ich ganz Denkling, wenn ich auch etwas mehr Gefuhl zu haben hoffe als die Denklinge. Und zu den Erkenntnissen, die ich gewonnen habe, gehort auch das Wissen um unsere Existenz, darum, was wir wirklich sind, Odeen; du und ich und Tritt und all die anderen Triaden auf diesem Planeten; was wir wirklich sind und immer gewesen sind.'
'Und das ware?' fragte Odeen. Er wollte ihr gern zuhoren, so lange, wie es notig war, und ganz ruhig, wenn sie nur hinterher mit ihm ging. Er wollte jede Bu?e auf sich nehmen, alles, was sie verlangte. Sie mu?te nur mitkommen - und tief in seinem Inneren sagte eine leise Stimme, da? sie freiwillig zuruckkehren mu?te.
'Was wir sind? Nun, eigentlich nichts, Odeen', antwortete sie leichthin, fast lachend. 'Ist das nicht seltsam? Die Hartlinge bilden die einzige lebendige Spezies auf dieser Welt. Haben sie dich das nicht gelehrt? Es gibt nur diese eine Spezies, weil du und ich, die Weichwesen, nicht wirklich leben. Wir sind Maschinen, Odeen. Das mu? so sein, weil nur die Hartlinge leben. Haben sie dir das nicht beigebracht, Odeen?'
'Aber das ist doch Unsinn, Dua!' sagte Odeen verblufft.
Duas Stimme wurde scharfer. 'Maschinen, Odeen! Gemacht von den Hartlingen! Zerstort von den Hartlingen. Sie leben, die Hartlinge. Nur sie. Sie sprechen nicht oft daruber. Das brauchen sie auch nicht. Sie wissen es alle. Aber ich habe denken gelernt, Odeen, und ich habe aus den minimalen Hinweisen meine Schlusse gezogen. Sie haben ein sehr langes Leben, doch irgendwann sterben auch sie. Sie haben keine neuen Nachkommen; dazu liefert die Sonne zu wenig Energie. Und da nur dann und wann einer stirbt und keine Nachkommen da sind, nimmt ihre Zahl sehr langsam ab. Und es gibt keine jungen Leute, die frisches Blut und neue Gedanken bringen und so beginnen sich die langlebigen alten Hartlinge schrecklich zu langweilen. Und was meinst du wohl, Odeen, tun sie dann?'
'Was denn?' Das Gesprach war von seltsamer Faszination. Von absto?ender Faszination.
'Sie stellen sich kunstliche Kinder her, die die ausbilden konnen. Du hast es selbst gesagt, Odeen. Nichts wurdest du lieber tun als lehren - au?er vielleicht lernen - und naturlich verschmelzen. Die Denklinge sind dem geistigen Bild der Hart-linge nachgebildet, die sich nicht verschmelzen. Au?erdem fallt ihnen das Lernen uberaus schwer, da sie schon soviel wissen. Was bleibt ihnen also anderes als das Vergnugen am Lehren? Die Denklinge wurden einzig und allein geschaffen, damit sie unterwiesen werden konnen. Gefuhlslinge und Elterlinge entstanden, weil sie fur die sich selbst fortpflanzende Maschine, die neue Denklinge hervorbringt, unerla?lich sind. Und neue Denklinge werden standig benotigt, weil die alten schnell verbraucht sind, weil sie schnell alles wissen, was es da zu lernen gibt. Und wenn die alten Denklinge alles absorbiert haben, werden sie vernichtet. Vorher bekommen sie aber eingetrichtert, diese Vernichtung 'Weiterziehen' zu nennen, damit ihre Gefuhle auch geschont werden. Und naturlich ziehen Gefuhls-linge und Elterlinge gleichzeitig weiter. Sobald sie dazu beigetragen haben, eine neue Triade zu bilden, hat man keine weitere Verwendung fur sie.'
'Aber das stimmt doch alles nicht, Dua', brachte Odeen endlich heraus. Er hatte keine Argumente gegen ihren Alptraum parat, doch er wu?te mit absoluter Sicherheit, da? sie sich irrte. (Oder wollte ein winziger Zweifel tief drinnen etwa anzeigen, da? diese Gewi?heit ihm von Anfang an eingepflanzt war? -Nein, gewi? nicht, denn wurde dann nicht auch Dua mit der gleichen eingepflanzten Gewi?heit ihren Irrtum erkennen? Oder war sie ein mi?ratener Gefuhlsling ohne solche Einpflanzung und ohne... Ach, was phantasierte er da herum! Er war ja schon so verruckt wie sie.)
'Du siehst ganz entsetzt aus, Odeen', fuhr Dua fort. 'Bist du ganz sicher, da? ich mich irre? Naturlich haben sie jetzt die Positronenpumpe und damit auch alle Energie, die sie brauchen - oder sie werden diese Energie bald haben. Bald werden sie auch wieder Babies bekommen. Und dann brauchen sie keine Weichwesen-Maschinen mehr, und wir werden alle vernichtet -oh, Verzeihung, wir werden alle weiterziehen.'
'Nein, Dua', erwiderte Odeen zu sich selbst ebenso wie zu ihr. 'Ich wei? nicht, wo du diese Ideen her hast, aber die Hartlinge sind nicht so. Wir werden nicht vernichtet.'
