gro?er, dunkler Fleck auf dem Pflaster und der Geruch von Olivenol, das war alles, was noch an den Unfall erinnerte. Die Arbeiter hatten die Scherben der machtigen Amphore schon beiseite geschafft. Die Lastentrager standen in einem weiten Halbkreis um die Sanfte und starrten sie an. Samu meinte, ihre Blicke fast wie Beruhrungen spuren zu konnen. Die Gesichter der Manner waren dunkel und verschlossen. Keiner lachelte.

Dankbar lie? sich die Priesterin auf die Kissen der Sanfte sinken. Jemand zog die Vorhange zu. Stimmengemurmel erklang. Sie horte, wie Hophra den Lastentragern zurief, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Dann wurde die Sanfte schwankend in die Hohe gehoben. Ein Windsto? vom Hafen teilte die Vorhange fur einen Augenblick, so da? Samu auf das Schiff aus Kreta blicken konnte. Auf dem Laufsteg standen zwei Manner, die Bundel aus olgetranktem Tuch geschultert hatten. Was fur eine Fracht wurde da geloscht?

Samu ballte ihre zitternden Hande zu Fausten. Was ging hier vor sich? Hatte man den Zwischenfall mit der Amphore nur inszeniert, um einen Vorwand zu haben, sie vom Hafen fortschaffen zu lassen? Und die Bundel . Waren sie der Grund, warum Elagabal personlich in den Hafen gekommen war? 

15. KAPITEL

Philippos war froh, die Farberei hinter sich gelassen zu haben und in das Haus Abimilkus zuruckgekehrt zu sein. Er hatte bei Sonnenuntergang ein Bad im Meer genommen, um den gra?lichen Geruch nach fauligem Fisch loszuwerden, doch es hatte nichts genutzt. Es war, als sei der Gestank tief in seine Haut eingedrungen. Seine Finger, seine Haare, alles roch nach Fisch! Ja, er wunderte sich, da? es die Familie Abimilkus mit ihm an einem Tisch aushielt. Es gab eine gro?e Schale mit Fischbruhe, in die alle abwechselnd ihr Brot tunkten. Au?erdem standen frische Zwiebeln und eine riesige Melone auf dem Tisch. 

Philippos starrte mit gemischten Gefuhlen auf die Suppe. Er wurde nichts herunterbekommen, was auch nur im entferntesten an Fisch erinnerte!

Die Stimmung bei Tisch war seltsam gedruckt und das, obwohl es eigentlich gute Nachrichten gab. Vor dem Essen hatte Philippos noch einmal die Wunde des Kapitans untersucht. Sie war so gut verheilt, da? er vom nachsten Tag an wieder auf dem Boot arbeiten konnte.

Als die Schale mit der Fischsuppe geleert war, zogen sich die Frau des Tauchers und seine Kinder vom Dach des kleinen Hauses zuruck und lie?en die beiden Manner allein. Abimilku machte ein bekummertes Gesicht und drehte unschlussig den kleinen Tonbecher zwischen den Fingern, aus dem er wahrend des Essens verdunnten Wein getrunken hatte.

Schlie?lich mochte Philippos die Ungewi?heit nicht mehr langer ertragen. »Was ist mit dir los, mein Freund? Was bedruckt dich? Hast du nicht allen Anla? zur Freude?«

Abimilku konnte ihm nicht in die Augen sehen. Verlegen hob er den Kopf und blickte zum hellen Abendhimmel. »Ich wei?, welch gro?en Dienst du mir erwiesen hast, Philippos, und du kannst gewi? sein, da? ich dir mein ganzes Leben lang dankbar dafur sein werde, da? du mir meinen Arm gerettet hast. Du sollst auch nicht denken, ich sei undankbar ... Wei?t du, ich habe immer fur dich gesprochen, doch mein Wort hatte nicht genug Gewicht.«

»Wovon redest du? Was willst du mir damit sagen?« Philippos spurte, wie sich seine Gedarme zusammenzogen. Instinktiv spahte er uber den Rand des Daches hinweg und uberlegte, auf welchem Weg er fliehen konnte, falls die Situation es erfordern sollte. In der Gasse, an die das kleine Haus grenzte, standen einige Manner.

»Du hast in den letzten Tagen sehr viele Fragen gestellt, Philippos. Das ist einigen meiner Freunde aufgefallen. Das ware auch sicher nicht weiter schlimm, wenn du andere Fragen gestellt hattest. Fremde sind nun einmal neugierig ... Aber warum interessierst du dich so sehr fur die gro?en Geschaftsleute und die Priesterschaft? Warum willst du wissen, wer Handel mit den Agyptern treibt und wer ein Feind der Romer ist? Verstehe mich nicht falsch, Philippos! Nicht ich bin es, der dir nicht mehr traut . Es sind andere, die sich Sorgen machen.«

Der Grieche warf einen abschatzenden Blick zur Dachkante.

Mit einem Satz konnte er am Rand des niedrigen Daches sein und in den Innenhof hinabspringen. Von dort konnte er in eines der angrenzenden Hauser laufen und zusehen, da? er einen Weg auf eine der anderen Stra?en fand, die den kleinen Hauserblock umgaben. Die Manner unten vorm Haus hatten sich nicht von der Stelle bewegt, und der Grieche glaubte nicht mehr daran, da? es Zufall war, da? sie dort standen.

