Rings um den aus dem Wasser ragenden Teil der Brucke behinderte der Nebel nach wie vor die Sicht. Dondragmer kroch mit au?erster Vorsicht auf die untergetauchte Seite und warf einen kurzen Blick auf die Ansammlung rundlicher Felsen verschiedener Gro?e, zwischen denen sein Fahrzeug sich verkeilt hatte. Dann kletterte er zuruck auf seine Kommandoplattform, schaltete das Funkgerat ein und machte die Durchsage, von der Barlennan ungefahr eine Minute spater Kenntnis erhalten sollte. Ohne auf eine Antwort zu warten, begann er, dem Steuermann Befehle zu erteilen.

„Beetch, du ubernimmst die Brucke fur den Fall, da? eine Durchsage vom Satelliten kommt. Ich werde personlich eine vollstandige Inspektion durchfuhren, besonders der Luftschleusen. Ich halte viel von der Fahrzeugkonstruktion, aber mit einer solchen Kollision hatte sicher niemand gerechnet.

Womoglich konnen wir nur die kleinen Notschleusen benutzen, da die Hauptschleuse anscheinend unterhalb des Wasserspiegels liegt.

Vielleicht ist sie sogar von au?en blockiert.

Plaudere ein wenig mit den Menschen, falls du Lust dazu hast. Wir konnen ihre Sprache gar nicht gut genug beherrschen.“

Wie gewohnlich klopfte Dondragmer auf die Bodenluke, bevor er sie offnete, nach unten verschwand und Beetchermarlf allein lie?.

Der Steuermann verspurte im Augenblick kein Bedurfnis nach seichter Konversation mit der Satellitenbesatzung. Es gab zu viel, woruber sich nachdenken lie?.

Unter den gegenwartigen Umstanden fand er es nicht besonders erfreulich, die Bruckenwache ubernehmen zu mussen. Der fragliche Zustand der Hauptluftschleuse beunruhigte ihn nicht allzu sehr.

Die kleinen Notschleusen reichten aus. Dann fiel ihm jedoch ein, da? man durch sie keine Versorgungsausrustung auszuladen vermochte.

Nun, zur Zeit bestand anscheinend keine Notwendigkeit, die Kwembly zu verlassen, doch falls das Fahrzeug bewegungsunfahig war, wurde man sich mit diesem Problem auseinandersetzen mussen.

In diesem Fall war jedoch ohnehin die Kernfrage, welchen Sinn es uberhaupt haben wurde, die Kwembly zu raumen. Zwolftausend Meilen —

nahezu vierzehn Millionen Kabel — waren eine sehr, sehr weite Strecke, vor allem, wenn man sie mit Ausrustungsgegenstanden beladen zurucklegen mu?te. Ohne die Versorgungsapparaturen gab es jedoch nicht einmal den leisesten Gedanken daran.

Die Meskliniten besa?en zwar einen erstaunlich strapazierfahigen Organismus mit Temperaturtoleranzwerten, die noch immer auf den Unglauben menschlicher Biologen stie?en, aber mit dem Sauerstoff war es eine andere Sache. Sein Au?endruck betrug gegenwartig vermutlich ungefahr funfzig Kilogramm je Quadratzentimeter, mehr als genug also, um jeden Meskliniten innerhalb von Sekunden zu toten. Vorerst war es die wichtigste Aufgabe, das machtige Fahrzeug wieder auf die Walzen zu stellen. Wie und wann dies getan werden konnte, hing hauptsachlich von den Stromungsverhaltnissen der Flussigkeit ab, die den gestrandeten Rumpf umflutete. Innerhalb der Stromung zu arbeiten, mochte nicht unmoglich, aber wurde schwierig und gefahrlich sein.

Man wurde nicht blo? mit Schutzanzugen, sondern auch mit Ballast und Ve rbindungsleinen ans Werk gehen mussen.

Naturlich war es moglich, da? diese Flussigkeitsturbulenz nicht bestehen blieb. Sie war offensichtlich erst mit dem Wetterumschlag entstanden und konnte genauso plotzlich wieder verschwinden. Allerdings existierte durchaus, wie Beetchermarlf wu?te, ein Unterschied zwischen Wetter und Klima. Wenn dieser Wasserflu? jahreszeitlich bedingt war, konnte sein Andauern sich fur die Meskliniten noch immer als zu lang erweisen. Ein Jahr auf Dhrawn war etwa achtmal so lang wie ein Jahr auf der Erde und mehr als eineinhalbmal so lang wie ein Jahr auf Mesklin.

In dieser Problematik konnten von den Menschen gelieferte Informationen vielleicht von Nutzen sein.

Die Fremden hatten Dhrawn eingehend uber beinahe ein halbes seiner Jahre hinweg und beilaufig fur einen sehr viel langeren Zeitraum studiert. Einige Kenntnisse der jahreszeitlichen Veranderungen mu?ten sie besitzen. Der Steuermann uberlegte, ob es unangebracht ware, wenn er eine entsprechende Frage an jemand im Satelliten richtete, da der Captain es bis jetzt nicht getan hatte. Andererseits hatte ihm Dondragmer den Gebrauch des Radios freigestellt und nicht erwahnt, was gesagt oder nicht gesagt werden durfte.

