einem Fest des Gottes Melkart teilzunehmen. Das hei?t, da? die Tyrener mir anbieten, was sie dem gro?en Alexander verwehrt haben. Sie schatzen mich hoher als den machtigsten Feldherren, den es jemals gegeben hat ... Ich kann diese Einladung nicht zuruckweisen, ohne mein Gesicht zu verlieren. Au?erdem wurde ich die Stadt damit beleidigen und noch einen weiteren Grund fur einen Aufstand liefern.«

Samu traute ihren Ohren nicht. »Wie kannst du wider besseren Wissens ein solches Gemetzel herbeifuhren? Mochtest du, da? deine Legionare Gelegenheit erhalten, eine Stadt zu plundern? Ich habe meine Zweifel, da? die Rebellen deine Kohorten bezwingen konnen. Doch das wird sie nicht davon abhalten, es zumindest zu versuchen. Mit den Planen, ein Aquaeduct zu bauen, hat Aulus Gabinius das ganze Volk gegen sich aufgebracht.«

»Deine Sorge um die Tyrener ehrt dich, Samu.« Antonius go? sich erneut einen Becher voller Wein ein. Bevor er ihn an die Lippen setzte, lie? er ein wenig des Weins auf den Boden tropfen und blickte dann zu den Tribunen. »Auf da? Mars und Jupiter uns wohl gesonnen sein mogen! Priesterin, das Fest im Tempel soll schon morgen zur Mittagsstunde stattfinden. Es ist unmoglich, die Kohorten bis dahin zur Stadt zu bringen. Ich werde also nur mit einigen meiner Offiziere und ein paar Mannern aus meiner gallischen Leibwache zur Stadt reiten. Wenn wir noch vor Morgengrauen aufbrechen, mu?ten wir punktlich zur Mittagsstunde in Tyros sein.«

Samu glaubte, an ihrem Verstand zweifeln zu mussen. Hatte der Feldherr nicht begriffen, in welche Gefahr er sich begab?

»Was ist das fur ein narrischer Plan? Wem soll es nutzen, wenn du unnutz dein Leben riskierst? Glaub mir, es ist mehr als nur ein Gerucht, da? man dich umbringen will!«

»Priesterin, wei?t du nicht, da? die Gotter die Narren lieben?«

Die Stimme des Romers war schwer vom Wein. »Mein Entschlu? steht fest. Ich werde morgen an dem Tempelfest teilnehmen. Wenn du dich so sehr um mich sorgst, dann kannst du ja zu deiner zaubermachtigen Gottin beten und sie darum bitten, da? sie mich beschutzt.« 

21. KAPITEL

Philippos spielte mit seinen Fingern nervos am Knauf des Schwertes, das er unter seinem Umhang verborgen trug. Die nachste Stunde wurde uber das weitere Schicksal der Stadt entscheiden. Es ging das Gerucht um, da? Marcus Antonius, so wie einst Alexander, darauf bestanden habe, den Tempel des Melkart zu besuchen. Die Stra?en waren voller Menschen. Allenthalben wurde hitzig debattiert, und immer wieder horte man Hitzkopfe Parolen gegen die Romer schreien. 

Die kleine romische Garnison von Tyros war fast vollstandig angetreten, um die breite Stra?e frei zu halten, die uber den Damm bis zum Melkart-Tempel im Zentrum der Stadt fuhrte. Mit Schilden und Speeren bewaffnet, drangten sie die Burger in die angrenzenden Gassen zuruck und hielten die beiden Zugange zu dem Damm frei, den Alexander wahrend der Belagerung der Hafenstadt hatte aufschutten lassen.

Verzweifelt blickte Philippos uber den Platz vor dem Tempel. Zwanzig Soldaten waren aufgeboten, um ihn abzuschirmen.

Der Grieche nagte unruhig an seiner Unterlippe. Er wu?te, da? rings um den Platz und auf den Dachern mehr als funfhundert bewaffnete Fischer und zwei Dutzend Bogenschutzen lauerten. Alle warteten sie auf das Zeichen, das Melkart ihnen geben sollte. Wenn Marcus Antonius nicht mindestens mit einer Kohorte in die Stadt marschierte, dann wurde er durch die schiere Masse der Gegner uberrannt werden. Ganz egal, wie tapfer seine Soldaten kampften, in dem Chaos, das auf dem Platz entstehen wurde, wurden sie einfach untergehen. Der Grieche fuhlte sich schlecht. Vielleicht waren unter den Legionaren ein paar alte Kameraden, mit denen er einst in Spanien gekampft hatte. Er konnte sie nicht einfach so verraten . Doch er sah auch keine Moglichkeit mehr, etwas zu tun, um das Ungluck zu verhindern. Er war allein! Wie sollte er die Rebellen aufhalten? Womoglich war es wirklich das klugste, treu zu Elagabal zu stehen. Philippos dachte an das Angebot, das ihm der Kaufmann gemacht hatte. Mehr als ein Jahr, nachdem er die Legion verlassen hatte, wurde er plotzlich eine Karriere als Soldat machen? Womoglich wurde er sogar Statthalter in irgendeiner Provinzstadt .

