auszufullen, und die Sache klappte.
Dua machte sich keine Illusionen. Sie hatte den Geschmack des Nahrungsballs sofort bemerkt, den besonderen Beigeschmack; sie hatte gemerkt, wie die Nahrung sie anzufullen begann, ohne ihr zugleich ein Vollegefuhl zu geben; sie hatte es bemerkt - ware da nicht Odeen mit seinem ablenkenden Geschwatz gewesen.
Es war eine Verschworung der beiden, auch wenn Tritt nur unbewu?t daran teilgehabt hatte. Wie hatte sie Odeen sein Spiel als uberraschend besorgter Lehrer nur abnehmen konnen? Wie hatte sie die dahinterstehende Absicht ubersehen konnen? Odeens und Tritts Sorge um sie war die Sorge um die Vervollstandigung der neuen Triade - und schon das war ein Zeichen dafur, wie wenig die beiden von ihr hielten.
Nun...
Sie hielt inne, spurte ihre Mudigkeit und duckte sich in eine kleine Felsspalte, die sie vor dem dunnen, kalten Wind schutzte. Sie konnte zwei von den sieben Sternen sehen, beobachtete sie geistesabwesend, beschaftigte ihre Sinne mit unwichtigen Dingen, damit sie sich um so mehr auf ihre Gedanken konzentrieren konnte.
Sie hatte ihre Illusionen verloren.
'Verraten!' murmelte sie. 'Verraten.'
Dachten die anderen denn nur an sich selbst?
Da? Tritt die Vernichtung der ganzen Welt hingenommen hatte, wenn er und die Babies uberlebten, war selbstverstandlich. Er war ja auch ein Instinktwesen. Aber Odeen?
Odeen dachte; hie? das, da? er der Scharfung seines Geistes alles andere opfern wurde? War alles, was der Verstand hervorbrachte, schon allein dadurch in seiner Existenz gerechtfertigt - um jeden Preis? Mu?te die Elektronenpumpe, weil Estwald sie erfunden hatte, so eingesetzt werden, da? ihr die ganze Welt, Hartlinge und Weichwesen gleicherma?en, hilflos ausgeliefert war - und die Wesen im anderen Universum ebenso? Wenn nun die Ander-Wesen plotzlich aufhorten und die Welt dann ohne Elektronenpumpe um eine gefahrlich abgekuhlte Sonne kreiste...
Nein, sie wurden die Pumpe nicht stoppen, diese AnderWesen, denn sie waren dazu gebracht worden, die Sache in Gang zu bringen, und man wurde sie weiter am Gangelband fuhren, bis sie vernichtet waren - und dann wurden sie von den Denklingen, Hartlingen oder Weichwesen, nicht langer benotigt - so wie auch sie, Dua, nun da sie nicht langer benotigt wurde, weiterziehen mu?te (oder zerstort wurde).
Sie und die anderen Wesen, beide waren verraten.
Ohne sich dessen bewu?t zu sein, schmiegte sie sich immer tiefer in das Gestein. Sie begrub sich, versteckte sich vor den Sternen, vor dem Wind, der Welt entruckt. Nur das Denken erfullte sie.
Sie ha?te Estwald. Er war die Personifizierung der Selbstsucht, der Rucksichtslosigkeit. Er hatte die Positronenpumpe geschaffen und wollte eine Welt mit womoglich Zehntausenden von Bewohnern ohne Gewissensbisse vernichten. Er war allem so weit entruckt, da? er niemals in Erscheinung trat, und so machtig, da? sich sogar die anderen Hartlinge vor ihm zu furchten schienen.
Nun denn, sie wurde gegen ihn kampfen. Sie wollte ihn aufhalten.
Den Lebewesen des anderen Universums war es durch irgendwelche Nachrichten ermoglicht worden, bei der Errichtung der Positronenpumpe zu helfen. Odeen hatte davon gesprochen. Wo wurden solche Mitteilungen aufbewahrt? Wie sahen sie wohl aus? Wie konnte man sie fur neue Botschaften verwenden?
Es war erstaunlich, wie klar sie denken konnte. Erstaunlich. Der Gedanke, da? sie ihren Verstand einsetzen wurde, um grausame Verstandeswesen zu uberlisten, bereitete ihr ein wildes Vergnugen.
Niemand konnte sie aufhalten, denn kein Hartling vermochte ihr zu folgen, auch kein Denkling oder Eiterung - und ein Ge-fuhlsling hatte es nicht gewagt.
Irgendwann wurde sie vielleicht erwischt, doch im Augenblick war ihr das egal. Sie wollte fur ihre Sache kampfen - um jeden Preis - um jeden Preis , obwohl sie, um das zu erreichen, durch Gestein dringen und darin leben mu?te, obwohl sie den Hart-Hohlen ausweichen, die Nahrung, wenn notig, aus den Speicherbatterien der Hartlinge stehlen oder sich mit den anderen Gefuhlslingen herumtreiben und nach Moglichkeit vom Sonnenlicht essen mu?te.