Die Tatsache, da? es noch andere Dinge als blo? den Zwischenfall mit der Esket gab, die nicht mit den menschlichen Auftraggebern der Expedition diskutiert werden sollten, war uber die Dienstgradhierarchie niemals bis zu Beetchermarlf vorgedrungen. Der junge Steuermann hatte sich beinahe entschlossen, mit dem Satelliten Verbindung aufzunehmen, als eine Stimme aus dem Gerat ihm zuvorkam. Sie bediente sich seiner Sprache, wenn auch mit einem entsetzlichen Akzent.

„Dondragmer, ich wei?, da? du beschaftigt sein durftest, aber falls du nicht sprechen kannst, wurde ich mich freuen, wenn jemand anders die Zeit aufbringt. Ich bin Benjamin Hoffman, Assistent des Meteorologischen Labors im Satelliten, und hatte gern in zwei Angelegenheiten ein wenig Unterstutzung von euch. Mir selbst ist auch an etwas Sprachpraxis gelegen. Man durfte wohl kaum uberhoren, da? ich sie brauche. Was das Labor angeht, so befinden wir uns ziemlich in Verlegenheit. Wir haben zwei falsche Wettervorhersagen hintereinander gemacht. Es mangelt uns ganz einfach an Detailinformationen.

Ihr habt auf euren Fahrten sehr viele Me?automaten aufgestellt, aber wie du wei?t, erfassen sie bei weitem nicht den gesamten Planeten. Da brauchbare Vorhersagen fur euch so nutzlich sein werden wie fur uns, gedachte ich mit einigen eurer Wissenschaftler ein paar Probleme detaillierter zu besprechen.“

Der Steuermann erteilte eifrig Antwort.

„Der Captain befindet sich nicht auf der Brucke, Benjamin Hoffman. Ich bin Beetchermarlf, einer der Steuerleute, und habe gegenwartig die Bruckenwache. Ich ware ebenfalls erfreut, mich in eurer Sprache uben zu konnen, wenn mein Dienst es erlaubt. Wir haben Schwierigkeiten, aber du wirst nicht uber alle Einzelheiten informiert sein.

Fur einen ausfuhrlichen Bericht hatte der Captain noch keine Zeit. Ich will versuchen, dir die Situation so vollstandig wie moglich zu schildern, und mochte einige Gedanken vortragen, die mir gekommen sind, nachdem der Captain die Brucke verlassen hat. Du kannst die Informationen fur euch speichern und meine Meinung kommentieren, wenn du es wunschst. Wenn du zu der Auffassung gelangst, da? sie es nicht wert sind, dem Captain mitgeteilt zu werden, will ich darauf verzichten. Er wird ohnehin genug zu tun haben.“ Beetchermarlf verstummte. Er fragte sich plotzlich, ob es richtig war, einen dieser Fremden mit seinen Uberlegungen aufzuhalten, die ihm mittlerweile selbst recht armselig erschienen. Immerhin mu?ten jedoch die Tatsachen, die er berichten konnte, von Nutzen sein. Es gab zahlreiche Details, von denen die Menschen noch nichts wissen konnten. Als Benjs Erwiderung aus dem Lautsprecher drang, hatte der Steuermann einen Teil seines Selbstvertrauens wiedererlangt.

„Fein, Beetchermarlf. Der Recorder steht bereit.

Wenn eure Experten beschaftigt sind, sollten wir zwei uns uber die Wetterlage unterhalten.

Wahrscheinlich erhaltst du Informationen uber die Resultate ihrer Arbeit. Du bist am Ort und kannst alles sehen. Und falls du einer der Segler bist, die Barlennan auf Mesklin rekrutiert hat, verstehst du selbstverstandlich etwas vom Wetter. Nach meiner Kenntnis mu?t du auf Mesklin eine zweimal so lange Zeitspanne wie mein Lebensalter mit dem Studium wissenschaftlicher und technischer Methoden zugebracht haben. Die Voraussetzungen fur ein konstruktives Gesprach sind also gut.

Fangen wir an!“

Diese Worte restaurierten Beetchermarlfs Moral vollstandig. Erst zehn von Mesklins Jahren waren verstrichen, seit man begonnen hatte, einigen auserwahlten Meskliniten fremdes Wissen zu vermitteln. Dieser Mensch mu?te funf Jahre alt sein oder sogar junger.

Naturlich lie? dies keinerlei Schlusse auf den Reifegrad zu. Aber unter Berucksichtigung der Aura von Normalitat, die alle Fremden zu umgeben schien, vermochte sich Beetchermarlf einen Funfjahrigen schlichtweg nicht als uberlegenes Wesen vorzustellen.

Er entspannte sich, soweit dies auf einem Boden mit einer Schraglage von sechzig Grad moglich war, und begann seine Schilderung der Situation der Kwembly. In allen Einzelheiten berichtete er von dem Weg, den das Fahrzeug genommen hatte, bis zu seinem plotzlichen Ende. Minuzios beschrieb er, was man gegenwartig von der Brucke aus sehen konnte. Er erklarte, in welcher Position das Fahrzeug nun festlag, und malte die Folgen aus, die die Mannschaft zu erwarten hatte, falls die Kwembly sich nicht wieder flott machen lie?. Er gab sogar eine

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