Sie allerdings warnen.

Wenn es mir zu kalt wird, mu? ich mich noch zu Ihnen auf die Couch drangen.'

'Keine Gefahr', erwiderte er. 'Wo wir doch beide in Anzugen stecken.'

'Ah, da meldet sich mein mutiger Lustling... Wie geht es?'

'Ganz gut. Was fur ein Erlebnis!'

'Was fur ein Erlebnis? Sie haben eben einen Rekord aufgestellt! Haben Sie etwas dagegen, da? ich den Leuten zu Hause von Ihrem tollen Gleiten erzahle?'

'Nein. Man la?t sich ja gern loben... Sie wollen doch hoffentlich nicht, da? ich das noch mal mache?'

'Auf der Stelle? Naturlich nicht. Ich wurde es auch nicht tun. Wir ruhen uns nur ein bi?chen aus, vergewissern uns, da? Ihr Herzschlag wieder normal ist, und kehren dann zuruck. Wenn Sie mal die Beine herumschwingen, kann ich Ihnen die Gleiter abnehmen. Beim nachstenmal zeige ich Ihnen, wie man das macht, damit Sie es allein konnen.'

'Ich bin nicht sicher, da? es uberhaupt ein nachstesmal gibt.'

'Aber naturlich. Hat es Ihnen denn keinen Spa? gemacht?'

'Ein wenig. In den Pausen zwischen den Wogen des Entsetzens.'

'Sie werden sich beim zweitenmal schon weniger furchten, und beim drittenmal noch weniger und werden schlie?lich ein ungetrubtes Vergnugen daran haben. Ich mache noch einen Renngleiter aus Ihnen.'

'O nein. Ich bin zu alt.'

'Nicht auf dem Mond. Sie sehen nur alt aus.'

Denison spurte die absolute Stille des Mondes ringsum - eine Stille, die ihn zu durchdringen schien. Er schaute jetzt in Richtung Erde. Ihre Bestandigkeit am Himmel hatte ihm wahrend des Gleitens Halt gegeben, und er war ihr dankbar dafur.

'Kommen Sie oft hier heraus, Selene?' fragte er. 'Ich meine, allein oder nur zu zweit oder dritt? Sie wissen schon, wenn kein Renntag ist?'

'Praktisch nie. Wenn keine Leute um mich sind, wird es mir schnell zuviel. Da? ich es heute aushalte, erstaunt mich etwas.' 'Hmm', sagte Denison unverbindlich.

'Sie sind nicht uberrascht?'

'Sollte ich das sein? Ich meine, jede Person tut etwas, weil sie es entweder will oder mu? - jedenfalls ist es ihre Sache und geht mich nichts an.'

'Danke, Ben, so etwas hort man gern. Es ist einer der angenehmen Zuge an Ihnen, Ben, da? Sie uns, obwohl Sie Immi sind, gelten lassen. Wir sind ein Untergrundvolk, wir Lunaner, Hohlenmenschen, Korridorwesen. Na und? Was ist daran falsch?'

'Nichts.'

'Da sollten Sie mal die Erdchen horen! Und ich bin auch noch Touristenfuhrerin und mu? das alles uber mich ergehen lassen. Alles, was sie au?ern, habe ich schon eine Million Mal gehort. Meistens geht es so ' und sie verfiel in die abgehackte Sprechweise eines typischen Erdchens in der Planetarischen Standard-Sprache: ' 'Aber, Liebes, wie konnen diese Leute nur die ganze Zeit in den Hohlen wohnen? Fuhlen sie sich da nicht schrecklich eingeengt Sehnen sie sich denn niemals nach blauem Himmel und Baumen und Meer und Wind und Blumenduft... '

Oh, ich konnte das unendlich fortsetzen, Ben. Dann sagen sie auch: 'Aber vermutlich wissen sie ja gar nicht, wie der blaue Himmel und das Meer und die Baume aussehen, und daher fehlt ihnen das alles nicht.' Als ob wir das Erdfernsehen nicht empfangen konnten und als ob wir nicht Zugang zur irdischen Literatur hatten - in Buchern, auf Bandern und in Form von Geruchsaufzeichnungen!'

Denison lachelte und fragte: 'Wie lautet denn die offizielle Antwort auf solche Bemerkungen?'

'Ach, wir sagen nur: 'Wir sind durchaus daran gewohnt, Madame Meistens sind es namlich die Frauen. Die Manner interessieren sich viel zu sehr fur unsere Blusen und uberlegen vielleicht, wann wir sie wohl ausziehen. Wissen Sie, was ich diesen Idioten am liebsten sagen wurde?'

'Bitte sagen Sie's mir. Solange Sie nun die Bluse anbehalten mussen, da sie ja in Ihrem Raumanzug steckt, sollten Sie Ihrem Herzen zumindest auf diese Weise Luft machen.'

