»Du bist des versuchten Giftmordes angeklagt, Kaufmann. Marcus Antonius mochte dich zu dieser Angelegenheit befragen.«

Der schmachtige Mann rieb sich uber das Kinn und machte dann plotzlich einen Satz zuruck. »Macht sie nieder!« schrie er mit sich ub erschlagender Stimme und suchte hinter den Lastentragern Schutz.

Septimius ri? sein Schwert aus der Scheide und tauchte unter einem Schlag hinweg, den einer der Lastentrager mit seiner Stange fuhrte. »Schneidet sie in Streifen!« zischte der Tribun wutend. »Und dann bringt mir diesen Bastard!«

Samu druckte sich eng an die Wand des Torgewolbes und zog sich zum Atrium hin zuruck.

Der Kampf zwischen den Lastentragern und den schwer bewaffneten Legionaren dauerte nur wenige Augenblicke. Als der dritte Hafenarbeiter blutend zu Boden gegangen war, warfen die anderen ihre Waffen weg und ergaben sich. Iubal aber hatte die Gelegenheit genutzt, um in Richtung des agyptischen Hafens zu fliehen.

Sobald das Geplankel beendet war, setzte Samu uber die Verletzten hinweg und rannte die schmale Gasse hinab, die an der Villa vorbei zum Meer fuhrte. Hinter sich horte sie, wie ihr die Romer schnaufend und mit klirrenden Kettenhemden folgten.

Ohne Waffen und in leichter Kleidung konnte sie schneller laufen als die Legionare. Iubal hatte vielleicht hundert Schritt Vorsprung vor ihr, doch sie holte langsam auf.

Die gepflasterten Stra?en waren glatt vom Regen. Zweimal strauchelte sie fast, bis sie das halb verfallene Stadttor erreichte, hinter dem das versandete Hafenbecken lag. Iubal war ein Stuck weit eine der verfallenen Molen hinabgelaufen. Er winkte mit seinen Armen und schien etwas zu rufen, doch durch das monotone Rauschen des Regens konnte die Priesterin seine Worte nicht verstehen. Am Ende der Mole lagen zwei flache, kleine Segelboote.

Als sie den Kaufmann und seine Verfolger sahen, losten die Fischer die Leinen und nahmen lange Stangen auf, mit denen sie sich vom Kai abstie?en.

Am Ende der Mole angelangt, sprang Iubal mit einem weiten Satz ins Wasser. Die Schiffer des hinteren Bootes streckten ihm eine Stange entgegen und zogen ihn dann an Bord.

Keuchend blieb Samu stehen. Sie hatte verloren! Die Boote kamen zwar nur langsam voran, doch es gab keine Moglichkeit, sie weiter zu verfolgen. Au?er den beiden kleinen Seglern gab es keine weiteren Boote in dem aufgegebenen Hafen.

Am Heck des vorderen Schiffes stand ein hochgewachsener Mann und winkte hamisch zu ihnen heruber. Es war Archelaos, der Priesterfurst aus dem pontischen Comana.

Fluchend blickte die Priesterin den Fluchtlingen nach, als Septimius sie erreichte.

»Wir hatten . Bogenschutzen . mitnehmen sollen.« Der Tribun rang nach Luft. »Aber noch . hat dieser . heimtuckische Meuchler nicht . gewonnen. Lauf zum anderen Hafen ... Priesterin. Antonius hat den Trierarchen ... Befehl gegeben, die Schiffe bis zum Abend hin ... klar zum Auslaufen zu halten. Die kleinen Segler werden vorerst nicht weit kommen. Sie konnen keine Segel setzen, weil der Wind vom Meer her blast und sie gegen die Kuste abgetrieben wurden. Vielleicht kannst du sie noch einholen. Frag im Hafen nach Gaius Sosius. Er kommandiert eine wendige kleine Trireme. Sein Schiff ist fur die Verfolgung am besten geeignet. Lauf jetzt, Priesterin! Du bist schneller als ich und meine Manner.«

Samu schuttelte resignierend den Kopf. »Glaubst du, die Trierarchen werden auf irgendein fremdes Weib in Mannerkleidern horen? Sie werden mich verspotten!«

Septimius streifte einen protzigen, goldenen Siegelring von seiner Linken. »Zeig Sosius das hier, dann wird er wissen, da? ich dich geschickt habe. Und jetzt lauf! Jeder Augenblick zahlt. Sobald der Wind dreht, werden die Schurken mit ihren Seglern aufs offene Meer entkommen.« 

23. KAPITEL

Einen Moment lang glaubte Philippos, das Rauschen der machtigen Schwingen des Thanatos zu horen. Die Ollampen in der kleinen Kammer, in die man Hophra gebracht hatte, erzitterten. Es sind nur ein Luftzug unter der Tur und der Regen drau?en, redete sich der Grieche ein, doch die Anwesenheit des Todes war unubersehbar. Hophras Gesicht war bla? und wirkte seltsam unecht, so als habe man es mit einer dunnen Schicht Wachs uberzogen. Die Augen des Kriegers glanzten wie im Fieber, doch seine Hand, die Philippos hielt, war eiskalt. 

