meisten der diebischen Vogel umgehend mit gezielten Steinwurfen.

Die Seeleute an Bord des Bootes warfen dem alten Mann, der die Kinderschar kommandierte, ein Seil zu, und dieser schlang es um einen der gro?en Holzpfeiler, die in regelma?igen Abstanden den Kai saumten.

Samu stand auf und ging langsam zur Anlegestelle hinab.

Irgend etwas stimmte mit dem Boot nicht! Jetzt hoben sie jemanden in einem Leintuch uber die Bordwand. Neugierig vernachlassigten die Kinder ihren Wachdienst und drangten sich um die Taucher.

Die Priesterin schluckte. Sollten ihre Gebete nicht erhort worden sein? Brachten sie den toten Griechen zuruck? Sie mu?te sich beherrschen, um nicht in Laufschritt zu verfallen und so auf sich aufmerksam zu machen. Die Schiffer kletterten aus dem Boot auf den Kai und scharten sich um den Mann, der auf dem Boden lag. Unter ihnen erkannte die Priesterin Philippos. Der Arzt sprach mit einem alteren Mann. Zwei kraftige Kerle nahmen das Segeltuch wieder auf. Jetzt konnte Samu erkennen, da? der Mann, der getragen wurde, offenbar nur verletzt war. Ein heller Verband war um seinen linken Arm geschlungen. Die Priesterin verlangsamte ihren Schritt und tat so, als wurde sie sich fur den Fang interessieren, der in den Holzeimern ausgestellt war.

Der kleine Trupp aus Fischern setzte sich in ihre Richtung in Bewegung. Einen kurzen Moment kreuzten sich die Blicke der Priesterin mit denen des Griechen, und er schuttelte fast unmerklich den Kopf. Samu nickte. Sie hatte verstanden.

Irgendwie schien es dem Arzt gelungen zu sein, unter den Tauchern aufgenommen zu werden. Unter diesem Umstanden war es besser, wenn sie beide so taten, als wurden sie einander nicht kennen.

Nachdenklich blickte sie den Mannern hinterher. Wie mochte Philippos das nur geschafft haben? Offenbar hatte er recht gehabt und war nicht in Gefahr gewesen. Hatte ihr Zorn auf den Judaer tatsachlich so sehr ihren Verstand getrubt, da? sie ihn vollig zu Unrecht als Intriganten verdachtigte? Sollte sie zuruckkehren und sich bei ihm entschuldigen?

Nein! Simon wurde sie auch weiterhin nicht ernst nehmen. Fur ihn war sie nur eine Gotzenpriesterin. Er wurde sich niemals dazu herablassen, ihr zuzuhoren und ihrem Wort Gewicht beizumessen. Sie kannte diese Sorte von Mannern!

Es war kluger, wenn sie weiterhin ihre eigenen Ziele verfolgen wurde! Nur ein paar Tage noch, und Marcus Antonius wurde in die Stadt kommen. Mit seiner Hilfe ware es ein leichtes, den ...

»Seid Ihr im Purpurgeschaft tatig, schone Fremde?«

Erschrocken fuhr Samu herum. Vor ihr stand ein fulliger, junger Mann, der in kostbare Gewander gehullt war. Er trug einen Chiton, der mit bunten Stickereien geschmuckt war. Um seine Schultern und seinen Leib war ein Himation aus purpurn gefarbter Seide geschlungen, das von goldenen Fibeln gehalten wurde. Ein Sklave mit einem safranfarbenen Sonnenschirm begleitete ihn, ebenso ein Krieger, der einen wei?en Leinenpanzer und einen polierten Bronzehelm mit wei?em Federbusch trug.

»Man sagte mir, da? der Reichtum dieser Stadt von seltsamen Schneckentieren herruhrt, die aus dem Meer gefischt werden. Ich war neugierig, diese Wundertiere zu sehen, deshalb kam ich in den Hafen und betrachtete den Fang Eurer Fischer.«

»Und ist Eure Neugier befriedigt worden?«

»Nun, ich mu? ganz ehrlich sagen, da? ich nicht begreifen kann, wie Ihr aus diesen wimmelnden Krebsen und Schnecken einen Farbstoff gewinnt, der so unvergleichlich ist, da? man ihn nur in Eurer Stadt zu fertigen vermag.«

Der junge Mann grinste. »Unser Reichtum begrundet sich darauf, da? wir dieses Geheimnis zu wahren wissen. Ich mu? allerdings sagen, da? selbst der kostbarste Purpur neben Eurer Schonheit verbla?t, und wu?te ich um die Kunstfertigkeit unserer Farber, so ware ihr Geheimnis bei mir schlecht verwahrt, denn ich wurde es jederzeit gegen Eure Gunst eintauschen.«

Samu blickte verlegen zu Boden und wunschte sich, ebenfalls einen Leibwachter an ihrer Seite zu haben, um nicht allein auf die Hoflichkeit dieses aufdringlichen Fremden vertrauen zu mussen.