'Sehr komisch, Ihr Wortspiel!... Ich wurde am liebsten antworten: 'Horen Sie, Madam, warum, zum Teufel, sollten wir uns fur Ihre verdammte Welt interessieren? Wir haben keine Lust, an der Au?enseite eines Planeten herumzuhangen und darauf zu warten, hinunterzufallen oder in die Luft gesprengt zu werden. Wir wollen nicht, da? Luft an uns zerrt und uns schmutziges Wasser auf den Kopf fallt. Wir wollen Ihre verdammten Bazillen und Ihr Stinkgras und Ihren dummen blauen Himmel und Ihre dummen wei?en Wolken nicht. Wir konnen die Erde am Himmel sehen, wenn wir wollen, und oft wollen wir's nicht. Der Mond ist unsere Heimat, und wir schaffen uns diese Welt nach unseren Bedurfnissen - nur wir. Wir besitzen diese Welt, und wir formen unsere eigene Okologie, und wir brauchen Ihr Mitgefuhl nicht - nur weil wir unseren eigenen Weg gehen. Scheren Sie sich auf Ihre Welt und lassen Sie sich von Ihrer Schwerkraft die Bruste bis auf die Kniescheiben hinabzerren.' Das wurde ich denen allen gern sagen.'

'Gut, gut', meinte Denison. 'Immer wenn Sie den Drang verspuren, einem Erdchen diesen Vortrag zu halten, kommen Sie zu mir und reden Sie los. Sie fuhlen sich dann besser.'

'Wissen Sie was? Von Zeit zu Zeit kommt auch ein Immi mit dem Vorschlag, hier auf dem Mond einen Erdpark einzurichten ein kleines Fleckchen mit hier aufgezogenen Erdpflanzen und vielleicht auch Tieren. Ein kleiner Hauch von Heimat -so wird es meistens begrundet.'

'Und Sie sind naturlich dagegen.'

'Naturlich bin ich dagegen. Ein Hauch von Heimat - fur wen? Der Mond ist unsere Heimat. Und jeder Immi, der einen Hauch von Heimat braucht, sollte schleunigst in seine Heimat verschwinden. Manchmal sind Immis schlimmer als Erdchen.'

'Ich werde daran denken.'

'Sie nicht - bisher jedenfalls nicht', entgegnete Selene.

Es folgte ein kurzes Schweigen, und Denison fragte sich schon, ob Selene jetzt die Ruckkehr in die Hohlen vorschlagen wurde. Einerseits hatte er das Gefuhl, bald zur Toilette zu mussen. Andererseits war ihm in seinem ganzen Leben noch nicht so wohlig entspannt zumute gewesen. Er uberlegte, wie lange der Sauerstoff in seinem Tank reichen wurde.

Dann fragte Selene: 'Wurden Sie mir mal eine Frage beantworten?'

'Aber ja. Wenn Sie etwas uber mein Privatleben wissen wollen - da gibt es keinerlei Geheimnisse. Ich bin einszweiundsiebzig, wiege fundundzwanzig Pfund auf dem Mond, hatte einmal eine Frau, von der ich jetzt geschieden bin, ein Kind, eine Tochter, die inzwischen erwachsen und verheiratet ist, bin zur Universitat gegangen in...'

'Nein. Ben. Eine richtige Frage. Es geht um Ihre Arbeit.'

'Naturlich, Selene. Ich wei? allerdings nicht, was ich Ihnen da begreiflich machen kann.'

'Nun... Sie wissen, da? Barron und ich ...'

'Ja, ich wei?', sagte Denison abrupt.

'Wir unterhalten uns. Er erzahlt mir manchmal etwas. Er sagt, Ihrer Meinung nach wurde die Pumpe unser Universum zur Explosion bringen.'

'Unseren Teil des Universums. Die Pumpe wird womoglich einen Teil unseres galaktischen Arms in einen Quasar verwandeln.'

'Wirklich? Glauben Sie das wirklich?'

'Als ich hier auf den Mond kam, war ich meiner Sache nicht sicher', erwiderte Denison. 'Inzwischen bin ich fest davon uberzeugt.'

'Und wann passiert das?'

'Das kann ich nicht genau sagen. Vielleicht in ein paar Jahren. Vielleicht erst in ein paar Jahrzehnten.'

Es folgte ein kurzes Schweigen. Dann sagte Selene leise: 'Barron ist anderer Meinung.'

'Ich wei?. Ich versuche ihn auch nicht umzustimmen. Ein Frontalangriff ware sinnlos. Das ist ubrigens Lamonts Fehler.'

'Lamont?'

'Entschuldigen Sie, Selene. Ich habe mit mir selbst gesprochen.'

'Nein, Ben. Bitte sagen Sie's mir. Es interessiert mich. Bitte.'

Denison wandte sich um und sah sie an. 'Na gut. Ich habe nichts dagegen. Lamont, ein Physiker auf der Erde, versuchte auf seine Art die Welt auf die Gefahren der Pumpe aufmerksam zu machen. Er hat es nicht

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