Boyie, die Hohen Herren, die an seiner Seite sitzen, doch den neuen Proconsul Aulus Gabinius verachten sie. Er mag es gut meinen, wenn er Tyros ein Aquaeduct schenken will, doch verkennt er den sturen Aberglauben der Gotzenanbeter. Sie werden sich gegen die Romer auflehnen, und dann wird sich der Spruch des Propheten Ezechiel erfullen, dem Jahwe den Untergang der stolzen Stadt kundete.

Sie plundern deinen Besitz und rauben dir deine Waren. Deine Mauern rei?en sie ein. Sie zerstoren die prachtigen Bauten. Deine Steine, deine Balken, deinen ganzen Schutt werfen sie mitten ins Meer. So mache ich deinen larmenden Liedern ein Ende, vom Klang deiner Zithern ist nichts mehr zu horen. Zum nackten Felsen mache ich dich. Du wirst ein Platz zum Trocknen der Netze. Man baut dich nie wieder auf; denn ich, der Herr, habe gesprochen.

So verkunden es die alten Schriften, die da berichten vom Propheten Ezechiel, und so wird es sein.« Es war still auf dem Dach geworden, auf dem Philippos, Samu und Simon ihr Abendmahl eingenommen hatten. Selbst das Larmen der Stadt schien fur einen Augenblick verstummt zu sein.

Philippos wu?te nicht recht, was er von diesem Judaer halten sollte. Es war ihm sympathisch, da? Simon Samu wie Luft behandelte. Offenbar war er der Meinung, da? eine Frau bei einem Gesprach unter Mannern nichts zu sagen hatte, und allein sie am selben Tisch zu dulden, schien ihm schon schwer zu fallen. Jedenfalls hatte Simon den ganzen Abend uber auf keine ihrer Fragen geantwortet und allein ihm, Philippos, seine ganze Aufmerksamkeit gewidmet. Der Grieche war gespannt, wie lange Samu sich diese Behandlung gefallen lassen wurde.

Simon nahm eine weitere der Heuschrecken aus der Schale vom Tisch, knipste ihr mit dem Daumennagel die Beine und Fuhler ab und schob sie sich dann in den Mund. Das leise Knirschen, mit dem er den Panzer des Insekts zwischen seinen Zahnen zermahlte, jagte Philippos einen Schauer uber den Rucken. Er wurde niemals begreifen, wie man diese ekelhaften Insekten als wohlschmeckenden Leckerbissen betrachten konnte.

»Sagt, Herr Simon«, erhob Samu ihre Stimme. »Ich mag mich ja irren, doch soweit ich mich an die Bucher der Propheten erinnere, hat Ezechiel doch prophezeit, da? Nabucodonosor, der Konig der Konige und Herrscher uber Babylon, Tyros zerstoren wurde. So mu?ten wir jetzt also auf einem nackten Felsen sitzen, auf dem Fischernetze zum Trocknen ausgebreitet waren, wenn die Worte des Propheten der Wahrheit entsprochen hatten.«

Simon zerdruckte die Heuschrecke, die er gerade genommen hatte, in seiner Faust und drehte sich zum ersten Mal an diesem Abend zu Samu um. »Hore mir jetzt gut zu, Gotzenpriesterin. Ich schulde dem Pharao einen Gefallen, deshalb dulde ich dich in meinem Hause, doch erhebe nie wieder deine Zunge gegen das Wort Jahwes. Keinem Menschen steht es zu, an der Weisheit des einen Gottes zu zweifeln. Wenn du tatsachlich unsere heiligen Bucher kennst, wie du behauptest, dann solltest du gerade als Agypterin um die Macht Jahwes wissen.

War er es nicht, der die Heerscharen des Pharaos in den Fluten des Meeres ertrankt hat? Wer sagt, da? es nur einen Herrscher mit Namen Nabucodonosor geben wird?

Vielleicht ist der, der Tyros zerstoren wird, gerade erst in den Stadten der Parther geboren worden, und die Romer werden Tyros nur schwachen, damit einst ein Partherkonig aus Babylon kommt, um aus dem ruchlosen Tyros einen nackten Felsen im Meer zu machen. Wenn deine Klugheit so gro? ist, wie du mit deinen Worten glauben machen willst, dann mu?test du doch wissen, da? das Wort Jahwes fur die Menschen immer ein Ratsel sein wird. Seine Weisheit ist der unseren so weit uberlegen, da? wir sie oft erst im nachhinein zu begreifen vermogen.

