bedeutet. Also sei klug, Priesterin, und fuge dich!«

»Ich werde .«

»Es wird nicht schwierig sein, einen Selbstmord bei Thais vorzutauschen«, unterbrach sie Philippos. »La?t uns nur machen, Eure gottliche Majestat. Wir beide werden alles zu Eurer Zufriedenheit erledigen. Als Heiler wird jeder unserem Wort glauben, und was wirklich geschehen ist, bleibt ein Geheimnis.«

»Wir sind erfreut zu sehen, da? du ein Mann bist, dem unser aller Sicherheit wichtiger als irgendwelche verdrehten Moralvorstellungen ist. Manner wie du sind eine Bereicherung fur unseren Hof, Grieche.«

Samu bi? sich auf die Lippen. Sie hatte begriffen, da? jedes Wort, das sie noch gegen den tyrannischen Pharao richtete, sie ihr Leben kosten konnte. Und sie mu?te leben, wenn sich die Dinge in Agypten einmal andern sollten. Sie hatte Einflu? auf Kleopatra, und die junge Prinzessin wurde einst herrschen. Das Madchen war auf einem guten Weg. Nach Generationen wurde sie die erste Herrscherin auf dem Thron von Alexandria sein, die ihr Volk kannte. Die Ptolemaier hatten bislang nicht einmal die Sprache ihres Landes gelernt. Im Palast wurde nur griechisch gesprochen, und die Pharaonen ma?ten sich die Namen von Gottern an, deren Wesen sie nicht einmal begriffen hatten. Kleopatra jedoch war anders! Sie sprach flie?end die Sprache Agyptens und noch ein halbes Dutzend anderer dazu. Mit Samus Hilfe wurde sie in die Mysterien der Isis eingeweiht werden. Schon jetzt, mit ihren vierzehn Jahren hatte Kleopatra tieferen Einblick in die Geheimnisse der Priester, als ihr Vater ihn jemals erlangen wurde. Das einzige, was Samu Sorge bereitete, war die Tatsache, da? die Prinzessin auch einen Teil der Verschlagenheit ihres intriganten Vaters geerbt hatte. Sicher wurde ihr das nutzen, wenn sie eines Tages Herrscherin war, doch mit all ihrem anderen Wissen mochte sie auch eine Konigin werden, die grausamer war als alle Herren, die Agypten bisher gesehen hatte. Es galt, sie auf den richtigen Weg zu bringen! Und das war ihre Aufgabe, dachte Samu. Diesem Ziel war alles andere unterzuordnen, auch wenn sie sich dafur vor dem Pharao demutigen mu?te ... Sollte sie vom Hof verbannt werden, dann wurden Manner wie Potheinos versuchen, Kleopatra nach ihrem Bild zu formen. Die Prinzessin war jung und der Eunuch klug .

Widerwillig half Samu Philippos dabei, die Hetaire zu entkleiden. Sie hatte Thais nie gemocht, und doch schmerzte es sie, ihren toten Korper in den Armen zu halten. Sie war fast noch ein Madchen. Die Priesterin betrachtete die zarten, flachen Bruste der Hetaire. Wahrscheinlich hatte Thais nicht einmal siebzehn Sommer gesehen. Samu konnte sich nicht vorstellen, da? es die Idee des Madchens gewesen war, in den Gewandern einer Artemispriesterin zum Pharao zu kommen.

Es mu?te der Flotenspieler gewesen sein, der sie dazu verfuhrt hatte! Doch warum hatte der Zorn der Gottin dann nicht auch ihn getroffen? Warum hatte Artemis das Madchen mit ihren Pfeilen gerichtet?

Potheinos brachte eine flache Schale mit Wasser, und wortlos nahm Samu das zarte Kleid, das Thais getragen hatte, um es anzufeuchten und der Toten die blutigen Tranen und die Schminke aus dem Gesicht zu wischen. Sanft schlo? sie dem Madchen die Augen. Der Schmerz und die Angst des Todeskampfes spiegelten sich nicht mehr in ihren Zugen. Es sah fast so aus, als wurde sie schlafen.

»Bringt sie auf ihr Zimmer! Wir wollen sie nicht mehr sehen. Nie mehr!«

Philippos nahm das tote Madchen auf den Arm. Das Gesicht des Griechen erschien der Priesterin grau. Welche Sorgen ihn wohl in dieser Nacht wach gehalten hatten? Ob auch er sich vor dem Zorn der Gottin furchtete? Wurde es noch weitere Tote geben? Schweigend folgte sie dem Arzt.

Potheinos offnete ihnen die Tur, die auf den Flur vor den Gemachern des Pharao fuhrte. Die dort versammelten Hoflinge verstummten sofort.

»Der gottliche Pharao hat Thais versto?en«, verkundete Potheinos mit fester Stimme. »Sie hat sein Mi?fallen erregt und mu? bis Sonnenuntergang den Hof verlassen. Der Zorn des gottlichen Herrschers hat sie ihrer Sinne beraubt, denn kein Sterblicher kann den Unwillen eines Gottes ertragen.«

Samu zuckte bei den Worten des Eunuchen zusammen. Kein Sterblicher kann den Unwillen eines Gottes ertragen. Mit ihren Lugen verargerten der Pharao und er Artemis nur noch mehr. Ob wohl Potheinos der nachste sein wurde, den die Pfeile der Jagerin trafen?

