Mir ist ubrigens vorher etwas eingefallen, Betsey.
Du hast doch auch gehort, da? er erklart hat, wie Maschinen Stimmen von einem Ort zum anderen schikken konnen. Vielleicht ist Fagin gar nicht hier unten bei uns; vielleicht ist er nur eine Maschine, die uns seine Stimme bringt? Was haltst du davon?“
„Sehr interessant und vermutlich moglich; aber welchen Unterschied macht es denn?“
„Naturlich keinen. Ich mochte es nur wissen; du wei?t selbst, da? Fagin immer behauptet, je mehr man wei?, desto besser kommt man im Leben zurecht. Bisher vermute ich das alles nur, aber ich werde darauf achten, ob ich nicht doch einen schlussigen Beweis finde.“
„Vielleicht erzahlt er es dir sogar selbst, wenn du ihn danach fragst“, meinte Betsey nachdenklich.
„Normalerweise beantwortet er doch alle Fragen bis auf die wenigen, bei denen er der Meinung ist, da? wir uns weiterbilden, wenn wir die Antwort selbst suchen; aber wie ware das in diesem Fall moglich, ohne den Lehrer auseinanderzunehmen?“
„Du hast recht, ich werde ihn danach fragen. Aber im Augenblick ist das Boot wirklich wichtiger. Befassen wir uns lieber damit; wir konnen die andere Frage spater immer noch stellen, ohne da? wir uns einen Vortrag anhoren mussen, in dem wir ermahnt werden, uns nicht an Kleinigkeiten zu verzetteln.“
„Einverstanden.“ Wahrend dieser Unterhaltung hatten Nick und Betsey den Hugel erklettert, auf dem der Roboter zwischen den Habseligkeiten der Gruppe stand. Hier berichteten sie die Ergebnisse ihres Experiments. Fagin horte bis zum Ende schweigend zu.
„Ausgezeichnete Arbeit“, sagte er schlie?lich. „Ihr habt etwas, wenn auch nicht alles gelernt. Die Frage wegen der Stabilitat ist gut. Ich schlage vor, da? ihr einen Rahmen aus Holz baut — ungefahr so gro? wie die Wand einer Hutte, aber mit mehreren Querstreben. Dann konnt ihr die Sacke an den Ecken befestigen; wenn eine Ecke tiefer als die anderen liegt, erhoht sich der dort wirkende Auftrieb, so da? die ganze Konstruktion ziemlich stabil sein durfte.“
„Aber Holz sinkt doch. Wie kann man daraus ein Boot bauen?“
„Du mu?t dir vorstellen, da? die Sacke — vielleicht bezeichnen wir sie lieber als Luftkissen — einfach ein zusatzliches Gewicht tragen mussen. Deshalb werden vermutlich ziemlich viele Luftkissen erforderlich sein, aber deswegen braucht ihr euch keine Sorgen zu machen. Ich schlage vor, da? ihr schon jetzt mit dem Bau des Rahmens beginnt; vielleicht werdet ihr allein damit fertig, nachdem es hier genugend Holz gibt. Dann konnt ihr ein Luftkissen nach dem anderen daran befestigen; ihr erlegt jeden Tag einige Raubtiere, die der Herde gefahrlich werden konnten, so da? die Herstellung nicht schwierig sein durfte.
Wahrend ihr damit beschaftigt seid, konntet ihr jedoch uber ein anderes Problem nachdenken. Es besteht daraus, da? der Bathyskaph nicht auf dem offenen Meer bleibt, sondern auf die Kuste zutreibt.“
„Aber das ist doch kein Problem; das ist die Losung unseres Problems! Auf diese Weise brauchen wir nur an der Kuste entlang nach Suden zu marschieren, bis wir das Schiff gefunden haben. Es liegt doch sudlich von uns, nicht wahr?“
„Richtig. Aber Swift scheint mit seinem Stamm an der Kuste zu stehen und darauf zu warten. Genau genommen hat Easy Swift noch nicht erkannt, weil sie ihn nicht kennt und weil die Entfernung vorlaufig noch zu gro? ist, aber ich kann mir nicht vorstellen, wer sonst dort warten sollte. Dadurch ergibt sich die Frage, ob Swift unseren Vorschlag angenommen hat, oder ob er den Bathyskaphen mit den beiden Insassen als seine Beute ansieht, uber die er nach Belieben verfugen kann. Seine Antwort kann noch unterwegs sein; aber wenn sie nicht im Laufe des Tages eintrifft, mussen wir annehmen, da? wir auf uns allein gestellt sind, und entsprechend handeln.“
„Wie?“
„Das ist das Problem, mit dem ihr euch beschaftigen sollt. Ich nehme an, da? das Boot bei jeder moglichen Losung eine Rolle spielen wird; macht euch also sofort an den Bau und arbeitet zunachst an dem Rahmen.“
Als der Lehrer schwieg, machten seine Schuler sich an die Arbeit. Wie Fagin gesagt hatte, lag uberall reichlich Holz da das Lager sich noch nicht lange an dieser Stelle befand. Zum Teil war es fur den vorgesehenen Zweck nicht geeignet, weil es wie viele andere Pflanzen auf Tenebra zu sprode war; aber einige Arten hatten lange, biegsame Stengel oder Zweige, die allen Anspruchen genugten. Innerhalb einer Stunde hatten Nick und Betsey das benotigte Holz herangeschafft und konnten mit dem Bau des Rahmens beginnen, der allerdings erheblich mehr Zeit in Anspruch nahm.