»Philippos!«

Abimilku versuchte, sich durch die Menschenmassen zu drangen und an seine Seite zu gelangen. »Philippos!« Der Kapitan schrie und ruderte mit den Armen, als sa?en ihm die Erinnyen im Nacken. Der Grieche schaffte sich mit den Ellbogen Platz und arbeitete sich langsam in Richtung des Seemanns vorwarts.

Als Abimilku endlich vor ihm stand, war der Kapitan vollig au?er Atem. »Betrug ...«, keuchte er. »Wir werden mi?braucht. Es ist ...«

Philippos blickte sich besorgt um. Es war nicht klug, hier, inmitten aufgebrachter, zu allem entschlossener Menschen, laut uber Betrug und Verrat zu reden. So mochte schon vor der Zeit der Funken geschlagen werden, der jenen verheerenden Brand auslosen wurde, der nicht anders als mit berstenden Stadtmauern und tausendfachem Tod enden konnte.

»Still«, zischte Philippos und versuchte, den Seemann aus der Masse herauszuzerren.

Doch Abimilku war wie von Sinnen. »Du hattest recht . «, stammelte er immer wieder. »Wir alle sind dem Untergang geweiht.«

Endlich erreichten die beiden einen Hauseingang, durch den sie auf einen verlassenen Hof gelangten.

»Was, bei Zeus, ist in dich gefahren?« Die Stimme des Griechen uberschlug sich vor Zorn. Es war, als wolle sich seine ganze Wehrlosigkeit und Resignation nun an Abimilku entladen.

Philippos hatte den Kapitan bei seiner Tunica gepackt und schuttelte ihn wutend. »Wovon redest du, Mann?«

»Sie betrugen den Gott! Sie wollen im Namen Melkarts morden! Nicht der Herr des Lichtes und der Flammen wird Antonius richten, sondern ein Sterblicher, der sich anma?t, im Namen des Gottes handeln zu durfen. Mein Schwager hat es gesehen!«

»Was zum Henker hat er gesehen?«

»Er ist noch einmal an den Platz gegangen, an dem der Agypter die Bogenschutzen unterrichtet hat. Du kennst ihn doch, meinen Schwager? Den gro?en, bartigen Mann aus meinem Boot. Er wollte sich noch einmal uben, bevor er seine Pfeile auf die Romer richtet. Als er den Platz erreichte, war dieser Hophra schon dort. Erst wollte mein Schwager ihn ansprechen, doch dann hat er beobachtet, was der Agypter dort machte. Auch er ubte sich im Schie?en. Er hatte ganz eigenartige Geschosse. Sie hatten eine vierkantige Spitze, geschmiedet wie ein Nagel und so lang wie ein Finger. Die Schafte waren aus geschwarztem Holz, und die Befiederung sah aus, als sei sie aus lauterem Gold. Hophra umwickelte die Pfeilspitzen mit olgetranktem Tuch, hielt sie kurz in ein Feuer. Erst zungelten die Flammen nur trage, doch als er den Pfeil dann steil in den Himmel scho?, loderten sie auf, so da? es aussah, als zoge eine feurige Kugel durch das Firmament. Und da hat mein Schwager begriffen, was der agyptische Soldner dort ubte. Hophra will sich anma?en, an Stelle des Gottes die Romer zu richten.

Wenn das Volk auf dem Tempelplatz sieht, wie sich eine solche Feuerkugel vom Himmel senkt und Marcus Antonius totet, so wird jeder glauben, Melkart selbst habe den brennenden Pfeil vom Himmel geschickt. Wenn wir uns aber erheben, ohne wirklich ein Zeichen des Gottes erhalten zu haben, wird uns dann nicht das Schicksal widerfahren, das du mir so eindringlich geschildert hast? Wird nicht der Gott selbst sich gegen uns emporen, weil wir seinen Namen verraten haben, indem wir ihn fur gemeinen Mord mi?brauchten? Wird nicht .«

»Genug! Wann hat dein Schwager den Agypter gesehen?«

»Es mussen mehr als drei Stunden seither vergangen sein. Er hat lange gebraucht, um mich zu finden. Er will jetzt die anderen Bogenschutzen warnen, sich nicht an diesem schandlichen Betrug zu beteiligen. Wir mussen die anderen aufhalten!«

Philippos schuttelte den Kopf. »Wie willst du funfhundert Schwertkampfer aufhalten? Sie stehen hier um den Platz verteilt und warten auf das Zeichen, loszuschlagen. Wir mussen Hophra finden! Wenn er keine Gelegenheit hat, zu schie?en, dann wird es vielleicht keinen Aufstand .«

In der Ferne erklangen Horner. Philippos kannte das Signal aus seiner Zeit bei den Legionen. Es war der

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