»Was nun, Alter? Willst du versuchen, mich mit blo?en Fausten und deinem lacherlichen Armschutz zu besiegen? Wenn ich so gegen dich antrete, konnte man mich mit Recht einen Morder nennen. Nimm dein Schwert!«

»Keine Sorge, ich werde deinem guten Ruf nicht schaden. Wie hei?t du eigentlich? Ich kenne gerne die Namen derjenigen, die ich im Zweikampf tote.« Voller Genugtuung horte Philippos das Raunen auf den Dachern. Sein Auftritt hatte allem Anschein nach Eindruck gemacht.

»Man nennt mich Hophra den Agypter!«

»Mach dich bereit, vor deine tierkopfigen Gotter zu treten.«

Der Grieche streifte seine Tunica uber den Kopf. Von oben erklangen erstaunte Rufe. Offenbar hielt man ihn jetzt fur vollkommen verruckt. Er wickelte sich den Stoff um seinen Arm.

Es war nur dunnes Leinen, doch hoffte er, da? es die Wucht der Treffer, die er zu erwarten hatte, wenigstens ein bi?chen abmildern wurde.

Der Agypter lachte, doch es klang falsch und schrill. »Du bist kein schoner Anblick mehr! Hoffst du, mich auf diese Weise zu erschrecken, so da? ich versteinere, ganz so, als hatte ich das Haupt der Gorgo erblickt?«

Philippos hob seine Arme in gro?er Geste und legte den Kopf in den Nacken, um zu den Gaffern emporzublicken. »Wenn in meiner Heimat zwei Faustkampfer gegeneinander antreten, dann ist es ublich, da? sie nackt kampfen. Schwertkampfe auf Leben und Tod kennt man in Griechenland nicht. Ich hoffe, ihr habt nichts dagegen einzuwenden, wenn ich fur mich die Traditionen des zivilisierten Zweikampfs fur dieses blutrunstige Spektakel ubernehme.«

»Fang endlich an, Hasenherz! Wir wollen nicht wissen, ob du ein Rhetor bist. Zeig uns, wie du kampfst!«

»Wenn du ein so gro?er Jager bist, dann wei?t du sicherlich, wie uberaus schwierig es sein kann, einen Hasen zu erlegen. Vor allem, wenn einem dazu nichts als ein Schwert zur Verfugung steht.« Philippos buckte sich und hob seine Waffe auf.

Er hatte gehofft, den Agypter genugend provoziert zu haben, um ihn zu einem sofortigen, unuberlegten Angriff zu reizen.

Doch Hophra bewahrte die Ruhe. Lauernd umkreisten sie einander, die Schwerter leicht gehoben, jederzeit bereit, eine Attacke des Gegners zu parieren.

Das leise Knirschen der Ledersohlen des Agypters und das Knistern der Fackeln waren die einzigen Gerausche, die die angespannte Stille storten. Langsam begann Philippos, unruhig zu werden. Er fragte sich, wie lange Hophra dieses Spiel noch treiben wollte. Der Soldner hatte alle Vorteile auf seiner Seite. Er war jung und mit Sicherheit schneller, und er hatte die langere Waffe. Es war an ihm, anzugreifen!

So als habe der Krieger seine Gedanken gelesen, sprang er vor und fuhrte mit der Ruckhand einen Schlag, der auf den Kopf des Griechen zielte. Philippos duckte sich zur Seite und ri? dann im letzten Augenblick sein Schwert hinab, um einen Stich zu parieren, den der Soldner aus dem Schwung des fehlgegangenen Hiebes gegen seinen Unterleib fuhrte.

Mit zwei schnellen Schritten nach hinten brachte sich Philippos au?er Reichweite des Schwertes. Hophra grinste. Offenbar war ihm der Angriff nicht ernst gewesen. Der Soldner hatte wohl nur ausprobieren wollen, wie schnell er auf ihn reagierte, dachte Philippos verargert. Vielleicht war es ja die falsche Strategie, dem Agypter die Initiative zu uberlassen. Er sollte ihn angreifen! Wenn der Kerl nur nicht so ein verdammt langes Schwert hatte!

Hophra machte erneut einen Ausfall und trieb Philippos mit einer ganzen Serie von Schlagen vor sich her. Erst im allerletzten Moment durchschaute der Grieche die heimtuckische Absicht, die hinter den Attacken steckte. Der Agypter wollte ihn bis gegen eine der Wande des engen Hofes zurucktreiben, so da? er keine Moglichkeit mehr gehabt hatte, den Angriffen auszuweichen. Mit einem Satz tauchte der Grieche unter der Klinge des Soldners hinweg, rollte sich uber seine Schulter ab und kam hinter dem Agypter wieder auf die Beine. Ein stechender Schmerz pochte in seiner linken Schulter. Er mu?te sich einen Muskel gezerrt haben. Philippos bi? die Zahne zusammen und fluchte leise vor sich hin. Er war nicht mehr in Ubung! Noch vor zwei Jahren ware ihm das nicht passiert.