Schlie?lich war ein Geflecht mit einer Seitenlange von sechs Metern entstanden, das an den Kreuzungspunkten mit jungen Trieben umwunden und verknupft war. Weder Nick noch Betsey waren allerdings mit dieser Konstruktion vollig zufrieden, die uberall gro?e Lucken aufwies, durch die man leicht mit dem Fu? rutschen konnte. Dann einigten sie sich jedoch darauf, da? der Rahmen genugen mu?te, und befa?ten sich mit dem Problem der Beschaffung weiterer Luftkissen.
Sie erstatteten dem Lehrer Bericht, der die bisher getroffenen Vorbereitungen billigte, ohne sich allerdings naher damit zu befassen, denn Raekers Aufmerksamkeit konzentrierte sich im Augenblick auf eine andere Frage. Easy hatte berichtet, da? der Bathyskaph sich der Kuste bis auf funfzig Meter genahert hatte, wo er auf einer Untiefe festgelaufen war.
Das Madchen konnte sich nicht vorstellen, was diese Bewegung verursacht hatte, und selbst die Wissenschaftler an Bord der
Easy lie? sich jedoch von dieser Uberlegung nicht aus dem Konzept bringen; sie versuchte jetzt eine Verstandigung mit den Eingeborenen uber die wenigen Meter hinweg, die Swifts Leute noch von dem Bathyskaphen trennten. Raeker bedauerte, da? er diese Unterhaltung nicht verfolgen konnte, aber die Mikrophone fur die Au?enlautsprecher waren an den Bullaugen angebracht, so da? Easy hatte schreien mussen, um sich gleichzeitig auch Raeker verstandlich machen zu konnen.
Sie sprach jedoch nicht lauter als gewohnlich und verschwendete die ganze Zeit uber kaum einen Gedanken an Raeker oder selbst ihren Vater. Sie war keineswegs an biologischen, geologischen oder klimatologischen Informationen uber Tenebra interessiert; die Rettungsma?nahmen, die sie von Anfang an verfolgt hatte, waren an einem Punkt angelangt, an dem sie nur noch geduldig abwarten konnte; aber hier waren wenigstens Leute, und mit Leuten war bestimmt eine Unterhaltung moglich. Deshalb versuchte sie zu sprechen und lie? sich nur gelegentlich lange genug ablenken, um Raeker Bericht zu erstatten.
Sie stellte fest, da? Swift sich tatsachlich unter den Eingeborenen befand, die an der Kuste warteten, und Raeker gab diese Information an Nick weiter; aber auf die Fragen, ob Swift auf den unterdessen ubermittelten Vorschlag eingehen wollte, oder wie er den Bathyskaphen so schnell gefunden hatte, war keine befriedigende Antwort zu erhalten. Raeker konnte nicht beurteilen, ob die Ursache dafur in Easys ungenugenden Sprachkenntnissen lag, oder ob Swift absichtlich ausweichende Antworten gab.
Jedenfalls war es nicht leicht, sich mit der neuen Situation abzufinden, wenn man sechzehn Jahre lang die Entwicklung auf Tenebra dirigiert hatte. Raeker befand sich in der unangenehmen Lage, da? seine Schuler zum gro?ten Teil nicht erreichbar waren, wahrend der einzige Mensch auf diesem Planeten seine Zeit mit Nebensachlichkeiten vertat. Andererseits konnte es sein, da? Easy Swift doch in ihrem Sinn beeinflu?te, aber das blieb noch festzustellen.
Gegen Nachmittag des gleichen Tages hatte Raeker Grund zum Aufatmen. Jim und Jane kamen fruher als erwartet zuruck und verstarkten die Schiffsbaumannschaft. Sie hatten keinerlei Schwierigkeiten gehabt, ihr Gebiet in kurzester Zeit zu erreichen, hatten auch das zweite durchquert und waren in Eilmarschen zuruckgekommen. In den beiden Suchgebieten war nichts zu sehen gewesen; die beiden hatten den Lichtschein im Norden bemerkt, der aber in John und Nancys Gebiet lag, so da? sie lieber bei ihrer Aufgabe blieben, um moglichst bald Bericht erstatten zu konnen.
Selbstverstandlich war dem Roboter nicht anzumerken, was der Mann dahinter dachte, und Raeker hatte seine Stimme so gut unter Kontrolle, da? die beiden nicht ahnten, wie unbefriedigend ihr Bericht im Grund genommen war. Raeker uberlegte kurze Zeit, ob er sie nicht nochmals fortschicken sollte, damit sie die Lichtquelle untersuchten; aber dann fiel ihm ein, da? John und Nancy sie bestimmt nicht ubersehen haben konnten. Au?erdem stand bereits fest, wo sich der gestrandete Bathyskaph befand, so da? Jim und Jane sich eher nutzlich machen konnten, indem sie Leder herbeischafften. Der bedauerliche Mangel an Entschlu?freudigkeit, den die beiden an den Tag gelegt hatten, lie? eine Verwendung dieser Art ohnehin eher geraten erscheinen. Raeker erteilte ihnen seine Anweisungen, und die beiden machten sich auf die Jagd.
„Ich nehme an, da? dir etwas aufgefallen ist, Nick“, sagte Raeker, als Jim und Jane verschwunden