»Worauf willst du hinaus, Abimilku? Welche Schurkerei unterstellt man mir? Rede, denn nur wenn ich wei?, was man mir vorwirft, kann ich meine Unschuld beweisen.«

Der Taucher rausperte sich und nahm dann einen tiefen Schluck aus seinem Becher. »Es sind Geruchte ... Man sagt, da? du nie ein Soldner gewesen bist . Da? du dies nur erzahlst, um dich in unser Vertrauen zu schleichen. Nie hast du davon gesprochen, in welchen Schlachten du gekampft hast, so wie es eigentlich alle Soldaten zu tun pflegen. Und deine Heilkunst! Die, die dir Ubles wollen, behaupten, du seiest ein Arzt und ein Weiser. Da? du meinen Arm gerettet hast, gilt ihnen als Beweis dafur. Sie sagen, Soldner schlagen Wunden, sie zu verbinden, sei nicht ihre Sache. Und dann deine Fragen . Wei?t du, fur die meisten sieht es so aus, als seiest du ein romischer Spitzel. Ich habe ihnen gesagt, da? du auf Empfehlung des Kaufmanns Simon auf mein Boot gekommen bist und da? die Judaer Krieg mit den Romern fuhren. Wurde Simon also gut uber einen Feind seines Volkes sprechen? Aber die anderen haben gelacht. Sie sagten, da? es kein Zufall sei, da? du ausgerechnet in mein Haus gekommen seist und da? ...« Abimilku schuttelte den Kopf. »Du mu?t mir verzeihen. Ich habe alles fur dich getan, was in meiner Macht stand, doch sie wollten mir nicht glauben.«

»Wer sind sie?« Philippos hatte sich halb aufgerichtet und war bereit zur Flucht.

»Das darf ich dir nicht sagen. Sie haben Macht ... Mein Einflu? war gerade gro? genug, dafur zu sorgen, da? du deine Unschuld beweisen kannst. Du bist doch ein Soldner, nicht wahr?«

Es war das erste Mal, da? Abimilku ihm ins Gesicht blickte.

Der Grieche nickte. »Ich verstehe es sehr wohl, mit dem Gladius und dem Pilum umzugehen.«

»Das solltest du ihnen nicht sagen, wenn sie dich fragen. Gladius und Pilum, das sind die Waffen eines romischen Soldaten. Sprich von Schwert und Speer!« Abimilku spielte nervos mit dem Saum seiner Tunica. »Ich kann dir doch vertrauen? Wei?t du, ich habe dir schon mehr gesagt, als ich eigentlich darf.«

»Ich schwore dir bei Zeus, da? ich zwanzig Jahre lang Soldat gewesen bin. Moge er mich auf der Stelle mit einem Blitz erschlagen, wenn ich lugen sollte und .«

Abimilku seufzte erleichtert. »Das genugt. Ich wu?te, da? ich dir trauen kann. So, wie die Dinge stehen, brauchst du dir keine Sorgen mehr zu machen. Die Prufung kann dir nicht gefahrlich werden.«

»Welche Prufung?«

»Jene, die an dir zweifelten, haben einen Soldner angeworben. Sie waren der Meinung, da? er sofort erkennen konnte, ob du schon einmal ein Schwert gefuhrt hast oder ob du nur ein Heilkundiger und Spitzel bist, der sich als Krieger ausgibt. Du sollst mit ihm kampfen.«

»Ich soll was? Das ist doch Wahnsinn!« Philippos war aufgesprungen und machte einen Schritt auf die Dachkante zu, hinter der der Innenhof lag. Dann hielt er mit einem leisen Fluch auf den Lippen inne. Auch dort unten stand eine kleine Gruppe von Mannern, die anscheinend auf ihn wartete.

Abimilku trat an seine Seite und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Du mu?t entschuldigen, doch man hat mich beauftragt, dafur zu sorgen, da? du auf keinen Fall davonlaufen kannst. Setz dich wieder zu mir und trink einen Becher Wein mit mir. Du wirst dich dann besser fuhlen.« Der Taucher nahm den Krug vom Tisch und go? Philippos ein. »Wir mussen noch warten, bis es dunkel geworden ist. Ich werde dir dann die Augen verbinden und dich an den Ort bringen, an dem sich dein Schicksal entscheidet.«

Der Grieche nahm den Becher. Was konnte er auch tun? Als Legionsarzt hatte er zwar regelma?ig an den Waffenubungen teilgenommen, doch hatte er Zweifel, ob er es mit einem jungen Soldner aufnehmen konnte. Stumm betete er zur Pallas.

So wie die Dinge standen, wurde er diese Nacht wohl nur uberleben, wenn die Gottin ihm beistand.

Als Philippos die Augenbinde abgenommen wurde, fand er sich auf einem kleinen, von Fackeln beleuchteten Hof. Neugierig blickte er sich um. Die Wande ringsherum waren mit bunten Ziegelmosaiken geschmuckt, die einen Palmenhain zeigten.

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