'Mach dir nichts vor, Odeen. Sie sind so. Es ist ihnen gleichgultig, eine ganze Welt mit Ander-Wesen um ihres Vorteils willen zu vernichten, wenn es sein mu?, auch ein ganzes Universum. Sollte es ihnen da etwas ausmachen, ein paar Weichwesen zu toten, wenn es ihnen gefallt? - Aber sie haben einen Fehler gemacht. Irgendwo hat sich die Maschine geirrt, und der Geist eines Denklings ist in den Korper eines Gefuhls-lings geraten. Ich bin ein LinksG, wei?t du das? Ich wurde schon so genannt, als ich noch ein Kind war - und das war richtig. Ich kann logisch denken wie ein Denkling, und ich empfinde wie ein Gefuhlsling. Und mit dieser Kombination werde ich die Hartlinge bekampfen.'
Odeen schreckte auf Dua mu?te verruckt sein - doch er wagte nichts zu erwidern. Er mu?te sie irgendwie uberreden, zur Triade zuruckzukommen. Muhsam sagte er: 'Dua, wir werden nicht vernichtet, wenn wir weiterziehen.'
'O nein? Was geschieht statt dessen?'
'Ich - ich wei? es nicht. Ich glaube, wir kommen in eine andere Welt, in eine bessere und glucklichere Welt, und werden wie... wie ... na ja, viel besser als wir jetzt sind.'
Dua lachte: 'Wo hast du denn das her? Haben dir das die Hartlinge erzahlt?'
'Nein, Dua. Ich selbst meine, da? es so ist. Ganz bestimmt. Seit deinem Verschwinden habe ich sehr viel daruber nachgedacht.'
'Dann denk jetzt weniger und sei kein Narr. Armer Odeen! Leb wohl.' Wieder schwebte sie davon, ein zarter Nebelschleier.
'Aber warte doch, Dua', rief Odeen. 'Du willst doch bestimmt deinen neuen Baby-Mitt sehen?'
Sie schwieg.
'Wann kommst du nach Hause?'
Sie schwieg.
Und er folgte ihr nicht weiter, sondern schaute ihr elend nach, bis sie verschwunden war.
Er verschwieg Tritt, da? er mit Dua gesprochen hatte. Was hatte es genutzt? Auch sah er sie nicht wieder. Er begann die bevorzugten Sonnenplatze der Gefuhlslinge abzusuchen und lie? auch nicht davon ab, als einige Elterlinge ihn in dumpfem Mi?trauen zu beobachten begannen. (Im Vergleich zu den meisten anderen Eiterungen war Tritt noch ein kluger Kopf.)
Ihre Abwesenheit schmerzte ihn von Tag zu Tag mehr. Und mit jedem Tag wurde er sich auch einer steigenden Angst bewu?t, einer Angst, die mit ihrer Abwesenheit zu tun hatte. Ihre Ursache kannte er nicht.
Losten wartete eines Tages auf ihn, als er in die Wohnhohle zuruckkehrte. Losten stand ernst und hoflich da, wahrend ihm Tritt das neue Baby zeigte und die Handvoll Nebel davon abzuhalten versuchte, den Hartling zu beruhren. 'Sie ist wirklich eine Schonheit, Tritt', sagte Losten. 'Sie hei?t Derala?'
'Derola', berichtigte ihn Tritt. 'Ich wei? nicht, wann Odeen zuruckkommt. Er wandert viel herum ...'
'Hier bin ich, Losten', sagte Odeen hastig. 'Tritt, sei lieb und bring das Baby fort.'
Tritt gehorchte. Losten wandte sich sichtlich erleichtert um: 'Du bist bestimmt sehr glucklich, da? die Triade endlich komplett ist.'
Odeen versuchte hierauf eine hofliche Bemerkung zu machen, brachte aber nur ein bedrucktes Schweigen zustande. In der Zeit vor dem Zwischenfall war ein Gefuhl der Kameradschaft, der Gleichstellung mit den Hartlingen in ihm gewachsen, das es ihm ermoglichte, auf einer Stufe mit ihnen zu sprechen. Irgendwie hatte Duas Wahnsinn das zerstort. Obwohl Odeen wu?te, da? sich Dua irrte, trat er Losten wieder so formlich entgegen wie damals, als er sich noch fur ein ganz minderwertiges Wesen hielt, fur eine - Maschine?
'Hast du Dua gesehen?' fragte Losten. Hinter der Frage steckte eine Absicht; sie war nicht nur eine hofliche Floskel, das merkte Odeen sofort.
'Nur einmal, H ...' (Er hatte beinahe 'Hart-Herr' gesagt, wie ein Kind oder Elterling.) 'Nur einmal, Losten. Sie will nicht nach Hause kommen.'
'Sie mu?', sagte Losten leise.
'Ich wu?te nicht, wie ich das anstellen sollte.'
Losten musterte ihn duster. 'Wei?t du eigentlich, was sie tut?'
Odeen wagte den anderen nicht anzuschauen. War er Duas wilden Theorien auf die Spur gekommen? Was wollte man dagegen tun?
Er machte ein Zeichen der Verneinung, ohne zu sprechen.
Losten fuhr fort: 'Sie ist ein hochst ungewohnlicher Gefuhls-ling, Odeen. Das wei?t du doch, nicht wahr?'
'Ja', seufzte Odeen.
'Auf deine Weise bist du ebenso au?ergewohnlich, und bei Tritt ist es das gleiche. Ich bezweifle, da? es auf