Hophras wei?er Leinenpanzer war blutdurchtrankt. Das Schwert, das Philippos ihm in den Bauch getrieben hatte, erzitterte bei jedem der flachen Atemzuge.

»Ich . mochte sie noch . einmal . sehen .«

Der Grieche uberlegte, ob er auf den Wahn des Agypters eingehen sollte. Immer wieder fragte der Soldner nach Samu.

Dabei war er es doch gewesen, der sie ermordet hatte! Dieser Mann hatte in seinem Leben keine Gnade gekannt, dachte der Arzt. Warum sollte er ihm jetzt gnadig sein? »Soll ich sie fur dich vom Grund des Meeres holen? Man hat ihr blutiges Himation im Hafenbecken gefunden. Du hast sie umgebracht, Hophra. Elagabal hat es dir befohlen. Hast du es schon vergessen?«

Ein schwaches Lacheln spielte um die Lippen des Agypters.

»Hundeblut . sie . zuruckgekehrt . Mit Antonius! Sie ist . der parthische . Reiter . Bitte . bring sie . zu mir.«

Philippos schuttelte den Kopf. Er kannte die Wahnvorstellungen von Sterbenden. Er hatte schon erlebt, wie machtige Krieger in ihrer Todesstunde geglaubt hatten, nicht er, sondern ihre Mutter wurde ihm die Hand halten. Doch mit Hophra konnte er kein Mitleid empfinden. Immer wieder sah er ihn im Geiste die zerbrechliche Priesterin mit seinem Langschwert niederschlagen. Hophras Wunsch bot ihm die willkommene Gelegenheit, sich vom Lager des Sterbenden zuruckzuziehen. Vor dem Zimmer wartete Chelbes auf den Arzt. »Ist es zu Ende?«

Philippos schuttelte den Kopf. »Er behauptet, im Gefolge des Antonius eine Frau gesehen zu haben, die wie ein parthischer Reiter gekleidet ist. Er will sie unbedingt sehen, bevor er stirbt.«

»Ich werde sehen, ob ich ihm diesen Wunsch erfullen kann.«

Chelbes wandte sich um und wollte gehen, als Philippos ihn festhielt.

»Du brauchst dir keine Muhe zu geben. Die Frau, die Hophra sehen will, ist von seiner Hand gestorben! Du wirst sie ihm nicht bringen konnen!«

Der Hohepriester musterte den Griechen mit seinen dunklen Augen. »Hat sie dir viel bedeutet?«

Philippos bi? sich auf die Lippe. Warum nur bedeutete ihm die zankische kleine Priesterin jetzt so viel? Er blickte zu Chelbes auf und schuttelte den Kopf. »Ich habe sie kaum gekannt, und die meiste Zeit haben wir miteinander gestritten. Es ist nicht so, wie du denkst.«

Chelbes lachelte. »Ich glaube nicht, da? du wei?t, was ich denke. Doch la? uns daruber spater reden. Ich werde den parthischen Reiter suchen lassen. Wenn Hophra einen leichteren Tod hat, wenn dieser Mann an seiner Seite sitzt, dann ist es mir allemal einen Weg durch den Regen wert.«

Schwer pflugte die Trireme durch die See. Samu stand ganz vorne am Bug, direkt neben dem Trierarchen. Zwei Schritt unter sich konnte sie den bronzebeschlagenen Rammsporn durch das schaumende Wasser schimmern sehen. Ein wenig erschien ihr das Schiff mit den gro?en, aufgemalten Augen am Bug wie ein riesiges Raubtier, ein Vogel, der tief uber die See hinwegglitt. Die Ruder, die vor und zuruck stie?en, waren seine Schwingen, und wie Herzschlag ertonte das dumpfe Wummern der Trommel tief in den Eingeweiden des Schiffes, mit der der Takt fur die Ruderer vorgegeben wurde.

Der Mast des Schiffes war umgelegt worden. Es besa? keinerlei Aufbauten. Schnell wie eine Mowe flog es uber die See. Hundertsiebzig Ruderer arbeiteten schwitzend, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Den Feind zu vernichten!

Bisher hatten sie Gluck gehabt. Noch immer wehte der boige Wind vom Meer zur Kuste, so da? die kleinen Segler nicht entkommen konnten. Auch sie wurden, da Aiolos sich ihnen verweigerte, mit Rudern vorangetrieben, doch die Trireme war schneller. Immer kurzer wurde der

Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату
×