»Nicht schlecht, alter Mann!« Hophra hatte sich umgedreht und zielte mit der Spitze seines Schwertes auf die Kehle des Griechen. »Warst du ein wenig schneller gewesen, hattest du sogar einen Schlag in meinen ungedeckten Rucken landen konnen.«

Philippos verzichtete auf eine Antwort. Sein Atem ging jetzt keuchend. Er mu?te angreifen! Lange wurde er der uberlegenen Geschwindigkeit des Jungeren nicht mehr standhalten.

Wieder umkreisten die beiden einander. Verzweifelt spahte der Grieche auf eine Lucke in der Deckung des Agypters, doch der Krieger gab sich keine Blo?e. Er hielt den Schwertarm leicht angewinkelt, so da? die Spitze der Waffe standig auf die Kehle des Arztes zeigte.

Philippos starrte uber den schimmernden Stahl hinweg in das Gesicht des Agypters. Den meisten Mannern konnte man es kurz vorher ansehen, wenn sie angreifen wollten. Ihre Augen glanzten dann einen Moment lang, und sie pre?ten die Lippen aufeinander. Hophra war ein guter Krieger, doch diese verraterische Eigenschaft hatte er noch nicht abgelegt.

Der Agypter lachte breit und zeigte seine strahlend wei?en Zahne. »Deine Lungen pfeifen wie der Blasebalg eines Schmiedes. Es geht wohl zu Ende!«

Jetzt war es soweit! Philippos konnte Hophra formlich ansehen, wie sich sein ganzer Korper spannte. Das Schwert scho? hoch und sauste schon im nachsten Augenblick zu einem vernichtenden Schlag wieder hinab. Statt auszuweichen, machte der Grieche einen Satz nach vorne und unterlief die Waffe des Soldners. Er ri? die Linke hoch und schlug mit seinem notdurftig gepanzerten Arm das Schwert zur Seite. Im selben Moment zuckte sein Gladius vor, um dem Krieger die Eingeweide zu zerschneiden.

Hophra wich taumelnd zuruck. Doch er war nicht schnell genug! Mit einem rei?enden Gerausch durchschnitt die Klinge den zahen Leinenpanzer. Tanzelnd drehte sich der Agypter halb um Philippos herum und verpa?te ihm mit dem ganzen Schwung der Drehung einen Tritt in die Kniekehle. Der Grieche stohnte vor Schmerz laut auf. Sein rechtes Bein knickte unter ihm weg. Etwas Kaltes legte sich auf seinen Hals. Es war die Schneide von Hophras Schwert.

»Das Spiel ist aus!« Der Agypter pre?te sich die Linke auf den Bauch. Blut sickerte durch den wei?en Leinenpanzer.

»Genug!« ertonte uber ihnen eine schrille Stimme. Philippos blickte zum gegenuberliegenden Flachdach empor. Ein dicker junger Mann, flankiert von zwei Fackeltragern, stand an der niedrigen Mauer, die das Dach saumte, und winkte hektisch mit den Armen. »Es genugt! Ich denke, es kann kein Zweifel mehr daran bestehen, da? der Grieche nicht gelogen hat. So wie er kampft, ist er tatsachlich ein Soldner! Oder bist du anderer Meinung, Hophra?«

Der Agypter hob seine blutverschmierte Linke und streckte sie dem Mann auf dem Dach entgegen. »Wie du siehst, versteht er es sehr wohl, seine Klinge zu fuhren, Herr.«

»Soll ich nach Chelbes schicken lassen? Brauchst du einen Heilkundigen? Bei Melkart, du hattest es nicht so weit mit ihm treiben durfen.«

Der Soldner schuttelte den Kopf. »Das ist nur eine Schramme. Nichts von Bedeutung.« Er nahm seine Klinge vom Hals des Arztes und streckte Philippos die Hand entgegen. »Ich hoffe, du kannst noch laufen.«

Der Grieche bi? die Zahne aufeinander und stemmte sich hoch. Am liebsten hatte er dem Agypter eine patzige Antwort gegeben, doch zumindest fur den Augenblick war es wohl kluger, den Mund zu halten. Er zwang sich zu einem Lacheln. »So wie es aussieht, werden Hades und Anubis wohl noch ein Weilchen auf uns warten mussen.« 

16. KAPITEL

Samu erwachte von einem Gerausch, das wie ein vielstimmiger Aufschrei klang. Sie fuhlte sich ungewohnlich benommen. Ihr Kopf war schwer, und als sie versuchte, aufzustehen, war es fast so, als drucke sie eine weiche, riesige Hand auf ihre Kline nieder. So stark war dieser Widerstand, da? es

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