schutzen und dir Weisheit schenken, meine zarte Blume«, murmelte er leise.

Samu lachelte zufrieden. Hophra hatte sich verandert, seit sie einander zuletzt begegnet waren. Fruher war er einfach gegangen, wenn er glaubte, da? sie schlief. Sein Abschied hatte sie davon uberzeugt, da? seine Worte wahr waren und er nicht Leidenschaft mit Liebe verwechselte.

Der Krieger stand jetzt neben dem Fenster. Ein letztes Mal blickte er zu ihr hinuber, dann schwang er sich auf das schmale Sims und lie? sich in die Dunkelheit hinabgleiten. Samu erhob sich von ihrem Lager und trat an das Fenster. Nirgendwo anders in der Gasse brannte noch Licht. Der Nebel hatte sich zwar fast aufgelost, doch war es jetzt, wo das silberne Horusauge hinter den Horizont gesunken war, zu finster, um noch etwas erkennen zu konnen. Allein das Gerausch von Schritten, das leise in der Ferne verklang, zeugte davon, da? ihr Liebster irgendwo dort drau?en war.

Frostelnd drehte sie sich um. Noch immer spurte sie seine Kusse auf ihrer Haut. Er war ein viel besserer Liebhaber geworden. Zartlicher und mehr darauf bedacht, auch ihre Wunsche zu erfullen. Samu hatte fast die Bettstatt erreicht, als ihr Blick auf die Kleider fiel, die sie mit ihrem Gepack zusammen zu einem Bundel geschnurt hatte, das sie ordentlich in die Zimmerecke neben dem Tisch gelehnt hatte. Jetzt war es umgefallen, und es schien, als hatten sich sogar die Schnure gelost.

Sollte Hophra etwa . Die Priesterin kniete neben dem Bundel nieder. Die Lederschnure hatten sich tatsachlich geoffnet! Sie rollte die Kleider auseinander und uberprufte, ob von den wenigen Habseligkeiten, die sie in dem Bundel aufbewahrte, etwas fehlte. Doch alles war noch an seinem Platz.

Jetzt schamte sie sich fast. Konnte es nicht auch sein, da? sie das Bundel zu nachlassig geschnurt hatte und da? es von allein umgefallen war, als die Bander sich losten? Und das Licht? Hatte er den Docht nur deshalb hochgezogen, um besser sehen zu konnen, wie er seine Sandalen verschnurte, oder hatte er es getan, um ihre Sachen zu durchsuchen? Und wenn Letzteres stimmte, was hatte er dort zu finden gehofft? Sie dachte daran, wie er sie zum Abschied angesehen hatte. Wollte Hophra nur sichergehen, da? sie noch schlief? Die Priesterin fluchte leise. Warum bei Isis konnte sie dem Krieger nicht einfach trauen? 

14. KAPITEL

»Zuerst mu?t du hier, kurz hinter dem Kopf, das Haus der Schnecke einschlagen. Dann kannst du sie ohne Schwierigkeiten aus dem Gehause herauslosen. Aber schlag’ nicht zu kraftig zu! Wenn du das Tier zermalmst, konnen wir keinen Farbstoff mehr aus ihm herausholen. Du mu?t wissen, da? die Purpurgewinnung eine au?erst heikle Angelegenheit ist und sehr viel Fingerspitzengefuhl erfordert.« Der alte Farber bedachte Philippos mit einem zahnlosen Grinsen, reichte dem Griechen dann den kleinen Bronzehammer und wies auf den Eimer zu ihren Fu?en, in dem sich ein halbes Dutzend frisch gefangener Purpurschnecken tummelten. »Nimm dir eine und versuch es!« 

Philippos griff nach einem der dornenbewehrten Schneckenhauser, legte es vor sich auf den Steinboden und fuhrte dann einen kurzen Hammerschlag gegen das Kalkgehause, das knirschend zersplitterte.

»Ein wenig zu feste vielleicht, aber sonst schon ganz gut«, kommentierte der Alte. »Jetzt nimm das Messer und schal die kleine Bestie ganz aus ihrem Gehause.«

Wortlos folgte Philippos den Anweisungen des Farbers. Er war vollig benommen von dem Gestank, der uber dem Hof mit seinen flachen Wasserbecken hing. Er hatte schon viel gerochen in seinem Leben, Lazarette, die nach Blut, Schwei? und Tod stanken, die Gerbereien in Rom, die einen so penetranten Geruch verbreiteten, da? man sich ihnen nur mit einem Tuch vor Mund und Nase nahern konnte, aber das hier ubertraf alles. Es war, als wurde einem die Luft abgeschnitten. Zu jedem Atemzug mu?te man sich uberwinden. Philippos hatte sich ein mit Duftol getranktes Tuch vor das Gesicht gewickelt, um es uberhaupt aushalten zu konnen, doch selbst das mochte den allgegenwartigen Gestank nach fauligem Fisch kaum zu mildern.

»So, hier hast du die nachste Schnecke. Versuch es gleich noch einmal!«

Philippos blickte wutend zu dem Alten. Die herablassende Art des Farbers lie? ihn innerlich vor Wut schaumen. Der Kerl trug nicht einmal ein Schutztuch. Es schien, als wurde er die Ausdunstungen gar nicht mehr wahrnehmen. Geduldig wiederholte der Arzt die Prozedur, zerschlug das Gehause und schalte den gelblichen Leib der Schnecke aus den Kalksplittern, um ihn dann in ein flaches Bassin mit Meerwasser zu werfen. Das Tier lebte noch und wand sich, seines Schutzgehauses beraubt, in den erstaunlichsten Zuckungen.

