
Tritt wu?te nicht, was er sagen sollte. Er stand einfach nur da.
'Geh jetzt nach Hause', fuhr der Hartling fort. 'Sprich mit Odeen daruber. Er wird dir schon helfen. Ja? Geh nach Hause, Rechtsling.'
Der Hartling wandte sich ab. Er schien sehr mit anderen Dingen beschaftigt, und Tritt stand noch immer am gleichen Fleck. Dann bewegte er sich lautlos in einen anderen Gang. Der Hartling blickte nicht auf.
Tritt wu?te nicht sofort, warum er diese Richtung eingeschlagen hatte. Zuerst hielt er es einfach fur richtig. Dann wurde ihm klar, da? er die dunne Warme von Nahrung verspurte und davon kostete.
Er hatte gar nicht gewu?t, da? er hungrig war; jetzt geno? er die Speise.
Die Sonne war nicht da. Instinktiv blickte er auf, doch naturlich war er in einer Hohle. Trotzdem war die Nahrung besser, als er es jemals an der Oberflache empfunden hatte. Er sah sich verwundert um. Vor allen Dingen verwunderte es ihn, da? er sich wunderte.
Er hatte Odeen manchmal angefahren, weil sich Odeen uber so viele Dinge verwunderte, die ihm, Tritt, nicht wichtig waren. Jetzt wunderte er sich ebenfalls - er, Tritt! Und das, woruber er sich da wunderte, 'war wichtig! Plotzlich erkannte er, wie wichtig es war. Stechend hei? durchfuhr ihn die Erkenntnis, da? er sich wunderte, weil etwas in ihm anzeigte, da? seine Beobachtung wichtig war.
Er handelte schnell, erstaunt uber seinen Mut. Nach einer Weile kehrte er um. Dabei kam er auch an dem Hartling vorbei, mit dem er vorhin gesprochen hatte. Er sagte: 'Ich gehe jetzt nach Hause, Hart-Herr.'
Der Hartling murmelte nur etwas Unverstandliches.
Er war immer noch beschaftigt, beugte sich uber irgend etwas, machte irgendwelche dummen Dinge und erkannte das Wichtige nicht.