Unter den Hoflingen erhob sich besorgtes Gemurmel, wahrend sie eine Gasse offneten, um Philippos und Samu hindurchzulassen.

Mit einem Seufzer legte der Grieche die tote Hetaire auf ihre mit Seide bezogene Kline. Leise fauchend sprang eine kleine Katze zwischen den Laken hervor und verschwand in einem dunklen Winkel des Zimmers. Thais hatte neben ihrem Nachtlager eine Ollampe brennen lassen, ganz so, als habe sie sich wie ein Kind vor der Dunkelheit gefurchtet.

Mude lie? der Arzt seinen Blick durch das Gemach schweifen.

Es war gro?er als sein eigenes und luxurioser eingerichtet.

Unverkennbar war Thais dem Pharao sehr wichtig gewesen.

Bis heute abend jedenfalls . Traurig blickte er zu dem toten Madchen. »Was sollen wir sagen? Wie werden wir bei Hof ihren Tod erklaren?«

»Der Zorn des gottlichen Pharao hat sie das Leben gekostet. Potheinos hat uns doch schon einen Weg gewiesen«, erklarte die Priesterin zynisch.

Philippos schuttelte den Kopf. »So leicht konnen wir es uns nicht machen. Sie mu? Wundmale aufweisen, oder es wird wieder zu Gerede uber die Pfeile der Artemis kommen.«

»Ich bin Heilerin, Arzt! Wann wirst du begreifen, da? ich keine Leichen verstummele?«

Der Grieche blickte wutend zur Priesterin. »Du mu?t nicht glauben, da? es mir Freude bereitet. Aber wenn wir nichts unternehmen, kann das den ganzen Konigshof den Kopf kosten. Ich war diese Nacht in der Stadt, und ich kann dir sagen, da? Ptolemaios und die seinen dort nicht gerade beliebt sind! Gib mir meine Tasche!« Halb ri? er Samu die lederne Tasche aus der Hand. Sie machte es sich zu einfach mit ihrem schlichten Bild von Gut und Bose. Verfluchte Priesterin! Er offnete die Schnallen am Verschlu? und zog eines der Messer heraus. Dann lie? er sich neben der Toten auf der Kline nieder und nahm ihren rechten Arm. Seine Hand zitterte leicht, als er die Klinge an Thais Handgelenk ansetzte. Mit einem kurzen Schnitt durchtrennte er ihre Schlagadern. Anschlie?end nahm er sich den anderen Arm und wiederholte dort die Prozedur.

Murrisch wischte er die Klinge am Laken sauber und steckte sie in die Ledertasche zuruck. Nur wenig Blut tropfelte aus den Wunden der Hetaire, doch das spielte keine Rolle. Wenn er am Hof erklarte, sie habe sich aus Verzweiflung uber die Verbannung das Leben genommen, dann wurde man ihm schon glauben. Und sollte es zu einer Untersuchung durch die Priesterinnen der Artemis kommen, so waren die beiden Schnittwunden Beweis genug, um seine Aussage zu untermauern.

Niemand wurde sich darum kummern, da? fast kein Blut ins Bettlaken gelaufen war.

Samu hatte die Ollampe neben der Kline aufgenommen und hielt sie dicht uber das Gesicht der Toten. »Wie friedlich sie aussieht.«

Auch Philippos musterte das Antlitz der Hetaire. Man konnte meinen, da? sie schlief. Nur ihre Augenlider waren ein wenig gerotet und geschwollen. Der Arzt mu?te an die gra?lichen, schwarzroten Tranen denken, die das Madchen im Todeskampf vergossen hatte. Mehr als funfzehn Jahre war er nun schon Arzt, doch so etwas hatte er noch nie gesehen. War das allein nicht schon Zeichen genug, da? hier eine Gottin am Werk war? Schaudernd wandte er sich ab. Vielleicht war es nicht klug, noch langer am Hof des Ptolemaios zu verweilen.

»Hast du Angst vor dem Sterben?« Die Frage der Priesterin kam fur Philippos vollig uberraschend. Verlegen rausperte er sich. Seitdem er die Legionen verlassen hatte, hatte er sich nicht mehr viele Gedanken uber den Tod gemacht. Irgendwie war er immer davon ausgegangen, da? er alt werden wurde. Schlie?lich war er ein Arzt!

»Wie kommst du darauf?«

»Ich hatte den Eindruck, da? du uber den Tod nachdenkst. Jedenfalls ging es mir so, als ich Thais gerade ins Gesicht gesehen habe. Ich furchte den Tod nicht, doch ich hatte Angst, so qualvoll wie sie sterben zu mussen. Glaubst du auch, da? es die Gottin war, die Thais gerichtet hat?«

Philippos zuckte mit den Schultern. »Wer sollte es sonst gewesen sein? Wer totet, ohne Wunden zu hinterlassen?«

»Und wenn sie vergiftet worden sind? Denk nur an die Krampfe, die das Madchen vor seinem Tod hatte. Hast du schon einmal jemanden an Gift sterben sehen?«

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