Philippos das Dach betrat, hatte Hophra sich umgedreht, um einen Brandpfeil in einem kleinen Becken voller gluhender Kohlen zu entzunden.
Mit flie?ender Bewegung ri? er den Pfeil hoch, legte ihn auf die Sehne und spannte den Bogen.
Mit einem Sprung warf sich der Arzt nach vorne und versuchte, noch im Fallen sein Kurzschwert zu ziehen. Der Pfeil sirrte von der Sehne. Mit einem Rauschen loderten die Flammen auf, als das Gescho? kaum eine Handbreit seinen Kopf verfehlte. Fur einen winzigen Augenblick glaubte Philippos sogar, die Hitze der Glut auf der Wange zu spuren.
Fluchend plagte sich der Grieche wieder auf und sturmte dem Meuchler entgegen. Der Agypter buckte sich ohne Hast und hob einen neuen Pfeil auf. Vielleicht funfzehn Schritt trennten sie noch voneinander.
Philippos ri? sein Schwert hoch. Er wurde es nicht mehr schaffen, den Soldner zu erreichen, bevor dieser den nachsten Pfeil abfeuerte. Schon lag das todliche Gescho? auf der Sehne.
Mit einem Wutschrei schleuderte der Arzt dem Soldner sein Kurzschwert entgegen.
Hophra zog die Bogensehne bis weit hinter das Ohr. Mit einem Schritt zur Seite versuchte er, dem
Dann lie? er die Sehne los, und der Pfeil stieg steil in den Himmel. Der Bogen entglitt seinen Handen. Fassungslos starrte er an sich herab. Das Kurzschwert hatte seinen Leinenpanzer durchschlagen und war ihm tief in den Bauch gedrungen. Er sank auf die Knie und sturzte nach vorn.
Philippos stie? ein inbrunstiges Dankgebet an die
Vom Meer ertonte dumpfes Donnergrollen, und eine Sturmboe fegte uber das langgezogene Tempeldach. Triumphierend blickte sich der Grieche nach Abimilku um. Der Kapitan war auf der Treppe noch dicht hinter ihm gewesen, doch jetzt lag er lang hingestreckt auf dem Dach. Der Pfeil, der fur Philippos bestimmt gewesen war, hatte ihn dicht unterhalb des Halses in die Schulter getroffen. Pulsierend scho? ihm das Blut aus der Wunde. Ein Blick auf die Wunde reichte Philippos, um zu erkennen, da? nur
Abimilku bewegte schwach die Lippen. Der Arzt kniete neben ihm nieder.
Philippos griff nach der Rechten des Seemanns und druckte sie sanft. »Du hast das Richtige getan, mein Freund. Du hast deine Stadt vor dem Untergang bewahrt. Ich bin sicher,
Abimilkus Augenlider begannen zu flattern. »Er war in . ihm. Er hat . seine Hand . gelenkt. Der . Pfeil .
Er ... hat ... mich bestraft ...« Die Augen des Phoniziers weiteten sich. Ein Schwall Blut quoll uber seine Lippen. Sein Blick war starr auf die Sonnenscheibe gerichtet.
»Du irrst dich. Du hast das Richtige getan. Hophra war der Verrater. Nicht du. Horst du mich? Wie kannst du nur solchen Unsinn glauben? Du hattest recht!« Philippos redete immer weiter auf Abimilku ein, obwohl er genau wu?te, da? der Seemann ihn nicht mehr horen konnte.
22. KAPITEL
Das Warten wurde Samu langsam unertraglich! Ihr Pferd schnaubte, so als spure es genau die Unruhe der Reiterin. Es mochte schon eine halbe Stunde vergangen sein, seit Marcus Antonius mit den Priestern im Tempel verschwunden war. Zwei seiner
Eigentlich hatte Samu damit gerechnet, da? man den Anschlag auf den Feldherren in den Stra?en der Stadt oder spatestens auf dem Platz vor dem Tempel veruben wurde. So hatte es viele Zeugen fur den Tod des Romers gegeben.