»Sie mussen zwei Tage im Meerwasser liegen, bevor man mit ihnen weiterarbeiten kann«, brummelte der Alte vor sich hin. »Die Purpurfarberei ist ein Geschaft, fur das man sich eine Menge Zeit nehmen mu? und fur das man einiges Fingerspitzengefuhl braucht. Au?erdem gibt es da noch ein paar Geheimnisse, die unseren Purpur aus Tyros besser machen als jeden anderen, den du bekommen hast. Melkart selbst hat uns Farbern vor langer Zeit die Geheimnisse verraten. Wei?t du, wir konnen hier alles farben. Leinen, Wolle, Seide und Leder. Selbst dem kostbaren Epheser Marmor haben wir schon die Farbe des Purpurs geschenkt. Doch genug davon. Du wirst jetzt die anderen Schnecken aus ihren Hausern herausholen und in das Becken werfen. Ich gehe so lange zum Essen. Wenn du fertig bist, komm ruber ins Haus. Ich bin sicher, fur dich wird auch noch was zu bei?en ubrigbleiben.«

Philippos nickte, doch glaubte er nicht, da? er in dem Gestank hier in der Farberei auch nur einen Happen herunterkriegen wurde. Er war schon froh, wenn er sein Fruhstuck bei sich behielt.

Abimilkus, der verletzte Purpurtaucher, hatte dafur gesorgt, da? Philippos in der Farberei Arbeit bekam. Es ging dem Kapitan schon wieder so gut, da? er zuruck auf sein Boot wollte. In der Wunde hatten sich keine ublen Safte gebildet, und ihre Rander waren nur leicht gerotet.

Am vorangegangenen Abend hatte sich im Haus Abimilkus eine Gruppe Taucher versammelt und heftig uber die Zukunft der Stadt gestritten. Philippos hatte nicht genau mitbekommen, worum es ging, weil ihn die Frau des Kapitans gebeten hatte, nach dem Neugeborenen einer Nachbarin zu sehen, das sich als kerngesund herausstellte. Nach den wenigen Gesprachsfetzen zu urteilen, waren die Taucher mit dem Verhalten eines der gro?en Handelsherren der Stadt unzufrieden.

Es schien, als sei er fur ihren Geschmack zu romerfreundlich.

Philippos hatte sich daruber geargert, da? die Taucher ihm trotz allem, was er fur ihren Kapitan getan hatte, immer noch nicht trauten. Auch kam er sich hier in der Farberei des Kaufmanns Iubal fehl am Platz vor. Er war Arzt! Die Arbeit, die er hier zu machen hatte, konnte jeder Trottel erledigen. Und dann noch dieser uberhebliche Greis, den man ihm zur Seite gestellt hatte, damit er ihn in das Ausnehmen der Schalentiere einwies. Mi?mutig warf Philippos die letzte Purpurschnecke in das Wasserbassin und starrte zu dem niedrigen Haus heruber, in dem der Alte verschwunden war. Die Sonne stand jetzt fast im Zenit, und auf dem hinteren Hof der Farberei gab es keinen Schatten mehr. Er konnte hier unmoglich die Mittagsstunden verbringen. Allerdings hatte Philippos auch kein Interesse daran, dem Alten wieder uber den Weg zu laufen und sich dessen Geschwatz anzuhoren.

Der Grieche dachte an Simon und seine hubsche Tochter Isebel. Seit er auf das Boot Abimilkus gestiegen war, hatte er von dem Judaer nichts mehr gehort. Drei Tage waren inzwischen vergangen. Die Nachforschungen uber den Giftanschlag kamen nicht weiter. Die Taucher waren ihm gegenuber nicht so gesprachig gewesen, wie er sich erhofft hatte. Er hatte lediglich Belanglosigkeiten erfahren, wie zum Beispiel, da? der Purpurpreis in den letzten Jahren bestandig gestiegen war und da? Iubal, der reichste Kaufmann der Stadt, fast das gesamte Purpurgeschaft kontrollierte.

Von einem Schiff voller koniglicher Geschenke, das vor drei Wochen nach Ephesos gesegelt war, wu?te man unter den Tauchern nichts. Allerdings hatte Philippos feststellen mussen, da? Berenike den meisten Phoniziern wesentlich sympathischer war als der Neue Dionysos. Sie galt als ein Symbol fur den Widerstand gegen Rom. Uberall erzahlte man sich, wie ihr Ehegatte Seleukos, der behauptete, von koniglich- seleukidischer Abstammung zu sein, in einer Tuchhandlerkarawane versteckt mitten durch die Provinz Syria gereist war, ohne da? ihn die Hascher des Procon-suls erwischt hatten. Mit derselben Begeisterung erzahlten die Phonizier allerdings auch, wie Berenike eben diesen Seleukos, dem das Volk von Alexandria den Spottnamen Cybiosaktes, der Salzfischhandler, gegeben hatte, nur drei Tage nach der Hochzeit durch ihre Leibwache erdrosseln lie?, weil sie des ungehobelten Kerls uberdrussig geworden war. Solange sich die Senatoren in Rom darum stritten, welcher Feldherr Ptolemaios nach Agypten zuruckbringen sollte, solange blieb Berenike Zeit, ihre Macht zu festigen.

Angeblich hatte sie damit begonnen, die Armee zu reformieren und zu vergro?ern. Manche behaupteten

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