Wenn du also weiterhin das Gastrecht in meinem Hause genie?en mochtest, dann bitte ich dich, dich auch den Sitten dieses Hauses anzupassen. Unterbrich kein Gesprach zwischen Mannern, und entweihe diesen Ort nicht, indem du hier zu deiner Gotzin Isis betest. Ich habe mich uberwunden und dich hier aufgenommen. Ich erwarte, da? auch du dir Muhe gibst und das Gastrecht nicht mi?brauchst.«

Philippos konnte sehen, wie der Priesterin im Laufe von Simons Ausfuhrungen erst die Zornesrote ins Gesicht stieg und sie dann wieder erbleichte. Ein wenig bewunderte er den Judaer fur seine Offenheit, immerhin riskierte er durch sein Verhalten, da? die Priesterin ihn verfluchen wurde. Trotzdem war es an der Zeit, die beiden auseinander zu bringen. Wenn Samu ihm auf diese Beleidigungen antwortete, dann wurden sie sich am Ende vielleicht noch beide in dieser Nacht auf der Stra?e wiederfinden. Philippos rausperte sich. »Nachdem du uns freundlicherweise deinen Standpunkt dargelegt hast, sollten wir uns vielleicht wieder den Geschaften zuwenden. Du wei?t, da? uns Ptolemaios geschickt hat, um nach den Giftmischern zu fahnden. Je schneller wir diese Aufgabe erledigt haben, desto fruher konnen wir dein Haus auch wieder verlassen. Was hat er dir in den Briefen geschrieben, die er uns fur dich mitgegeben hat? Kennt er noch andere Kaufleute in Tyros, auf deren Hilfe wir rechnen konnen?«

Simon schuttelte sein bartiges Haupt. »Im wesentlichen ging es um euch beide. Er hat euch vorgestellt und eure Aufgabe dargelegt. Ich denke, da? du ein durchaus tauglicher Spitzel sein wirst, Philippos. Was mit der Priesterin zu tun ist, wei? ich nicht. Vielleicht versteht sie es ja, sich auch ohne Anweisungen nutzlich zu machen? Kannst du schwimmen?«

Der Grieche lachte leise. »Ich komme aus Athen. Die Schiffe meiner Stadt haben auf Jahrhunderte die See beherrscht. Meine halbe Kindheit habe ich im Hafen verbracht. Naturlich kann ich schwimmen!«

»Verstehst du dich auch darauf, unter dem Wasser zu schwimmen und bis auf den Grund des Meeres zu gelangen?«

»Was sollen diese Fragen? Worauf willst du hinaus?«

»Nun, du bist zwar kein ganz junger Mann mehr, doch wei? ich von einem der Purpurhandler, da? er erst vor kurzem ein Boot mit vielen Tauchern auf See verloren hat. Er sucht gute neue Manner, und es sollte nicht schwer sein, dich bei ihm unterzubringen. Du kannst ruhig sagen, da? du lange Zeit in deinem Leben Soldner warst und da? du dich ein wenig auf die Heilkunde verstehst. Das wird dich interessanter machen. Doch begehe nicht den Fehler, dich einen Arzt zu nennen. Keiner wurde glauben, da? ein erfahrener Heiler darauf angewiesen sein konnte, sein Brot durch Schneckentauchen zu verdienen.«

»Schneckentauchen!« Philippos starrte den Judaer entsetzt an. »Du willst mich auf die Boote der Purpurfischer schicken, und ich soll in die finsteren Tiefen des Meeres hinabtauchen? Nein, Simon, das werde ich nicht tun. Lieber wurde ich mich wieder zu den Legionen melden! Ich bin doch nicht verruckt und riskiere, von den Wellen an den Klippen zerschmettert oder von irgendeinem Meeresungeheuer gefressen zu werden. Vergi? das wieder! Warum willst du denn, da? ich unbedingt zu den Purpurhandlern gehe? Es gibt doch auch ausgezeichnete Schmiede und Glasblaser in der Stadt. Warum sollte ich nicht bei denen nach dem Giftmischer suchen? Ist da nicht ein Handelsherr so gut wie der andere?«

»Nein! Die Purpurhandler unterhalten gute Handelsverbindungen nach Alexandria. Nach dem, was in den Briefen des Ptolemaios steht, ist damit zu rechnen, da? die eigentlichen Morder dort zu suchen sind. Er ist sicher, da? seine Tochter Berenike ihm dieses Gift hat schicken lassen. Auch sind die Purpurhandler in den letzten beiden Jahren sehr viel reicher und machtiger geworden. Sie unterhalten eine gro?e Flotte und transportieren auf ihren Schiffen neben dem Purpur auch viele andere Waren. Vielleicht kommt ein Teil ihres Goldes ja aus Agypten? Wenn ein Tyrener in diese Angelegenheit verwickelt war, dann ist er unter ihnen zu suchen. Deshalb sollst du dich unter ihre Manner mischen, Philippos, und deine Ohren offenhalten. Vielleicht kannst du ja etwas erfahren. Die Schneckentaucher reden viel, wenn sie in ihren Booten sitzen. Ich werde indessen versuchen, herauszufinden, wessen Schiff die tuckischen Geschenke nach Ephesos gebracht hat. Womoglich waren die Morder vom Erfolg ihres Anschlages ja so uberzeugt, da? sie unvorsichtig waren, weil sie glaubten, es wurde keinen

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