Allmahlich dauerte sein Aufenthalt im Tempel schon verdachtig lange. Was mochte er dort nur treiben? Die Priesterin blickte zum Himmel, um abzuschatzen, wieviel Zeit vergangen war. Die dunklen Wolkenbanke hatten inzwischen die Kuste erreicht, und es sah fast so aus, als hatten sich die Gotter entschlossen, den Himmel in eine Tag- und eine Nachthalfte zu unterteilen, so finster war es uber dem Meer. Boiger Wind fegte heulend durch die Stra?en der Stadt und brach sich an der hohen Tempelfassade. Samu mu?te daran denken, wie sich die Griechen die Totenwelt vorstellten. Es war ein finsterer, trostloser Ort, und wenn sich ein Sterblicher in den
Ob wohl mit dem Wind die Geister der toten Griechen zuruckkehrten, die wahrend der Belagerung durch Alexander gefallen waren? Wollten sie sich am Schicksal der Sterblichen ergotzen? Daran, da? wieder Blut in den Stra?en von Tyros flie?en wurde? Odysseus hatte ihnen bei seinem Besuch an den Gestaden der Unterwelt das Blut von Schafen geopfert. Um wieviel mehr wurden sie Menschenblut zu schatzen wissen! Frostelnd rieb sich Samu uber die Arme.
Die Romer auf dem Platz hatten ein Karree gebildet und waren bereit, sich im Zweifelsfall nach allen Seiten hin zu verteidigen. Samu konnte horen, wie der Stadtkommandant und der
Obwohl das Wetter immer schlechter wurde, hatte kaum ein Tyrener den Platz verlassen. Feindselig starrten sie zu den Romern heruber. Plotzlich kam Bewegung in die Menschenmenge. Ein Raunen ertonte, und Samu konnte beobachten, wie viele der Burger sich verunsichert zum Hafen hin umblickten.
Dann endlich erschienen die Priester und der Feldherr wieder vor dem Tempelportal. Azemilkos selbst, der ein purpurnes Prunkgewand trug, fuhrte die Gruppe an. Er hob seinen mit einem Lowenkopf geschmuckten Stab und gebot der Menge mit weit ausholender Geste, zu schweigen. Augenblicklich verstummte das Raunen.
»Kinder des
Samu konnte beobachten, wie Marcus Antonius und Chelbes kurz miteinander sprachen. Als Azemilkos schlie?lich seine Rede beendet hatte, trat Antonius vor und wand sich in holprigem Griechisch an die Burger. »Manner von Tyros! Ich wei? sehr wohl, da? mancher von euch einen Dolch oder gar ein Schwert unter seinem Gewande verbirgt und da? ihr gekommen wart, um mich sterben zu sehen. Doch wei? ich jetzt auch, warum der Zorn in euren Herzen aufbluhte und ihr lerntet, uns Romer zu hassen, obwohl ihr erst vor wenigen Jahren den Feldherren Pompeius so freundlich empfangen habt und sein Legat Marcus Aemilius Scaurus eure Stadt mit dem Titel einer
»Statt hier auf diesem Platz eine Fehde auszutragen, bei der wir alle nur verlieren konnen, la?t uns den Bund erneuern, den ihr einst mit Rom geschlossen habt! Der
Einige Herzschlage lang herrschte Schweigen. Dann ertonte eine einzelne Stimme: »Es lebe Marcus Antonius!« Damit war die Stille gebrochen. Zu Hunderten fielen die Tyrener in den Jubelruf ein.
Vom Hafen her ertonte Donnergrollen, und ein Blitz tauchte den Platz in glei?endes Licht. Ein einzelner Regentropfen streifte die Wange der Priesterin, ein zweiter ihre Nasenspitze. Noch immer hallten die Jubelrufe uber den Vorplatz. Samu beobachtete den Feldherren, der sich ganz offensichtlich in der Pose des Triumphators wohlfuhlte.