»Eure Worte sind so su? wie Honig. Ihr seid es sicher gewohnt, Frauen Komplimente zu machen. Doch tauscht Euch in mir nicht. Ich bin keine, die sich mit Worten oder Reichtum einfangen la?t. Wie Ihr seht, trage ich das Gewand der Isis, und mein Herz gehort allein der Gottin.«

»Was denkt Ihr von mir?« Der Jungling wedelte affektiert mit seiner Hand hin und her. »Es ist allein aufrichtiges Interesse, das mich dazu trieb, Euch anzusprechen. Immerhin ist es doch verwunderlich, wenn sich eine Frau wie Ihr stundenlang ohne mannliche Begleitung im Hafen aufhalt. Habt Ihr denn gar keine Sorge, da? Euch etwas geschehen konnte? Seht Euch doch nur die Manner an, die hier verkehren. Hier findet Ihr alles nur erdenkliche Gesindel. Grobschlachtige Gesellen, die sich im Zweifelsfall einfach nehmen, was sie begehren. Wenn Ihr gestattet, wurde ich Euch gerne bis zu Eurem Quartier zuruckbegleiten. So hatte ich die Gewi?heit, da? Euch nichts geschehen wird. Zugleich wurde ich Eurem pflichtvergessenen Gastgeber rugen, da? er Euch so ganz ohne Schutz auf den Stra?en der Stadt wandeln la?t.«

»Eure Sorge um mich ruhrt mich zutiefst.« Samu musterte den Soldner, der wie versteinert hinter seinem Herren stand.

Irgend etwas an ihm kam ihr vertraut vor, ohne da? sie mit Sicherheit zu sagen wu?te, was es war. Er trug einen thrakischen Helm, dessen ausladende, wie ein Vollbart geformte Wangenklappen, mit Ausnahme von Mund und Augen, das ganze Gesicht verbargen. So konnte sie allein die stechenden braunen Augen und die schmalen Lippen des Soldners erkennen. Die Haut seiner Arme war ungewohnlich dunkel, so wie bei Kriegern aus dem fernen Baktrien oder bei jenen Agyptern, die tief im Suden nahe der Grenze zu Numidien lebten. Sie hatte einmal jemanden gekannt, der ... Samu lachelte. Es war Unsinn, ihre Gedanken an eine langst begrabene Vergangenheit zu vergeuden.

»Wie schon, Euch lacheln zu sehen. Darf ich dies so auslegen, da? Ihr meinem Vorschlag, Euch zu begleiten, wohl geneigt seid?«

»Ihr durft. Doch glaubt nicht, ich sei mir nicht daruber im klaren, da? Euch auch daran gelegen ist, auf diese Weise zu erfahren, wo ich wohne. Tausche ich mich, oder konnte es sein, da? Ihr daruber nachdenkt, mir vielleicht in nachster Zeit Eure Aufwartung zu machen?«

Wieder wedelte der Jungling mit seiner Rechten. »Welch intrigante Hintergedanken Ihr mir unterstellt! Ganz so, als sei ich ein persischer Satrap. Mir ging es einzig und allein um Eure Sicherheit.«

Samu lachelte breit. »Was soll ich zu so viel Offenheit noch sagen? Ich bin froh, einem Mann wie Euch begegnet zu sein. Wie Ihr schon ganz richtig erkannt habt, bin ich fremd in der Stadt. Viele Dinge erscheinen mir ratselhaft und undurchschaubar. Vielleicht konntet Ihr mir eine Hilfe sein, Eure geheimnisvolle Heimatstadt besser kennenzulernen. Es gibt wohl hundert und mehr Fragen, die Euch wahrscheinlich allesamt sehr toricht erscheinen werden, die mir als Fremde aber unerklarlich bleiben.«

»Seid gewi?, da? es mir eine Ehre und ein Vergnugen sein wird, Euch in jeder nur erdenklichen Weise zur Verfugung zu stehen.«

Samu lachelte kokett. »So erweist mir die Ehre, mir Euren Namen zu nennen.«

Der Phonizier deutete eine Verbeugung an. »Elagabal werde ich gehei?en. Ich bin Kaufmann und Mitglied in der Boyie, dem Rat der Hundert.«

»Ihr schmeichelt mir, indem Ihr mir Eure Gunst erweist. Ich bin es nicht gewohnt, die Aufmerksamkeit so bedeutender Manner zu genie?en. Man nennt mich Samu. Ich bin Priesterin der Isis, doch bekleide ich keinen besonderen Rang. Wollt Ihr, da Ihr dies nun wi?t, mich immer noch bis zu meiner Unterkunft geleiten?«

Elagabal hob in pathetischer Geste seine Hande. »Welche Bedeutung haben Titel? Schon als ich Euch zum ersten Mal sah, begriff ich, was Schonheit bedeutet. Liebreiz und Anmut haben durch Euch einen neuen Namen bekommen. Samu!« 

12. KAPITEL

Philippos sa? erschopft im Hof des Tempels. Neben ihm kauerte der Eshmun- Priester, der geholfen hatte, die Wunde von Abimilku zu versorgen. Er reichte dem Griechen einen

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