Aber sie wollte allen eine Lektion erteilen, und danach konnten sie tun, was ihnen beliebte. Sie war dann sogar zum Weiterziehen bereit - doch erst dann...
Odeen war zugegen, als der neue Baby-Gefuhlsling geboren wurde. Obwohl das Kind vollig normal war, brachte er keine rechte Begeisterung auf. Auch Tritt, der sich aufopfernd darum kummerte, wie es jedem Eiterung selbstverstandlich war, schien irgendwie bedruckt in seiner Ekstase.
Eine lange Zeit war vergangen, und Dua war und blieb verschwunden. Weitergezogen war sie nicht. Ein Weichwesen konnte nur weiterziehen, wenn ihm die ganze Triade folgte; aber Dua war nicht bei den anderen. Es war, als ware sie weitergezogen, ohne wirklich weiterzuziehen.
Odeen hatte sie einmal gesehen - nur ein einzigesmal. Das war kurz nach ihrer wilden Flucht gewesen, ihrer Flucht vor der Erkenntnis, da? sie das neue Baby gezeugt hatte.
Er war an einer Gruppe Gefuhlslingen vorbeigekommen, die sich an der Oberflache sonnte - getrieben von der sinnlosen Hoffnung, sie hier oben vielleicht zu finden. Die Mittlinge hatten laut getuschelt, denn es geschah nicht oft, da? sich ein Denkling in der Nahe einer Gruppe Gefuhlslinge sehen lie?, und hatten sich in koketter Menge verdunnt, ohne da? der ganze dumme Haufen einen anderen Gedanken kannte, als sich zu produzieren.
Odeen empfand nur Verachtung, und seine glatten Flanken zeigten keine Reaktion. Er dachte an Dua und daran, wie sehr sie sich von den anderen unterschied. Dua verdunnte sich nur, wenn sie das innere Bedurfnis dazu verspurte. Sie versuchte niemals auf sich aufmerksam zu machen und war deshalb um so anziehender. Wenn sie sich dazu uberwunden hatte, bei diesen Hohlkopfen Zuflucht zu suchen, war sie (das fuhlte er) bestimmt leicht zu erkennen - denn sie wurde sich als einzige nicht verdunnen, sondern eher verdicken, eben weil sich die anderen verdunnten.
Bei diesem Gedanken glitt Odeens Blick uber die Gefuhls-linge dahin und bemerkte, da? ein Wesen sich tatsachlich nicht verdunnt hatte.
Er blieb kurz stehen und hastete auf sie zu, ohne sich um die Gefuhlslinge zu kummern, ohne ihr wildes Kreischen wahrzunehmen, als sie ihm nebelhaft aus dem Weg huschten und wild plapperten in dem Bemuhen, nicht miteinander zu verschmelzen - jedenfalls nicht hier im Freien und in Anwesenheit eines Denklings.
Es war Dua. Sie versuchte ihm nicht auszuweichen. Sie blieb einfach liegen und schwieg.
'Dua', sagte er unterwurfig, 'kommst du nicht nach Hause?'
'Ich habe kein Zuhause, Odeen', erwiderte sie. Nicht argerlich, nicht voller Ha? - was um so bedruckender war.
'Wie kannst du Tritt ubelnehmen, da? er so gehandelt hat, Dua? Du wei?t, der arme Bursche kann nicht logisch denken.'
'Aber du, Odeen. Und du hast mich abgelenkt, wahrend er dafur sorgte, da? sich mein Korper richtig aufladen konnte, nichtwahr? Dein Verstand sagte dir, da? du mich viel leichter in die Falle locken konntest als er.'
'Dua, nein!'
'Nein, was? Hast du denn nicht ein gro?es Schauspiel abgezogen, das meiner Unterweisung, meiner Bildung dienen sollte?'
'Ja, aber das war kein Schauspiel, ich meinte es ehrlich. Und es hatte nichts mit Tritt zu tun. Ich wu?te ja gar nicht, was er getan hatte!'
'Das kann ich nicht glauben.' Ruhig schwebte sie davon. Er folgte ihr. Sie waren nun allein; die Sonne strahlte rot.
Sie wandte sich um. 'Darf ich dir eine Frage steilen, Odeen? Warum hast du mich unterweisen wollen?'
'Weil ich es wollte, Dua. Weil mir das Lehren Spa? macht und weil ich nichts lieber tun mochte als lehren - au?er vielleicht lernen.'
'Und Verschmelzen naturlich... schon gut', fugte sie hinzu, um seinem Einwand zuvorzukommen. 'Du brauchst mir nicht zu erklaren, da? wir von der Vernunft und nicht von den Instinkten sprechen. Wenn du wirklich Spa? am Lehren hast, wenn ich dir wirklich glauben kann - dann verstehst du vielleicht auch etwas von dem, was ich dir jetzt sagen mochte.
Seit ich euch verlie?, Odeen, habe ich eine Menge gelernt. Frag mich nicht, wie. Ich habe gelernt. Von einem Gefuhlsling habe ich nicht mehr viel - au?er vielleicht in physischer Hinsicht. Hier drinnen, wo es zahlt, bin